© Ahlam Shibli

Trackers, 2005
Serie von 85 Fotografien/ series of 85 photographs
Nr. 13 aus der Serie / No 13 from the series
Lambda Drucke / Lambda prints
Courtesy der Künstlerin / the artist und / and Sommer Contemporary Art, Tel Aviv



Ahlam Shibli
Trackers



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Die Künstlerin Ahlam Shibli (*1970,"Arab al-Shibli", Palästina) beschäftigt sich in ihren Fotografien mit den aktuellen Lebensbedingungen der palästinensischen Bevölkerung, die in Israel lebt, sowie mit den verschiedenen Auswirkungen, die ein Zusammenleben in einem andauernden Konfliktzustand auf eine ganze Gemeinschaft ausüben.


Shibli zeigt diese spezifischen Machtbeziehungen, die zwischen Israelis und Palästinensern herrschen, in Fotografien, die sich nicht unter einer bestimmten Einheitlichkeit hinsichtlich des fotografischen Stils und der Wahl der Ausschnitte subsumieren lassen. Sie mischt Schwarz-Weiss-Fotografien mit Farbfotografien, verbindet Zentralperspektiven, distanzierte Kamerahaltung mit intimen Nahansichten. Der Zusammenhalt der Bilder ist so nicht in einer einheitlichen Darstellungsweise gegeben, sondern findet sich vor allem in den miteinander in Beziehungen stehenden Situationen, auf welche die Künstlerin fotografisch jeweils anders reagiert.


Die Intention der Künstlerin, das alltägliche Leben der palästinensischen Bevölkerung zu zeigen, bedingt eine intensive Recherche vor Ort, Gespräche mit den Bewohnern der Dörfer und eine subtile Beobachtung der ländlichen und urbanen Umgebung. So hat Shibli im Projekt "Goter" (Oktober 2002 - Februar 2003), welches sie 2003 neben anderen Serien in der Ikon Gallery in Birmingham gezeigt hat, das Leben der Palästinenser beduinischer Herkunft in der Beer-Sheba-Region im Negev dokumentiert. Diese wohnen in speziell vom Staat Israel erbauten kleinen Städten, sowie auch in so genannten "unbemerkten" Dörfern, die nicht auf der offiziellen israelischen Landkarte vermerkt sind.


Shibli zeigt in ihrer Serie beide Örtlichkeiten mit Ansichten von Hinterhöfen, Plätzen, wo sich die Dorfbevölkerung trifft, sowie unbewohnten Landstrichen. Die Bilder von provisorisch gebauten Häusern fokussieren jedoch nicht nur die herrschende Armut, sondern erzählen vielmehr etwas über die Entwurzelung von Menschen, die ihr Heim verloren haben. Dabei ermöglicht die distanzierte Haltung, die Ahlam Shibli mit ihrer Kamera einnimmt, nirgends eine Emphatie mit den gezeigten Menschen - sie werden nicht in einer Opferrolle präsentiert, sondern werden vielmehr ohne Sentimentalität und dramatischer Aufladung in ihrer Beziehung zu ihrem alltäglichen Umfeld gezeigt. Die angemessene Distanz, in welcher Shibli die Lebenssituationen der palästinensischen Bevölkerung präsentiert, verweigert den Anspruch, eine allgemeingültige oder direkte politische Aussage zu machen: Dies unterscheidet sie grundlegend von journalistischer Pressefotografie, deren Ziel es oft ist, das attraktivste und sensationellste Bild für ein Massenpublikum zu machen.


Im Oberlichtsaal der Kunsthalle Basel präsentiert Ahlam Shibli nun erstmals die komplette Serie "Trackers", 2005, die zwischen Januar und Juli 2005 entstanden ist und aus 85 Fotografien besteht. In dieser neuesten Serie dokumentiert die Künstlerin das alltägliche Leben von jungen Palästinensern, die freiwillig in der israelischen Armee, in den so genannten "Tracker Units" (Spürtrupps / Aufklärungseinheiten), dienen. Diese Einheit wurde von der IDF (Israeli Defense Forces) speziell für die Palästinenser beduinischer Herkunft ins Leben gerufen. Dort werden sie zu Trackers (Spurenleser) ausgebildet, die in den, von Israel besetzten, palästinensischen Gebieten sowie an den Grenzen eingesetzt werden. Es handelt sich vorwiegend um junge, ungebildete Palästinenser, die oft die Möglichkeit darin sehen, eine gewisse gesellschaftliche Macht oder ein Stück Bauland zu kaufen, wenn sie in der israelischen Armee dienen.


Shiblis Bilder fokussieren vor allem den banalen und unheroischen Aspekt des Soldaten-Lebens: Wir sehen die Soldaten weniger in militärische Trainingsaktionen involviert, sondern viel eher bei alltäglichen Handlungen im Camp, sich ausruhend oder wartend. Neben den Bildern aus dem Camp werden aber auch die Herkunftsdörfer der Trackers gezeigt, in welche sie nach dem Dienst zurückkehren werden: wir sehen die Männer bei ihren Familien, in lokalen Clubs; daneben Landschaftsbilder mit zerstörten Häusern und zerfallenen Infrastrukturen - wie auch Bilder von Friedhöfen, auf denen die Gräber von Palästinensern, die im Kampf gegen den Staat Israel gestorben sind, sich neben denen befinden, die in dessen Auftrag gekämpft haben.


