© Anita Kuratle

Fahrräder, 2003


Anita Kuratle
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Die Künstlerin Anita Kuratle, u.a. Dozentin an der Hochschule für Gestaltung in Basel, präsentiert im Kunsthaus Baselland ihre erste Einzelausstellung. Gezeigt werden stilisierte Darstellungen von alltäglichen Objekten, die Kuratle aus Holz, Gips und Metall produziert.


Die neuen, speziell für die Ausstellung konzipierten Werke versetzen den Betrachter in eine Alice in Wonderland-Situation: Perspektiven verkehren sich, die Wahrnehmung von oben und unten wird irritiert, verschiedene aus dem Alltag bekannte Objekte, die in ihrer Zusammenstellung eine ungewöhnliche Ortssituation kreieren, lassen den Rezipienten unweigerlich mit der Frage "Wo befinde ich mich eigentlich?" kollidieren.


Ein Baukran, der den Ausstellungsraum vom Fussboden bis zur Decke füllt und den Eindruck erweckt, als würde man ganz klein davorstehen und zu ihm hochsehen, zieht den Boden unter den Füssen der Betrachter förmlich nach unten. Zwei mit einer Kette verbundene Metallpfosten in unmittelbarer Nähe zum Kran hingegen bringen den Boden wieder auf die gewohnte Sichtebene zurück. Zwei Fahrräder, die je nach Standpunkt des Betrachters wie Zeichnungen, dann wieder wie dreidimensionale Objekte aussehen, bringen die Horizont-Wahrnehmung ins Wanken: Eines der Fahrräder scheint näher zum Rezipienten zu stehen als das andere und das, obwohl sie sich beim genaueren Hinsehen leicht überlappen. Die perspektivische Irritation setzt sich in einer Häusergruppe fort. Verschiedene Fassaden, aufgenommen aus der Untersicht, ragen aus dem Boden des Ausstellungsraumes und verzerren neuerlich die Raumwahrnehmung.


Die einzelnen urbanen Elemente - die Häusergruppe, der Baukran, die Pfosten, ein Hochkamin und die Fahrräder - stehen zueinander in einem Gefüge, bei dem sich die gewohnten Winkel, Geraden, Horizonte ebenso wie die Empfindungen von links, rechts, oben und unten auflösen. Indem die Künstlerin die Massstäblichkeit des Gewohnten verschiebt und die Perspektiven verfremdet, schafft sie Irritationen, die uns das Sehen neu lehren.


Im Zeitalter der Bilderflut, wo das Abgebildete ebenso schnell entsteht wie es wieder verschwindet, wirken die alltäglichen, von Kuratle verwendeten Bildmotive wie eine Art "ralentisseurs" (Verlangsamungsobjekte). Ihr a priori bekanntes Aussehen schafft schnell eine Verständnisbrücke, die aufgrund der perspektivischen Verzerrung der Objekte erneut überquert werden muss. Kuratle fordert mit ihren Werken ein genaues, hinterfragendes Betrachten. Ihr Interesse gilt einer Wahrnehmung, die über "das rein visuelle Erlebnis hinausgeht und zu einer neuartigen körperhaft-emotionalen Reaktion führen kann" (Kuratle).


Ausstellungsdauer: 17.1. - 29.2.2004
Oeffnungszeiten: Di, Do-So 11 - 17 Uhr, Mi 14 - 20 Uhr


Kunsthaus Baselland
St. Jakob-Strasse 170
4132 Muttenz BL
Telefon 061 312 83 88
Fax 061 312 83 89
E-Mail: office@kunsthausbaselland.ch

www.kunsthausbaselland.ch

Tram 14, Station "Schänzli", direkt neben dem St. Jakob-Stadion




Anita Kuratle
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Artist Anita Kuratle, who also teaches at the University of Art and Design in Basel, presents her first solo show in the Kunsthaus Baselland. The exhibition features stylized depictions of everyday objects made by Kuratle from wood, plaster, and metal.


Her new works created specifically for the show put viewers in an Alice in Wonderland mood - perspectives are skewed, perceptions of what is up and down become out of sync, and everyday objects assembled such that they generate an unusual spatial situation invariably confront viewers with the question of where they actually are. A construction crane, reaching from the floor all the way up to the ceiling, makes viewers appear very small as they look admiringly up to it; it is a breathtaking sight that cuts the ground from under their feet. However, two metal posts connected by a chain in the immediate vicinity of the crane make the ground revert to its habitual level of vision.


Two bicycles, which, depending on the viewer's vantage point, look like drawings and then like three-dimensional objects, confuse our perception of horizons. One of the bicycles seems to be nearer to the viewer than the other one, even though, at closer inspection, it turns out that they slightly overlap each other. This irritation of perspectival perception continues in a group of houses. Facades viewed from below protrude from the exhibition floor and distort our spatial perception.


Anita Kuratle's urban elements - the group of houses, the construction crane, the posts, a chimney, and the bicycles - form a structure in which familiar angles, straight lines, and horizons become just as lopsided as our perceptions of what is left, right, up, and down. By altering the scale of things we are accustomed to and modifying perspectives, the artist engenders irritations in us that teach us how to see differently. In an age of overabundant and ephemeral imagery, Kuratle's everyday pictorial motifs serve as ralentisseurs, or speed reducers. Their familiar appearance builds a bridge of comprehension that needs to be crossed again because of the perspectival distortion of objects. Kuratle's works necessitate close surveillance. She is interested in a perception that "goes beyond purely visual experiences and may trigger a novel physical and emotional reaction" (Kuratle).


January 17 - February 29, 2004