Daniele Buetti: "Hand #10", 2001
"Hand #10", 2001, Lightbox

Daniele Buetti
Dreams result in more dreams


Der Mensch taucht in das warme Licht von Buettis neuesten Installationen, in Licht, das ineinanderfließt wie flüssiges Salz im Batikbad. Nichts wirkt überspannt, doch alles phantastisch. Gelingt es, den Widerstreit zwischen Gut und Böse zu schlichten? Überschreitet sich der Mensch in Richtung Idol ? Oder fällt er hinter das Tier der eregierten Triebe zurück ?

Wohl ist Buetti ein Gnostiker, daher das latent unheimliche, das transzendieren im Verfeinerungsprozess seines Stils, der sich nicht als Produkt fixiert, sondern in ewigwährender Bricolage das Perfekte und das Persönliche in Balance zu bringen sucht.

Als Basismaterial dienen ihm die Schönen, medien-bestimmten Kommerzsirenen, Vamps. Buetti legt die Banalität ihrer Monstrosität offen, und im Betrachter klingen ambivalent abstoßende und anziehende Lustnoten an. Die pavlovsche Sehnsucht wirkt ungebrochen. Eine solche Disposition erinnert von fern an Baudelaire und Wilde, an deren ästethischen Ekel vor einer vulgären Öffentlichkeit und der eigenen Impotenz zur Intimität. Was bleibt, ist die Utopie einer von Schönheit bestimmten Lebensform durch Musik, Medien, Konsum. Buetti rekuperiert die Produkte der Überflussgesellschaft, mit ihren immer feiner abgestimmten sozialen Signalen. Alles ist Botschaft, und nichts dient allein dem Gebrauch.

Der Ästhetizismus des Jugendstils 2000 wird definiert von den hastenden Trendsettern aus Kunst und Medienbranchen. Angesichts der Hatz der Massenkultur räkelt sich Buettis Kunst in fast wertkonservativem Ennui. Seine in die Bildwelten perforierten Werbebotschaften irisieren als angenehme Tautologien vor ihren fluoriszierenden Leuchtkörpern.

Wie die Bilder, so spielen auch die verbalen Beschwörungen mit Sehnsüchten und manch sexueller Phantasie. Die Textzeilen erinnern an das surreale Pollutionsmoment, wenn der aus den Träumen aufgeschreckte Poet auf die Platitüde seiner "écriture automatique" blickt, die er soeben angerichtet hat. Der sublime "cadavre exquis" der Surrealisten ist bei Buetti eine längst verweste Wiedergängerin – über den Laufsteg aufs Schafott und retour.

Das Begehren aber gilt nicht nur dem Zwielicht, sondern auch der Vernunft. Das Paradoxe der so billigen und gleichzeitig so kostbaren Verlockungen liegt darin, dass sich Träume und Alpträume an der Realität messen lassen. Um dies zu verdeutlichen, öffnet Buetti eine Tapetentüre in die klassische Tragödie.

Ein Fenster weist hinaus auf die Breitleinwand der Gefühle Hollywoods. Wie der Cinéast Tim Burton holt Daniele Buetti das Letzte aus abgewetzten Mythen, um Glaubwürdigkeit, Vernunft, Flegelhaftes und Faszinierendes zu kreuzen. Er inszeniert einen Wettstreit der farbigen Schatten und sanften Tonalitäten um die Seele des modernen Menschen, dieses ewigen Waisen.

(Text: Juri Steiner)

Ausstellungsdauer: 1.2. - 16.3.2002
Öffnungszeiten: Mi-Sa 14 - 18 Uhr
und nach telefonischer Verabredung

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