![]() Vito Acconci: Lay of the Land (2 parts), 1969 Silver gelatin prints, 25 x 28 cm / 9.84 x 11.02 inch Conceptual Paper Vito Acconci, Richard Artschwager, Chris Burden, Zaha Hadid, Peter Hujar, Yayoi Kusama, Dennis Oppenheim, William Pope.L, Paul Thek Click for English text Arbeiten auf Papier haben für mich seit jeher eine besondere, intime Qualität - mehr als andere Kunstformen erinnern sie mich ans Lesen. Sie vermitteln einen wirklichen Einblick in die Gedankenwelt eines Künstlers bei der Arbeit. Bei der Auswahl der neun hier präsentierten Künstler von 1960 bis heute habe ich den Begriff einer Arbeit auf Papier sehr weit gefasst. Er enthält weitaus mehr als nur Zeichnungen und Skizzen und schliesst ebenso Fotos von Vito Acconci, Dennis Oppenheim und Peter Hujar als auch Papierkonstruktionen der konzeptionellen Architektin und Künstlerin Zaha Hadid ein sowie Landschaften von Paul Thek und Richard Artschwager, Textzeichnungen von Pope.L, Abstraktionen von Yayoi Kusama und Anleitungen für Skulpturen von Chris Burden. In ihrer Gesamtheit ergeben die ausgestellten Arbeiten einen schnappschussartigen Eindruck von den Mitteln und Methoden einer Gruppe von Künstlern, die zu den talentiertesten ihrer jeweiligen Generation zählen. Dies sind Arbeiten, deren Betrachtung man geniesst, wohl auch, weil sie einen viel menschlicheren, zugänglicheren Massstab haben als viele der überladenen künstlerischen Produktionen, mit denen wir heute bombardiert werden. Hier geht es nicht um Meisterwerke oder Heldenleistungen, sondern um die simple Freude des Connaisseurs am Genuss von etwas Besonderem. Artschwagers Zeichnungen von 1960 bis heute sind geisterhafte Illustrationen in Kohle auf traditionellen Zeichenblättern. Sie sind meist, wenn auch nicht immer, figürlich und zeigen auf atemberaubend romantische Weise die banalsten Szenen, von Strassenkulissen bis hin zu gewöhnlichen Menschen bei alltäglichen Handlungen, als Fussgänger, beim Essen oder beim Radfahren. Gelegentlich tauchen geometrische Formen auf, daneben Betonsplitter, vereinzelte Flammenfetzen oder sogar etwas so belangloses wie ein Mauseloch. Unabhängig von ihrem Inhalt verweisen die Arbeiten in ihrem zeitlosen Stil und ihrer feinen Technik auf traditionelle Mittel und Methoden, deren Beherrschung für Künstler heute nicht mehr selbstverständlich ist. Hadid hat vieles von dem, was in der heutigen Sprache der zeitgenössischen Architektur alltäglich geworden ist, vorweggenommen. Vor dem Computerzeitalter entstanden ihre Gebäudedesigns, die sie für heute und die Zukunft entwarf, als Abstraktionen auf Papier und Leinwand - mit nicht zu übersehenden Referenzen an den russischen Konstruktivismus, den Vortizismus und den Futurismus. Dabei handelte es sich jedoch nicht um bloss eingestreute Zitate aus vergangenen Genres, sondern um eine bewusste Absorption historischer Kunstbewegungen, deren Ambitionen ganz klar über die Grenzen der Leinwand hinausgingen. Hadids visionäre Ideen waren so komplex und ihrer Zeit um so viele Lichtjahre voraus, dass es den wenigsten gelang, den Grad der Abstraktion zu verstehen oder einzuordnen, der für sie selbst ein Ding der Selbstverständlichkeit war. In der hier gezeigten neuen Werkreihe, die speziell für diese Ausstellung angefertigt wurde, verwendet sie Papier auf eine reliefartige Weise und lässt so ganz ohne Zeichenstriche dreidimensionale Zeichnungen entstehen; so wird aus Origami eine hyperprogressive Kunst- und Designform. Thek ist ein Künstler und eine Persönlichkeit, die einer anderen Ära zu entstammen scheint; bis zu seinem Tod 1988 verbrachte er ein nomadenhaftes Leben zwischen Europa und den USA, ohne jemals wirklich sesshaft zu werden. Diese Ruhelosigkeit prägt auch seine Werke - mühelos wechselt er von einem extremen Medium wie seinen überdimensionalen Installationen zu der eigentümlichen, strengen Zeichenkunst, die seine Arbeiten auf Papier kennzeichnet. Theks technische Fähigkeiten sind von geradezu altmeisterlicher Qualität und erinnern an architektonische Planzeichnungen oder wissenschaftliche Illustrationen. Dennoch liegen seinen wunderschönen Arbeiten immer konzeptionelle Vorstellungen zu Grunde. Seine Landschaften, Ikonen und der Überfluss an Zeichen und Symbolen sind geprägt von kindlicher Versenkung in die Arbeit; ihre Leichtherzigkeit und ihr Humor vermischen sich mit dem ernsthaften Bemühen, das Leben eines Künstlers zu dokumentieren, der beständig arbeitet und immer auf der Suche ist. Burdens Werk umfasst unzählige Arbeiten auf Papier, von den groben Zeichnungen, die er als Vorarbeiten zu seinen Skulpturen anfertigte, hin zu Collagen aus Kritiken früherer Ausstellungen und rasterförmigen Anordnungen stornierter Schecks aus den 70ern. Er ist hier vertreten mit einem Juwel von einer schematischen Zeichnung, seiner Arbeit "Samson", in der er das Drehkreuz am Eingang des Museums, in dem die Arbeit gezeigt wurde, zum