© Daniel Richter


Daniel Richter
Hirn



Der 1962 in Eutin geborene, heute in Berlin und Hamburg lebende Daniel Richter gehört zu den jüngeren deutschen Künstlern, die seit Beginn ihrer künstlerischen Tätigkeit die Auseinandersetzung mit dem klassischen Medium Malerei konsequent fortgesetzt und ihre lange Geschichte als Ansporn und Verpflichtung zugleich empfunden haben. Mitte der neunziger Jahre entwickelte Richter eine Bildsprache, in der eine labyrinthische Fülle von abstrakten Formen vorherrschte. Aus dieser dichten Allover-Struktur schälten sich seit 2000 zunächst schemenhafte Figuren heraus, die später immer deutlichere Formen annahmen. Die Bildkompositionen wurden von einer Fülle von grotesken Motiven, zeitgeschichtlichen Themen und kunsthistorischen Zitaten bestimmt.

Unsere Ausstellung – die erste Einzelausstellung Daniel Richters in einer öffentlichen Institution in Berlin – präsentiert ein Dutzend ausgewählter, in Berlin noch nicht gezeigter Werke aus beiden Phasen des Künstlers. In der Gegenüberstellung versucht sie den Beweis zu erbringen, dass in Richters Malerei kein Bruch, keine abrupte "Wende" von einer puren Abstraktion zu einer reinen Figürlichkeit stattfand, wie von manchen seiner Interpreten behauptet wurde, sondern eher eine bewusste Erweiterung,  "Ausdehnung" seines malerischen Prinzips.

Die Ölbilder werden mit ca. 60 Arbeiten auf Papier aus den beiden letzten Jahren begleitet, die im NBK zum ersten Mal gezeigt werden. Sie bieten einen neuen Blick auf die Arbeitsweise Richters, weil sie deren Bausteine offenlegen. Sie sind trotz ihrer autonomen Form- und Bildfindungen in erster Linie skizzierte Ideenträger zu den Gemälden und dienen dazu, die spontane Niederschrift des unmittelbaren Ausdrucks in die komplexeren, ausgereiften Kompositionen der Grossformate zu übertragen.

Daniel Richter hat der Ausstellung im NBK den Titel "Hirn" gegeben. Schon seine beiden letzten grossen Ausstellungen trugen jeweils einen Buchtitel als Überschrift: "Billard um halbzehn" und "Grünspan" (nach den Romanen von Heinrich Böll und Hubert Fichte). Diesmal war der Essayband des Pop-Literaten Rainald Goetz Titelgeber. Obwohl diese Buchtitel häufig auch in den einzelnen Bildtiteln wieder auftauchen, bestehen keine zwingenden inhaltlichen Verbindungen zwischen ihnen, sondern sie dienen nur als assoziative Hinweise auf den Entstehungsprozess der Werke. Im Falle unserer Ausstellung ist man eher geneigt, zwischen dem Titel inspirierenden Autor und dem ihn lesenden Künstler manche Parallele zu entdecken, dadurch, dass Daniel Richter in seiner Malerei Sampling und Überlagerung, Zerlegung und Zusammenfügung – ähnlich wie Goetz in seinen Schriften "arrangiert, collagiert und dispergiert" – als Methode anwendet.

Zur Ausstellung erscheint im Hatje/Cantz Verlag eine von Daniel Richter konzipierte und gestaltete Publikation (deutsch-englisch) mit einem Text von Britta Schmitz zum Preis von 28 Euro, die alle gezeigten Zeichnungen des Künstlers dokumentiert.


Ausstellungsdauer: 9.5. - 22.6.2003
Oeffnungszeiten: Di-Fr 12 - 18 Uhr, Sa/So 12 - 16 Uhr


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