© Volko Kamensky, Julian Rohrhuber

Alles was wir haben, 2004
22 min., DVD, 5-Kanalton


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Das Forum für Film, Experimentalfilm und Video der Bildenden Kunst ZHdK präsentiert in Zusammenarbeit mit "Kunst des Forschens / dazwischen #4"


Volko Kamensky, Julian Rohrhuber
Walla, walla, walla



Als "walla" bezeichnet man in der anglo-amerikanischen Tontechnik einen Soundeffekt, der sprechende Menschen als inhaltsfreies Hintergrundgeräusch darstellt. Dabei geht man davon aus, dass eine amerikanische Menschenmasse akustisch über wiederholtes Aussprechen des Wortes "walla" (1) dargestellt werden kann. In diesem Sinne kann diese Technik als eine Form der Mimese verstanden werden, die gerade durch wesentliche Auslassung einen überzeugenden Realitätseindruck erzeugt.


Im Rahmen der Reihe "dazwischen" sind Volko Kamensky und Julian Rohrhuber eingeladen, ausgehend von ihrer Arbeit am Dokumentarfilm "Alles was wir haben" dem Wechselverhältnis zwischen Auslassung und lückenloser Darstellung nachzugehen. Der Film bezieht sich in einer Reihung von Panoramaschwenks auf die Geschichte einer norddeutschen Kleinstadt, die in den vergangenen Jahrhunderten mehrfach durch Brände vernichtet wurde. Sie beheimatet ihrerseits nun ein Heimatmuseum, welches in den vergangenen Jahren mehrfach durch Brandstiftung vernichtet wurde. Zur Nachvertonung der dokumentarischen Filmaufnahmen wurde ein Verfahren entwickelt, das es erlaubt, Geräusche allein auf algorithmischer Basis zu erzeugen, in denen keinerlei Mikrofonaufnahmen eine Rolle spielen. Vogelgezwitscher, vorbeifahrende Autos, Gespräche im Hintergrund, und weitere Klangeindrücke, die im Film die Evidenz der Ereignisse absichern, wurden im Laufe der Diskussionen anhand von Erinnerungen synthetisiert. Diese Abstraktion ermöglicht es, geläufige Vorstellungen von Geschichte und Dokument verhandelbar zu machen.


Abschliessend zur Veranstaltung "dazwischen #4" erscheint eine Publikation.


Volko Kamensky (*1972) studierte an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg und arbeitet in den Bereichen Film, Video und Installation. Er ist Mitbegründer des cinéma hyper-vérité.


Julian Rohrhuber (*1973) ist Theoretiker und Künstler. Er arbeitet im FK Medien und kulturelle Kommunikation in Köln, wo er zu Abstraktion, algorithmischer Akustik und Handlungsmacht forscht.


1) "Walla" ist des Weiteren ein arabischer Schwur, der annähernd mit "bei Gott" übersetzt werden kann, ausserdem der Name eines israelischen Internet-Providers, der Firmenname eines rheinischen Kunststoffherstellers, sowie einer Firma für Getränkesysteme aus Vöcklabruck. Ebenso der Nachname eines östereichischen Art-Brut-Künstlers, wie auch in der Doppelung "Walla Walla" der Name eines indianischen Stammes, seinerseits wiederum Namensgeber eines Verwaltungsbezirks im Staate Washington. "Walla" stellt ausserdem in in den Sprachen Urdu und Hindi eine Personenbeschreibung in Zusammenhang mit Beruf, Besitz und Befähigung dar (car walla, german walla, income-tax wallah von Sanskrit pa_laka – Inhaber).


Vorführung Mittwoch, 5.3.2008, 19 - 20.30 Uhr
Vortrag und Filmvorführung: "Alles was wir haben", 2004
22 Min.
Einführung: Fred Truniger


Vortragssaal Zürcher Hochschule der Künste
Ausstellungsstrasse 60
8005 Zürich

www.kunstdesforschenszhdk.ch

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Irene Weingartner

Kunst des Forschen
Elke Bippus und Frank Hesse
Institut für Gegenwartskünste
Zürcher Hochschule der Künste