In der Serie "Trackers", 2005 nähert sich Shibli den Menschen in einer persönlichen Art und Weise und stellt die gezeigten Personen sehr individuell dar. Die Künstlerin bringt uns die palästinensische Jugend näher, sie zeigt sie in intimen Situationen und verleiht ihnen Würde. Gleichzeitig thematisiert Alam Shibli einen wunden Punkt der palästinensischen Gesellschaft - die angenommene Loyalität zum Staat Israel, der die palästinensische Gemeinschaft entzweit - und macht darauf aufmerksam, was es für die jungen Männer bedeutet, in der israelischen Armee zu dienen. "Ich versuche den Preis zu veranschaulichen, den eine Minderheit gezwungen ist, der Mehrheit zu bezahlen, damit sie akzeptiert wird. Und dies selbst, wenn sie dabei ihre Identität aufgibt, möglicherweise um zu überleben, oder vielleicht geht es um mehr als das... ." (Ahlam Shibli)


Die Ausstellung von wird unterstützt von: Israel National Lottery Council for the Arts


Ausstellungsdauer 22.1. - 19.3.2006

Oeffnungszeiten Di/Mi/Fr 11 - 18 Uhr, Do 11 - 20.30 Uhr,
Sa/So 11 - 17 Uhr


Kunsthalle Basel
Steinenberg 7
4051 Basel
Telefon +41 61 206 99 00
Fax + 41 61 206 99 19
Email info@kunsthallebasel.ch

www.kunsthallebasel.ch






Ahlam Shibli
Trackers



In her photographs, the artist Ahlam Shibli (*1970, "Arab al-Shibli", Palestine) deals with today's living conditions of the Palestinian population living in Israel and with the various consequences arising from living together in a state of permanent conflict.


Shibli shows these specific power relations between the Israelis and the Palestinians in photographs that can't be subsumed under a certain unity of photographic style or choice of detail. She mixes black and white photographs with colour photographs, combines central perspectives and distanced camera positions with intimate close-ups. The images' coherence isn't due to a consistent method of representation but it can be found especially in the situations interrelating to each other and to the fact that the artist, as a photographer, responds to them differently each time.


The artist's intention to show the everyday life of the Palestinian population entails intensive research on location, interviews with the villagers and the subtle observation of the rural and the urban environment. As such Shibli documented the life of the Palestinian of Bedouin descent in the Beer-Sheba-region of the Negev in the project "Goter" (October 2002 - February 2003), on display at the Ikon Gallery, Birmingham, in 2003 among other series. They are living in towns that the State of Israel has built specially for them, but also in so-called "unrecognized" villages that are not drawn in the official Israeli map.


In her series Shibli shows both locations with views of backyards, squares where the villagers gather as well as unpopulated swathes of land. Yet the images of makeshift houses do not only focus on the poverty but rather tell us something about the uprootedness of people who lost their home. When we watch them, any empathy with the people depicted is forestalled by the distanced attitude Ahlam Shibli takes up with her camera. She does not present them as victims but rather shows them unsentimentally and dramatically charged in their relationship to their everyday environment. The adequate distance of Shibli's presentation of the Palestinian population's circumstances denies any pretense of a general or direct political statement: This is what makes her photographs fundamentally distinguishable from journalistic press photographs, whose aim is usually to shooting the most attractive and sensational pictures for a mass audience.


For the first time Ahlam Shibli presents her complete series "Trackers", 2005, that was taken between January and July 2005 and consists of 85 photographs, in the Oberlichtsaal of the Kunsthalle Basel. In this latest series she documents the everyday life of young Palestinians volunteering in the Israeli army, in the so-called "Tracker Units". This unit has been brought into being by the IDF (Israeli Defense Forces) especially for the Palestinian of Bedouin descent. There they are trained to become trackers, who are deployed in the occupied Palestinian territories and at the borders. Most of them are young uneducated Palestinians who see the service in the Israeli army as their opportunity to acquire some social power or buy a piece of land suitable for building.


Shibli's images focus on the banal and unheroic aspects of the soldiers' life. We don't see the soldiers so much involved in military training but rather in the everyday situations in the camp, when they are taking a rest or when they are waiting for something. Alongside the pictures from the camp, the villages where the trackers come from and to which they will return, are also on display: we see the men with their families, in local clubs; this juxtaposed to sceneries with destroyed houses and decayed infrastructures - as well as pictures of cemeteries where you find the graves of Palestinians who died fighting against the State of Israel beside the ones of those who fought on behalf of it.


In her series "Trackers", 2005, Shibli approaches the people in a personal way and portrays them as individuals in a very personal manner. The artist gives us an understanding of the Palestinian youth, shows them in intimate situations and gives them dignity. At the same time Shibli touches a sore spot of the Palestinian society - the adopted loyalty to the state Israel that divide the Palestinian community - and pointing to what it means for the young men to serve in the Israeli army. "I am trying to show the price a minority is forced to pay to the majority to be accepted, even if it costs a change in identity, perhaps to survive, or maybe more than this". (Ahlam Shibli)


The exhibition is supported by: Israel National Lottery Council for the Arts


Exhibition January 22 - March 19, 2006

Opening hours Tues/Wed/Fri 11 am - 6 pm,
Thu 11 am - 8.30 pm, Sat/Sun 11 am - 5 pm