Bestandteil seiner Installation machte. Jedes Mal, wenn ein Besucher beim Betreten des Museums das Drehkreuz betätigte, sorgte eine spezielle Vorrichtung dafür, dass sich ein quer durch den Raum reichender, horizontaler Balken ein Stück weiter in beide Richtungen ausdehnte, wodurch sich mit jedem Besucher der Druck auf die Wände der Kunstinstitution erhöhte und so ganz buchstäblich die bauliche Integrität des Museum untergraben wurde! Eine gefährliche, aber tiefgründige Arbeit, die hier in Form einer so handwerklichen Ausführung vertreten ist, dass es wirkt, als könne sie ohne Weiteres auf der nächsten Baustelle ihre praktische Anwendung finden. Hujars Arbeiten erinnern an die fotografische Sprache von Diane Arbus; seine Bilder sind von derselben existenziellen Stimmung geprägt, richten aber darüber hinaus einen zynischen, perversen Blick auf die Menschheit. Seine Arbeiten sind erhaben, finster und trüb, aber gleichzeitig auf eine Art liebevoll und berührend wie die Arbeiten verschiedener Richtungen der Vintage-Fotografie, zu denen auch Strand und Stieglitz zählen. Sein legendäres Buch "Portraits in Life and Death" schafft es auf einzigartige Weise, Szenen voller Melancholie und Schönheit, Traurigkeit und Hoffnung in einer einzigen gebundenen Sammlung zu vereinen. Eine andere wundervolle Publikation, "Animals and Nudes", stellt Formen auf eine entwaffnend schlichte Art und Weise nebeneinander, die nichts von seinen beeindruckenden technischen und kompositorischen Fertigkeiten verrät. Die Tiere sind im Schicksal ihrer alltäglichen Existenz menschlich, während die Menschen, auf ihren vorgesellschaftlichen Zustand reduziert, Tieren ähneln. Hier sieht man Fotos als das, was sie wirklich sind: mechanisch produzierte Arbeiten auf Papier - was möglicherweise auch die herablassende Behandlung der Fotografie als eigenständiges künstlerisches Medium in der Vergangenheit erklärt. Pope.L ist ein Vertreter der Konkreten Poesie und ein Performancekünstler in der Tradition Acconcis. Auf gänzlich undidaktische und äusserst humorvolle Weise beziehen seine "Skin Set Drawings" Position an der vordersten Front der Identitätspolitik. Sie konfrontieren uns mit unseren innersten rassistischen Ängsten und Vorurteilen und machen die Thematik auf so schmerzhafte Weise präsent, dass man die Arbeiten fast als Beweismaterial lesen kann, als dokumentarische Fragmente einer Kultur, die so neurotisch und von Misstrauen zersetzt ist, dass sie Gefahr läuft zu implodieren und in Massenvernichtung zu enden. Die Arbeiten von Pope.L haben eine fast körperliche Wirkung, ihr Umgang mit Materialien erinnert an Dieter Roth und ihr politischer Scharfsinn ist vergleichbar mit dem der Arbeiten des afroamerikanischen Schelms David Hammonds. Der Wegbereiter sowohl von Hammonds als auch von Pope.L ist natürlich kein anderer als Duchamp mit seiner prägnanten Art, anhand von Anspielungen und untergründigen Symbolismen Themen und Konzepte anzusprechen, die an - oder knapp unter - der Oberfläche des Alltäglichen liegen. Kenny Schachter Ausstellungsdauer 27.4. - 2.6.2007 Oeffnungszeiten Di-Fr 14 - 18.30 Uhr, Sa 11 - 16 Uhr Galerie Arndt & Partner Lessingstrasse 5 8002 Zürich Telephone +41 (0) 43 817 67 80/81 Fax +41 (0) 43 817 67 82 Email zurich@arndt-partner.com www.arndt-partner.com Conceptual Paper Vito Acconci, Richard Artschwager, Chris Burden, Zaha Hadid, Peter Hujar, Yayoi Kusama, Dennis Oppenheim, William Pope.L, Paul Thek Works on paper for me have always had an intimate quality, more like reading than other forms of art making. They provide a real glimpse into the mind of the artist at work. In presenting the work of 9 artists from the 1960s to the present, I take a much more expansive view of what constitutes a work on paper. The selection goes far beyond drawings or sketches to include photos by Vito Acconci, Dennis Oppenheim and Peter Hujar, paper constructions by the conceptual architect and artist Zaha Hadid, and encompassing landscapes by Paul Thek and Richard Artschwager, text drawings by Pope.L, abstractions by Yayoi Kusama, and instructions for sculptures by Chris Burden. All in all the works on display provide a snapshot into the means and methods of a group of the most talented artists of their respective generations. A pleasure to behold in and of themselves, these pieces are on a scale more human and accessible than much of today's overblown artistic productions we are habitually bombarded with. It's not about heroics or masterpieces, but about the pleasure to be derived from the connoisseur's appreciation of something special. Artschwager's drawings from the 60s to present are ghost-like renderings in charcoal on traditional standard sheets of drawing paper. They are usually figurative but not always so, depicting in breathtakingly romantic fashion mundane scenes from the street to generic people engaged in acts as pedestrian as eating and