© Cornelia Heusser und Andreas Widmer


Cornelia Heusser und Andreas Widmer
Vor lauter Berg sieht man die Wand nicht mehr



"Weg mit den Alpen, freie Sicht aufs Mittelmeer" skandierten die jungen, autonomen Zürcher und Zürcherinnen zu Beginn der 80er Jahre. Eine Politgeneration drängte zum Aufbruch. Auch die Künstlerin Cornelia Heusser und der Künstler Andreas Widmer wollen aufbrechen: die zementierten Wahrnehmungsschemata ihrer Betrachter.


Der Nabel der Ausstellung des Künstlerduos ist die Installation im Erdgeschoss der plattformelf. Eine Landschaft aus Abfall, Liegengebliebenem und Vergessenem, wie sie chaotischer nicht wirken könnte. Auf den ersten Blick. Doch Heusser/Widmer verschieben mit ihrer ersten, gemeinsam arrangierten Installation den Wahrnehmungsfokus des Betrachters auf eine subtilere Ebene und machen sie für das Auge begehbar. Eine Kamerafahrt zeigt diese anarchische Welt als wohlgestaltete, im Detail geordnete und faszinierende Landschaft.


Heusser/Widmer stellen sich der Herausforderung, die scheinbar unbegrenzte Natur im begrenzten Raum der plattformelf abzubilden. Sie öffnen den Deckel der übergrossen "Mülltonne Stadt" und ersetzen den lebendigen Wildwuchs der Naturlandschaft durch vielfältige Vanitasmotive der urbanen Lebensweise, indem aus dem Abfall sinnliche Landschaften arrangiert werden. Ganz bewusst wird der Raum miteinbezogen und verliert dabei seine festen Grenzen: die Wand wird zum Berg, zum Himmel, zum Horizont und rückt in den Hintergrund. Die Zurschaustellung und Ästhetisierung der vermeintlichen Antipoden "schöne Landschaft/hässlicher Abfall" animiert uns den Umgang mit Materialien zu überdenken. Raum für philosophische Gedankenspiele lässt auch die Aussage von Ernst Bloch: "Der Gang durch die Landschaft ist ein Gang in die Geschichte".


Zusätzlich zur titelgebenden Installation zeigen Heusser/Widmer Arbeiten aus ihrem eigenen Schaffen, welche eng mit der gemeinsamen Arbeit verknüpft sind. Cornelia Heusser bespielt den Eingangsbereich mit der Videoinstallation "Marktstand" und einer Auswahl ihrer Zeichnungen. Andreas Widmer verwandelt das Untergeschoss in ein Naherholungsgebiet und lässt den Städter in der Stadt durchatmen.


Für Heusser/Widmer ist diese Arbeit der Konsens ihrer visuellen und gedanklichen Welt. Seit ihrer gemeinsamen Studienzeit an der HGKZ tauschen die beiden Gedanken, Ansichten und Kritik zu den jeweils eigenen Arbeiten aus und entwickeln in diesen Diskussionen Ideen für neue Projekte. Zum ersten Mal realisieren sie in der plattformelf eine gemeinsame Arbeit. "Beim Fabulieren eröffneten sich neue Arbeitsweisen und damit neue gestalterische Horizonte". Bei Cornelia Heusser ist die Animation ein Aspekt ihres Schaffens, während Andreas Widmer eher vom statischen Bild ausgeht. "Wir kommen von zwei verschiedenen Seiten ans Ziel", sind sich die beiden einig.


Cornelia Heusser, *1979, lebt und arbeitet in Zürich. Sie hat den Studiengang für Bildende Künste an der HGKZ abgeschlossen. Im Austauschsemester besuchte sie den Studiengang Animationsfilm an der Hoghschool voor Schoene Kunste in Gent, Belgien. Ihre Arbeiten waren dieses Jahr in Basel (Eidg. Wettbewerb für Kunst), Japan (Swiss Video Landscapes today - looped sensations) und am Filmfestival in Locarno zu sehen.


Andreas Widmer, *1967, lebt und arbeitet in Zürich und Torun (PL). Er ist Lehrer für Bildnerisches Gestalten. Zusätzlich hat er den Studiengang für Bildende Künste an der HGKZ abgeschlossen. Im Jahre 2005 war er zwei Monate im Atelier Aspire, Basel, für ein Kunst-Sozialprojekt im Einsatz. Seine Arbeiten waren dieses Jahr in Basel (Atelier Aspire) und auf der Burg Frankenstein (D, Gruppenausstellung mit "Wolkenhain"-Projekt) zu sehen.


Ausstellungsdauer 29.10. - 18.11.2005

Oeffnungszeiten Do-Fr 18 - 21 Uhr, Sa 14 - 18 Uhr


Galerie Plattformelf
Körnerstrasse 11
8004 Zürich
Email kontakt@plattformelf.ch

www.plattformelf.ch
www.likeyou.com/corneliaheusser