Christian Vetter: Olaf, 2000

artificialities
Hervé Graumann, Gregor Kalberer, Hans-Jürg Meier, Christian Vetter

Die Ausstellung "artificialities" bekennt sich zur Liebe am Künstlichen. Weit entfernt von Versuchen der Grenzaufhebung zwischen Kunst und Leben vertritt sie eine Haltung, die an ein der Kunst eigenes Terrain glaubt, das um so kostbarer wird, desto weniger es im Alltag aufgeht. Ausgezeichnete Orte sind heute überall unverzichtbar geworden, sei es in Ökonomie und Wissenschaft, sei es in Politik, Religion oder Kunst. Das Museum ist einer dieser Orte, hier schafft die Wiederholung eines geschlossenen Wertsystems einen Raum gesteigerter Präsenz; eine ausserordentliche Rahmung und Bühne werden geboten und Kunst sieht teuer, kostbar und schwierig aus.

In der Tradition einer modernistischen Reflexionskultur ist man geneigt, solches zu hinterfragen und zu kritisieren. "artificialities" tut dies nicht, sondern schirmt im Superwhite Cube die einzelnen Werke von allem, was deren Seibstbestimmung hinderlich in den Weg treten könnte, ab: Die sakrale Atmosphäre einer Kirche verbindet sich mit dem keimfreien Chic eines Forschungslabors zum Kultraum des Schönen. Die Bühne ist freilich nur die Nebensache; Hauptsache sind die Kunstwerke, die in diesem quasi idealen Milieu um so besser gedeihen und zur Entfaltung gebracht werden sollen. Die einzelnen Positionen sind durchweg verschieden, allen gemeinsam ist lediglich ihre grundsätzlich artifizielle Anmutung: Auch ausserhalb des für sie geschaffenen Ausstellungsraums wären sie jederzeit als Kunstwerke erkennbar.

Christian Vetter (*1970) hat nach langjährigen malerischen Studien zum Bildraum zu eigenartigen Bildsujets gefunden, die - gesteigert durch eine flächige und beinahe bunte Malweise - zu einem Ort zwischen Biederkeit und Paranoia werden. Sein Rohmaterial sind zumeist Fotografien, die er dann, als Vorlage für seine in ÖI gemalten oder neuerdings auch digitalen Bilder verwendet.

Hervé Graumann (*1963) arbeitet schon länger mit dem Computer, sei es im Internet, sei es in Form der skulpturalen Verwendung von Hardwarekomponenten, oder - wie in dieser Ausstellung - mit den Möglichkeiten der Animation. Seine hier gezeigten Arbeiten sind Kamerafahrten durch im digitalen Nichts aufgefaltete Alltagssituationen, ausserdem ein dynamisch reformuliertes Stilleben: Die einzelnen Bildelemente schweben unablässig von aussen in das Bild herein, besetzen dort ihren vorgesehenen Ort und konstituieren die immer gleiche Situation stets von neuem.

Die Animation ist auch das Spezialgebiet von Gregor Kalberer ("1972), der sich weit entfernt vom herkömmlichen Kunstkontext an der ETH mit der Vermessung und Animation sprechender Gesichter beschäftigt. Die Endlossequenzen seiner Gesichtsmasken bedienen sich der Ästhetik des Technoiden, seelenlos und doch belebt drehen sie ihre Runden im gelben Nichts.

Hans-Jürg Meier (*1964) hat für die Ausstellung die Klanginstallation "woge" komponiert, die den Raum akustisch rahmt und choreografiert. Vier verschiedene Tonspuren legen sich in verschiedenen Intervallen übereinander und ziehen durch die Anordnung der Lautsprecher den Besucher in den Ausstellungsraum hinein. Hans-Jürg Meier stellt seine Kompositionen nicht wie vielleicht erwartet mit dem Computer, sondern mit analogen Tonbandgeräten her.

(Text: Oliver Kielmayer)

Ausstellung: 25.8. - 8.10.2000
Oeffnungszeiten: Di-So 10-18 Uhr, Do 10-20 Uhr, Mo geschlossen

Helmhaus
Limmatquai 31
8001 Zürich
Telefon: 01-251 61 77
Fax: 01-261 56 72
E-Mail: helmhaus@access.ch

Eintritt frei

www.helmhaus.org


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