© Christoph Rütimann
Christoph Rütimann
Photo: Stefano Schröter


Christoph Rütimann
Hängen am Museum



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Situationsbezogene Arbeiten, die auf subtile Art und Weise Räume ausloteten und Dimensionen erfahrbar machten, gehören schon seit längerem zu den Stärken des bekannten Schweizer Künstlers Christoph Rütimann.

Der unmittelbar bevorstehende Abbruch des 1933 von Armin Meili errichteten Kunst- und Kongresshauses veranlasste Rütimann zur Performance "Hängen am Museum", Dezember 1994. Ein Zeugnis Schweizer Architekturgeschichte, ein Stück kultureller Identität der Zentralschweiz musste dem Projekt Kultur- und Kongresszentrum Luzern (KKL) des franzözischen Architekten Jean Nouvel weichen, das wiederum Architekturgeschichte schreiben sollte.

Rütimann, als Luzerner Künstler gross geworden und als Vorstandsmitglied der Luzerner Kunstgesellschaft mit dem Kunstmuseum nahe verbunden, schaffte es, mit der Performance einen Abschied jenseits von Sentimentalität und Wehmut zu inszenieren. Einem strengen Konzept folgend umkreiste er hängend den Dachkranz des zentralen Museumsbaus in exakt einer Stunde. Das Publikum begleitete ihn während der Umkreisung auf Strassenniveau. Der Künstler stellte sich als Projektionsfigur zur Verfügung, und er tat dies in einer offenen Art und Weise, die Emotionen wie auch Gedanken in allen Schattierungen zuliess, ohne diese zu kanalisieren.

Im Juni 2000 wurde das Kunstmuseum als letzter Teil von Jean Nouvels KKL in der vierten, bahnhofseitigen Etage des gewaltigen Gebäudes, das von den Konzert- und Kongressräumlichkeiten dominiert wird, eröffnet. Eine Fortsetzung von "Hängen am Museum" lag auf der Hand. Die Neuauflage der Performance, "Hängen am Museum – hab ich schon immer gedacht", Mai 2002, ging von einem ähnlichen Konzept aus, einer teilweise hängenden Umkreisung des Gebäudes während 60 Minuten, schloss hingegen eine Vielzahl neuer Bedeutungen ein: Sie sollte eine zukunftsgerichtete Aktion sein; sie sollte neben der Verflechtung von Kunstschaffenden und Museumsinstitution auch die Publikumsbindung thematisieren; als symbolhafte, öffentliche und rituelle Handlung sollte sie den schlussendlich doch zu gelingen scheinenden Neustart des Museums sichtbar machen und Gelegenheit zur Anteilnahme bieten; und sie sollte vor allem auch die architektonischen und städtebaulichen Dimension von Nouvels KKL, das sich die Luzerner Bevölkerung in einem unschweizerischen Akt des über den eigenen Schatten Springens verpasst haben, erfahrbar machen.

Am 2. Mai 2002 zwischen 21.15 und 22.15 Uhr ging die Performance über die Bühne, trotz strömendem Regen verfolgt von über tausend Teilnehmenden. Der spektakuläre Aufzug des Künstlers vom Europaplatz auf Dachniveau, die schwebende Fahrt entlang der Dachkante, der atemberaubende Schwenker an der in den See herausragenden Nordostecke, die Vollendung der Umrundung auf der Strasse entlang des rückseitigen Gebäudeteil – der Künstler wurde dafür in ein Eisengefährt, das vom Direktor des Museums geschleppt wurde, eingehängt – vermochten eine konzentrierte, heiter-nachdenkliche, prozessionshafte Atmosphäre zu verbreiten, die für alle Beteiligten zu einem Erlebnis geriet.

Diese beiden Performances waren nicht nur spektakulär, sondern sind komplexe künstlerische Auseinandersetzungen sowohl mit der Thematik des Kunstbetriebs als auch mit Architektur. Das Kunstmuseum Luzern widmet ihnen eine Ausstellung – "Hängen am Museum" – , die die technischen Gerätschaften und künstlerischen Objekte, die zum Einsatz kamen, präsentiert und auch Ausschnitte aus dem Videomaterial, das im Kontext dieser Performances entstanden ist, zeigt.

Zeitgleich erscheint eine Publikation, die die Performances dokumentiert und in Rütimanns Gesamtwerk einbettet:
Christoph Rütimann, Hängen am Museum, mit Texten von Peter Fischer, Gerhard Mack und Max Wechsler, Luzern/Poschiavo, Edizioni Periferia, Oktober 2002, dt./engl., ca. 172 S., ill., gebunden, ISBN 3-9522474-6-4, CHF 58.- (Museum), CHF 68.- (Buchhandel).


Ausstellungsdauer: 19.10.2002 - 12.1.2003
Oeffnungszeiten: Mo-Fr 10 - 19.30 Uhr, Mi/Do 10 - 20 Uhr
Sa 10 - 18.30 Uhr, So 10 - 17 Uhr
Öffentliche Führungen mittwochs 18.30 Uhr


neues Kunstmuseum Luzern
Europaplatz 1
6002 Luzern
Telefon: 041 226 78 00
Fax: 041 226 78 01
E-Mail: kml@kunstmuseumluzern.ch

www.kunstmuseumluzern.ch



Christoph Rütimann
Hanging around a museum



An exhibition focusing on two major performances by Christoph Rütimann.

"Hanging around a Museum" don't we all do that at some point or another? The Swiss multimedia artist Christoph Rütimann is no exception. He did it on December 14, 1994 around the old Museum of Art, Lucerne, and again on May 2nd around the new Musem of Art for exactly 60 minutes, during which time he made a full circle around the entire building, partially hanging off the edge of the roof. He carved the museum out of its enclave on the fourth floor of Jean Nouvel's Culture and Congress Centre, placing it in the centre of the world and making it radiantly visible. In addition to its symbolic and ritual implications, this artistic action is characterised by a precise articulation of Jean Nouvel's architecture and its urban context. Rütimann gives viewers the chance to see and experience the dimensions and proportions of this gentle colossus in Lucerne. The performance shall radiate throughout the city, throughout Switzerland, it shall radiate throughout Europe.

In a spatially orientated installation Rütimann exhibits material, documents and videos pertinent to the performances.

On the occasion of the exhibition at the Museum of Art Lucerne, there will be published a book, detailing the artist's performance.
Christoph Rütimann, Hängen am Museum, with texts by Peter Fischer, Gerhard Mack and Max Wechsler, Lucerne/Poschiavo, Edizioni Periferia, October 2002, german/english, c. 172 p., ill., bound, ISBN 3-9522474-6-4, CHF 58.- (Museum), CHF 68.- (Bookshops).