© Annelise Coste

"Aznar, Berlusconi, Chirac"
11 Spray-Bilder teilweise auf schwarzem Hintergrund
6 Steine (Wurfgeschosse) Glasscherben


Annelise Coste
Zeichnungen



Gestikulierend, in einer Hand Telefonhörer und Zigarette haltend, in der anderen eine aufgerissene Pizzapackung – die erste Begegnung mit der Künstlerin Annelise Coste (geboren 1973) findet eingerahmt von Glas vor einer öffentlichen Telefonzelle statt – sie drinnen, ich draussen. Ein Telefongespräch nach Südfrankreich, jenen Ort, den sie vor 6 Jahren verlassen hat. Der Wunsch, bekannte Zusammenhänge zu verlassen, bestimmt auch die aktuellen Zeichnungen Costes: verschlungene Fluchtlinien formen mehrfach das französische Wort für verlassen, sich verabschieden, gehen. Das mehrfache Ansetzen, Ausstreichen der Schrift zeugen von der Schwierigkeit dieses Tuns. Annelise Coste selbst spricht in diesem Zusammenhang auch von to escape – einem Versuch dem emotionalen Back-Bonding durch eine Fluchtbewegung zu entgehen, oder präziser gesagt: zu entkommen.


Die Zeichnungen bilden eine Konstante in Annelise Costes Werk in denen die Künstlerin sowohl alltägliche Beziehungsgeflechte, als auch quasi-anarchistische Botschaften anlegt: in Schönschrift wiedergegebene Namenszüge umstrittener politischer Figuren in den jeweiligen Landesfarben: Berlusconi in rot-grün, Aznar in rot-gelb und Chirac in rot-blau. Bei den Zeichnungen poetischerer Art geht es auf der formalen Ebene um Drippings, Bubbles, coated und nonadhesive Oberflächen.


Inhaltlich umkreisen die Zeichnungen Verwirrungen, Missverständnisse und die damit verbundenen Verkürzungen einer französisch-englischen-deutschen Übersetzung, also jene Grauzonen der Bedeutungshuberei, wo die Begriffe ausfransen und labbrig werden. Oftmals bringen diese Vereinfachungen das wirklich Wesenhafte der Dinge hervor.


Coste spielt mit dem sprachlichen Handicap, das eintritt, wenn man gezwungen ist sich in einer Fremdsprache auszudrücken. In der Muttersprache ist man sich oftmals der Komplexität sprachlicher und inhaltlicher Verschränkungen bewusst. Mit dem Übergang in eine fremde Sprache entfällt eine ganze Reihe fein ziselierter Sprachinstrumente. Die dekonstruierten Satzanfänge lassen – trotz ihrer poetischen Intention – als eine Art Wasserzeichen Elemente früherer Zeichnungen Costes durchschimmern. In diesen gibt es niedliche Kätzchen, die "Nokia" hauchen, liebevoll abgezeichnete Sunrise-Logos, kotzende Rehe, missmutiges Obst und einen Mickey-Mouse-beohrten Berlusconi – ein delirious Nachflimmern aneinandergeketteter Werbebotschaften.


Simone Schardt


Ausstellungsdauer: 6.6. - 26.7.2003
Oeffnungszeiten: Do-Sa 14 - 18 Uhr und nach Verabredung


Galerie Nicolas Krupp
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4058 Basel
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