© Helmhaus Zürich

Kerim Seiler: Farbspritzer, 2004
Farbradierung, 76 x 107 cm
Graphische Sammlung der ETH Zürich
© ProLitteris Zürich


Schweizer Druckgraphik 1980 - 2005
Die Graphische Sammlung der ETH zu Gast im Helmhaus Zürich


Stefan Altenburger
, Ian Anüll, John M Armleder, Silvia Bächli, Anton Bruhin, Stéphane Brunner, Balthasar Burkhard, Miriam Cahn, Martin Disler, Peter Emch, Helmut Federle, René Fehr-Biscioni, Marc-Antoine Fehr, Urs Fischer, Peter Fischli/David Weiss, Corsin Fontana, Urs Frei, Franz Gertsch, Stefan Gritsch, Mireille Gross, Fabrice Gygi, Nic Hess, Hanspeter Hofmann, Cécile Hummel, Jan Jedlicka, Dominique Lämmli, Jean-Luc Manz, Gaspare O. Melcher, Olivier Mosset, Josef Felix Müller, Claudia & Julia Müller, Guido Nussbaum, Dieter Roth, Christian Rothacher, Claude Sandoz, Adrian Schiess, Klaudia Schifferle, Albrecht Schnider, Kerim Seiler, Anselm Stalder, Christine Streuli, Hugo Suter, Kaspar Toggenburger, Christian Vetter, Cécile Wick, Iréne Wydler, Maja Zürcher


Für die Ausstellung "Schweizer Druckgraphik 1980 - 2005" wurden Werke von über 40 Künstlerinnen und Künstler - Protagonisten der Schweizer Kunst der 1980er- und 1990er-Jahre - ausgesucht, bei denen die Druckgraphik einen festen Platz im künstlerischen Œuvre einnimmt. Die Schau zeigt auf, dass diese tradierte Arbeitsweise auch im digitalen Zeitalter ein innovativ eingesetztes Verfahren ist, das spielerisch gebraucht und mit den neuesten Vervielfältigungsmöglichkeiten kombiniert wird.


Seit den 1980er Jahren experimentieren die Künstlerinnen und Künstler mit Grossformaten. Ähnlich wie in der Malerei, werden die bedruckten Flächen immer ausgedehnter. Bei Martin Disler und Josef Felix Müller überschreiten sie sogar die Masse von drei auf fünf Meter und werden als Graphikfolgen in umfassenden Rauminstallation arrangiert. Als Matrize kann schon mal der Atelierboden dienen, mit der Axt bearbeitet, (Josef Felix Müller). Drucken wird von diesen Künstlern und Künstlerinnen als physisch erfahrbarer Prozess beschrieben (Disler). Miriam Cahn zum Beispiel benutzte für ihre Kaltnadelblattfolge "soldaten, frauen + tiere" (1995) Handschuhe, die sie an den Handballen und Fingerkuppeln mit groben Sandpapier beklebte. Das erlaubte ihr, unmittelbar mit den Händen die Druckform zu bearbeiten.


Eng verbunden mit dem körperlichen Erleben während der Bearbeitung der Druckform sind die dargestellten Themen: Im Zentrum steht der Mensch als physisches und psychisches Wesen (Disler, Müller, Klaudia Schifferle). Demgegenüber sind die Arbeiten etwa von John Armleder, Helmut Federle, Jean-Luc Manz oder Olivier Mosset abstrakt-konkret ausgerichtet. Anregungen zu geometrischen Bildkompositionen boten diesen Künstlern Wahrnehmungen ihrer alltäglichen Umgebung oder subjektives Erleben. Dieses Formenrepertoire wandelten sie frei ab oder liessen es durch Zufälligkeiten bestimmen. Eine allein von mathematischen Regeln hergeleitete Kunst, wie sie etwa Max Bill oder Richard Paul Lohse vertraten, lehnten sie ab.


Scheinbar allgemein verständliche Bildinhalte schufen Künstlerinnen und Künstler gegen Ende der 80er und in den 90er Jahren, indem sie visuelle Elemente aus der Welt der Konsumgüter, aus den Massenmedien oder der Trivialkultur in ihre Werke einbetteten (Ian Anüll, Nic Hess, Fabrice Gygi). Was beim ersten Augenschein als einfache Nachbildung bestehender konventioneller Zeichen gelesen werden kann, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als subversiver Akt: Tradierte ikonische oder sprachliche Bedeutungen werden ins Wanken gebracht, indem vertraute Zeichen und Figuren aus ihrem Zusammenhang gelöst und in einen neuen Kontext versetzt werden.


Seit den frühen 1980er Jahren wenden sich Kunstschaffende wieder vermehrt alten, kaum mehr üblichen Reproduktionstechniken zu: etwa dem Mezzotinto (Jan Jedlicka), der Aquatinta (Marc-Antoine Fehr), Kaltnadelradierung (Mireille Gros), Heliogravüre (Balthasar Burkhard, Cécile Wick) oder dem Holzschnitt (Franz Gertsch). Häufig dienen Photographien als Ausgangsmaterial für druckgraphische Arbeiten. Aber trotz diesem Rückgriff auf historische Verfahren, die früher wegen ihrer differenzierten Schwarz-Weiss-Wiedergabe zur Vervielfältigung von Kunstwerken eingesetzt wurden, steht der individuelle, künstlerische Duktus im Mittelpunkt und nicht die möglichst exakte und technisch perfekte Wiedergabe der Vorlage.


Das Sampling verschiedenster Medien ist für junge Kunstschaffende zur Regel geworden. Sie arbeiten mit dem Computer und Printer und übertragen dann die so entstandenen Bildvorlagen in die traditionellen Drucktechniken und bearbeiten sie damit weiter (Stefan Altenburger, Dominique Lämmli, Kerim Seiler, Christian Vetter). So entstehen hybride Formen, die zwischen Druckgraphik, Photographie und Computerbild pendeln.


Dieses vielseitige Erscheinungsbild gedruckter Kunst darzustellen und damit einen Einblick in die Kunst der 1980er und 1990er Jahre zu geben, ist Ziel der letzten Ausstellung der Graphischen Sammlung im Rahmen des 150-jährigen ETH-Jubiläums. Die Schau schliesst einen dreiteiligen Ausstellungszyklus ab: Nach "Fahrt ins zwanzigste Jahrhundert" - mit gedruckter Kunst bis in die 1950er Jahre - und "Flugstunde" - mit Blättern bis Ende der 1970er Jahre -, ist nun diese dritte Ausstellung der Schweizer Druckgraphik der Gegenwart gewidmet. Zum Abschluss des Projekts erscheint die Publikation "Schweizerische Druckgraphik im 20. Jahrhundert" von Eva Korazija mit einem Beitrag von Bernadette Walter bei Schwabe, Basel (ISBN 3-7965-2181-9).


Bernadette Walter, Graphische Sammlung der ETH


Ausstellungsdauer 18.11.2005 8.1.2006

Öffnungszeiten Di-So 10 - 18 Uhr, Do 10 - 20 Uhr


Helmhaus
Limmatquai 31
8001 Zürich
Telefon +41 44 251 61 77
Fax +41 44 261 56 72

www.helmhaus.org


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