Angela Bulloch bei Galerie Hauser & Wirth & Presenhuber Zuerich

Angela Bulloch- Prototypes

Angela Bulloch (*1966), geboren in Kanada, lebt derzeit in Berlin. Seit einigen Jahren macht sie mit grossräumigen Installationen auf sich aufmerksam, in denen sie sich intensiv mit Fragen von Differenz und Bewegung in scheinbar feststehenden Systemen – häufig binären Systemen – auseinandersetzt. Dem Schweizer Publikum ist Angela Bulloch spätestens seit den Einzelausstellungen in der Galerie Walcheturm, Zürich (1996), und im Museum für Gegenwartskunst, Zürich (1998), ein Begriff.

Bei Bullochs oft installativen Arbeiten sind die BesucherInnen gleichzeitig BenutzerInnen und damit immer Teil dieses von ihr definierten, wandelbaren Systems. In einer älteren Arbeit wie beispielsweise Video Sound Systems (1997) löst erst die auf einer Bank sitzende Person den Ton eines laufenden Videos aus. Auch die riesigen Zeichenmaschinen wie in der Arbeit Betaville (1994) werden durch äussere Einflüsse gesteuert, wobei die Künstlerin ganz klar Autorin eines Werkes bleibt, das andere mitgestalten. Von sich aus zeichnet die Maschine vertikale Linien. Setzt sich aber jemand auf die danebenstehende Bank, zeichnet die Maschine horizontale Streifen. Die BesucherInnen vollführen wahre Tänze, um das Bild doch nach ihren Ideen zu gestalten.

Mit ihrer neuesten Arbeit Prototypes führt Angela Bulloch diese Idee weiter: Skulpturen aus modularen Bildschirmen, von denen jeder in einer der 256 Farben eines 8-Bit-Monitors leuchten kann, stehen nach einem genau festgelegten Plan in den Galerieräumen. Die riesigen Pixel übersetzen Signale in Form von Bewegung und Druck in eine dieser Farben: Die gestapelten Bildschirme zeigen die digitale Umsetzung eines analogen Vorganges.

Damit setzt sich das Werk in überraschender Weise mit den Vorgängen im menschlichen Gehirn und in den Nervenzellen auseinander. Die Zellen selbst funktionieren digital, sie werden entweder gereizt oder nicht. Ein von aussen kommender Impuls, eine Berührung etwa, reizt wenige Nervenzellen, eine schallende Ohrfeige hingegen viele – deshalb der heftige Schmerz. Die durch die Kürze der Zellen bedingten Unterbrüche, die Synapsen, werden chemisch mit einem Neurotransmitter überbrückt. Der elektrische Impuls löst eine analoge, in diesem Fall chemische Reaktion aus, der freigesetzte Neurotransmitter gelangt durch Diffusion bis zur nächsten Nervenzelle. Diese löst wiederum einen elektrischen Impuls aus, reizt eine Zelle – die Nachricht wird von der analogen in die digitale Sprache übersetzt.

In Bullochs Installation werden Bewegungen und Druck in die Farbigkeit der digitalen Riesenpixel übersetzt. Sie abstrahieren das Bild hin zu einer völlig neuen Art des Fernsehens. Sie wirken wie ein vergrösserndes Auge, das Pixel ist zu gross, um ein klares Bild dessen zu zeigen, was die Bewegung hervorgerufen hat. Wie unter einer riesigen Lupe erkennen wir nichts mehr von dem, was eigentlich der Ausgangspunkt für das Bild war.

Die Installation wird so zu einem komplexen Spiel von Wahrnehmung, alten und neuen Technologien, Verhaltens- und Funktionsweisen des Menschen auf verschiedenen Ebenen. Das Technische ist denn auch nur eine Seite, auf der anderen stehen intensive visuelle und interaktive Erlebnisse, wie in einer digitalen Fundgrube der Vergangenheit. Denn, so sagt Angela Bulloch, "Was mich motiviert, ist das Recycling und die Neuordnung von Dingen (...) Es stellt sich für mich vielmehr die Frage, dass da Differenzen sind, und dass zwischen ihnen eine Dynamik herrscht, und wie das ganze in Relation zueinander steht."

Ausstellungsdauer: 1.4. - 27.5.2000
Oeffnungszeiten: Di-Fr 12-18 Uhr, Sa 11-16 Uhr

Galerie Hauser & Wirth & Presenhuber
Löwenbräum-Areal
Limmatstrasse 270
8005 Zürich
Telefon: 01 446 80 60
Fax: 01 446 80 65
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