Jean-Marc Bustamante: Zurich, 2000 - 183.5 x 153.5 cm, Cibachrome

Jean-Marc Bustamante

Diese zweite, in der Galerie stattfindende Ausstellung ist dem Status der Fotografie im Gesamtwerk von Jean-Marc Bustamante (1952, Toulouse) gewidmet. Es werden verschiedene Werkgruppen aus dem fotografischen Oeuvre der letzten 20 Jahre zu sehen sein. Bustamante ist dem internationalen Kunstpublikum durch zahlreiche Präsentationen, u.a. an der documenta 8, 9 und 10 sowie durch Einzelausstellungen in der Kunsthalle Bern, bekannt.

Die vier Schaffensperioden vereinende Werkschau könnte durchaus den Stellenwert einer erlesenen Retrospektive haben, wäre sie nicht gleichzeitig auch auf den Beginn einer neuen Serie hin ausgerichtet, die das Ergebnis eines Schweizaufenthaltes des Künstlers ist. Paradigmatisch für diese neue Serie ist eine in der Nähe von Zürich entstandene Aufnahme, die zum einen durch ihren modellhaften Charakter im Kontext des übrigen fotografischen Werkes steht, zum anderen durch ihr visuelles Inventar eine Wende markiert. Sie zeichnet sich durch den Gegensatz einer sich über weite Flächen erstreckenden Unschärfe aus, die mit einem vermeintlichen Zentrum scharf umgrenzter Objekte konkurriert.

Wie in den 1978 – 1982 entstandenen Fotografien Tableaux thematisiert Bustamante erneut die Landschaft und ihren Status als Referenzpunkt des fotografischen Abbildes. Mit dem Unterschied, dass sich die Tableaux durch die scharfe Wiedergabe unspektakulärer Orte an den Randbereichen urbanen Lebens auszeichnen. Abbruchhalden, Silhouetten unverputzter Neubauten oder abgetragene Erdflächen dienten als Motive. Vor diesen Arbeiten wird der Betrachter weniger zum erkennenden Sehen als vielmehr zum ziellos dahinstreifenden Schauen aufgefordert. Dabei reflektiert der Prozess der Betrachtung das künstlerische Vorgehen, das erst allmählich den Blick auf einen bestimmten Bildausschnitt eingrenzt, und sich daher am besten durch die Metapher des "langsamen Schnappschusses" charakterisieren lässt.

Mit dem Werkzyklus Cyprès 1991 verwirklicht Bustamante einen neuen Komplex bildnerischer Ideen. Durch die Aufnahme von Zypressen, die im Sinne des aus der Malerei bekannten "all-over Verfahrens" die gesamte Bildfläche als einheitliche Textur zeigen, wird der weite Landschaftsbildraum der Tableaux wie durch einen Vorhang geschlossen. Mit diesem Zyklus gelingt dem Künstler die Inszenierung einer Logik des Begehrens, da flirrendes Himmelsblau zwischen dichtem Blattwerk oder grenzbildende Mauern auf andere, sich jenseits der unmittelbaren Wahrnehmung befindende Szenarien verweisen.

Die Entlarvung des natürlich anmutenden, zentralperspektivisch strukturierten Raumes als Konstruktion des Sehens findet seine Fortsetzung in der Werkgruppe Lumières (1987 – 1993). Dabei handelt es sich um schwarz-weiss-Fotografien, die rückseitig auf transparente Plexiglastafeln serigrafiert wurden und das Verhältnis von Hell-Dunkel, Durchlässigkeit und Dichte, Abbild und Repräsentation demonstrieren. Diese Werkgruppe kann als Versuch einer Emanzipation vom Zwang zur abbildhaften Repräsentation gesehen werden, die es ermöglicht, den Eigenwert des Lichtes, das Trägermedium selbst, den Objektcharakter des Bildlichen, das Verhältnis von Malerei und Fotografie sowie das Sinnbegehren des Blickes zu thematisieren. Die fotografischen Objekte der Lumières vermitteln sehr eindringlich den Stellenwert der Fotografien im Gesamtwerk des Künstlers, der seine Arbeiten nicht als abgeschlossene Einheiten, sondern als bewegliche Strukturen versteht. Bustamante verwendet deshalb auch Elemente aus den Fotografien, die er in Installationen umsetzt um sie zu kommentieren oder kontextuell zu verändern. Alle in der Ausstellung vorgestellten Fotografien stehen im Zeichen einer visualisierten Grammatik, die den ambivalenten Status dessen, was über das fotografische Abbild repräsentiert wird, erfahrbar macht.


Ausstellungsdauer: 18.3. - 29.4.2000
Oeffnungszeiten: Di-Fr 12-18 Uhr, Sa 11-16 Uhr

Galerie Bob van Orsouw
Löwenbräum-Areal
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