Christian Schwager in der COALmine Fotogalerie Winterthur

Christian Schwager - Landschaften

Die Coalmine Fotogalerie zeigt mit "Landschaften" die erste Einzelausstellung von Christian Schwager. Sie besteht aus drei voneinander unabhängigen Projekten, die seit 1998 entstanden sind. Es sind Weiterentwicklungen früherer Arbeiten wie "Stadel", "Erinnerte Hauptstrasse", "Wegkreuze", "Urwald".

In den Stadtlandschaften "Marseille – St. Pierre" dokumentiert Christian Schwager akribisch das 5. Arrondissement von Marseille, Strasse um Strasse. Jenes Quartier, wo er während seines dreimonatigen Austauschsemesters wohnte. In jedem der Bilder entdecken wir die Brüche einer in verschiedenen Bauphasen gewachsenen Stadt. Die zweigeschossigen Bauten mit versteckten Innenhöfen sind Zeugen der dorfähnlichen Struktur von St. Pierre, einem Dorf, das im Verlauf der urbanen Expansion verschluckt wurde. Sie reihen sich nahtlos ein in den den funktionalen Wohnungsbau der 30er, 60er bis 80er-Jahre. Vereinzelte Strassenzüge enden als Einbahnstrassen mit Einfamilienhäusern. Die sechsspurige Hauptstrasse dringt als Lebensnerv mitten durchs Quartier und ist mit den allgegenwärtigen Autos Sinnbild einer Gesellschaft, die konstant in Bewegung ist.

Nach seiner Diplomarbeit "Urwald", für die er undurchdringliches Dickicht fotografierte, ging es in der vorliegenden Arbeit "Wäldchen" darum, strukturiertere "Waldwäldchen" an Autobahnen zu fotografieren. Es han-delt sich dabei um aufgeforstete Monokulturen (Birken oder Föhren) in Nullzonen zwischen oder nahe an Autobahnen gelegen. Die Wälder sind allesamt jung, wie an den dünnen Baumstämmen zu erkennen ist. Nur selten finden sich blaue Markierungen an Stämmen, die zum Abholzen bestimmt sind. Die Wälder sind sich selbst überlassen. Selten ist ein Tier zu sehen, nur vereinzelt werfen Trampelpfade die Frage auf, von wem sie wohl genutzt werden. Keine Ausflugsorte; an den Rändern finden sich Abfälle der Autobahnen. Nur der kontinuierliche Lärm des vorbeiziehenden Verkehrs und die schwere Luft sind allgegenwärtig, aber im Bild nicht fassbar. Zwischen den vertikalen Stämmen erkennt man vage die Verkehrsschilder der Autobahn, Abschrankungen und Umzäunungen. Die Idylle erweist sich als trügerisches Bild.

Die Fotografien "Berghänge" entstanden während einer vierwöchigen Wanderung durch die Alpen. Die Hänge waren als Gegenüber ständige Begleiter, aus der Distanz beobachtet und studiert. Sie waren also Anblick. Berghänge, die Christian Schwager gar nicht betreten wollte oder konnte, da sein Weg nicht über sie, sondern an ihnen vorbei führte. Nicht das Metaphorische oder Erhabene der Gebirgswelt spricht aus diesen grossformatigen Fotografien, vielmehr sind es physisch erfassbare Bildräume mit fein strukturierten Oberflächen aus Gräsern, Moos, Geröll, Schnee oder Schiefer, die von der Schwerkraft und dem steten Zerfall der Natur erzählen.

(Text: Joy Neri)

Ausstellungsdauer: 24.5. - 7.9.2001
Oeffnungszeiten: Di - Fr 12-17 Uhr

Coalmine-Fotogalerie
im Volkarthaus
Turnerstrasse 1
8401 Winterthur
Telefon 052-268 68 68

Das Volkarthaus befindet sich gegenüber dem Hauptbahnhof, links hinter der Hauptpost.