cycling. There is the odd geometric form or shard of concrete along with isolated bits of flames or even something as dismissive as a mouse hole. Regardless of their subject matter, the works are nod to traditional means and methods, drawn as they are in a timeless style and with acute technique, a skill many artists today no longer possess. Hadid is a forerunner to the quotidian in today's language of contemporary architecture. Before the advent of computers, her notions for building designs for today and the future began as abstractions on canvas and paper with obvious references to Russian constructivism, vorticism and futurism. This was no passing quote from past genres but a knowing absorption of historic art movements whose ambitions clearly pointed beyond the scope of the canvas. Hadid's vision was so complex and light-years ahead of her time that people could not even relate or understand the levels of abstraction, which in her mind must have seemed as plain as daylight. Here she presents a new body of work made specifically for the show that uses paper in a relief-like fashion, resulting in a three dimensional drawing with no marks and a way of turning origami into a hyper progressive form of art and design. Thek is a throwback to an artist and persona that belongs to another era; he died in 1988 but lived a peripatetic life wandering throughout Europe and the US, never really settling down in one place or another. This restlessness is apparent in the work, which flitted effortlessly from one extreme medium like massive installations to the quaint, rigorous draftsmanship displayed in his large body of paper works. The technical skill exhibited by Thek has an old-master quality about it, reminiscent of architectural plans or scientific illustrations. Yet his beautiful works are always underpinned with a conceptual notion. There are landscapes and icons and a profusion of signs and symbols, all marked by a childlike absorption in the task at hand, and a lightheartedness and humor mixed with the utterly serious intent of documenting the life of an artist who is always at work and constantly searching. Burden used paper in his body of work, which ranges from crude drawings that serve as preparatory works for his sculptures, to collages of reviews of his prior shows and grids of his cancelled bank checks from the 1970s. Represented here with a jewel of a schematic drawing, is his piece entitled "Samson", which involved the revolving door of the museum the work was exhibited in. Every time a visitor entered the museum, a contraption would cause a beam connected to the revolving door to extend horizontally in both directions, boring into the walls of the institution and thereby literally undermining the structural integrity of the museum! A dangerous but profound work seen here in a very workman-like execution, which makes the piece seem ready for casual application in a construction site. Hujar's works recall the photographic language of Diane Arbus; his pictures have the same existential tone but extend a cynical, perverse look on mankind. His works are sublime, dark and hazy but loving and touching in a way that is characteristic of certain strands in vintage photography like Strand and Stieglitz. His legendary book "Portraits in Life and Death" is a unique achievement, bringing together scenes of melancholy and beauty, sadness and hope in a single bound collection. Another wonderful publication, "Animals and Nudes", juxtaposes forms in a disarming, down-to-earth way that belies his impressive technical and compositional skills. The animals are human in the plight of their everyday existence, and the humans animal-like, reduced as they are to a pre-societal state. Photographs are seen here for what they basically are: mechanically produced works on paper, which accounts perhaps for the derisive attitudes to photography as stand-alone art medium in the past. Pope.L is a concrete poet and performance artist in the tradition of Acconci. His "Skin Set Drawings" cut the edge of identity politics in an utterly non-didactic and humorous way. They confront our innermost racist fears and prejudices, a topic so painfully present that the works almost acquire the status of evidence, documentary fragments of a culture so high-strung and torn with mistrust that it is in danger of imploding and mass destructing. The work of Pope.L is visceral in its feeling, similar in its use of materials to Dieter Roth and in its political acumen comparable to the work of African-American prankster David Hammonds. The precursor of both Hammonds and Pope.L is none other than Duchamp and his cutting use of allusions and underlying symbolisms that address issues of and concepts on the surface and not too far beneath it of the everyday. Kenny Schachter Exhibition 27 April - 2 June 2007 Gallery hours Tues-Fri 2 - 6.30 pm, Sat 11 am - 4 pm |