© Eran Schaerf


Eran Schaerf
Index of Distances



Eran Schaerfs Installationen in ihrer multikulturellen Mischung aus Einzelteilen umschreiben die Grenzen eines sozio-kulturellen Systems. Indem sie sich aus der Modewelt der Haute-Couture, ebenso wie aus dem Ramschladen oder von der Müllhalde zusammensetzen, nehmen sie Bezug auf die sozialen Grenzbereiche einer Gesellschaft, ohne dies im Sinne einer Kritik an einem Gesellschaftssystem verstehen zu wollen. In dieser Komplexität bleiben sie dennoch nach vielen Seiten offen für verschiedene Interpretationsansätze. So geben sie ein Bild der pluralistischen Welt wieder, ohne auf erzählerische und assoziative Momente zu verzichten. (Jan Winkelmann: Eran Schaerf. Re-enactment – Bahnwärterhaus/Galerie der Stadt Esslingen, in Metropolis M. Tijdschrift over hedendaagse kunst, No. 5, Oktober 1996)


Die verschiedenen Beziehungen von gesellschaftlichen, kulturellen und medialen Aspekten des Werks von Eran Schaerf (*1962 in Tel Aviv, lebt und arbeitet in Berlin) lassen sich beispielhaft an zwei aufeinanderfolgenden Werken verdeutlichen: "Endless Screen", 2001 in der Kunsthalle in Baden-Baden und im Argos in Brüssel gezeigt, und der daraus entstandenen Fotoserie "Migrants & Variants". In ersterem werden Projektionen von Dias aus der englischen Modezeitschrift Line, von Textfragmenten und historischen Aufnahmen auf eine bildschirmartige Architektur geworfen. Die in Kreisen angeordneten weissen Vorhänge und die darin platzierten Projektoren bilden die Kulisse, in der und auf die projiziert wird. Die Überlagerungen der verschiedenen Projektionen werden durch die räumliche Situation weiter verdichtet. Aus diesen Verdichtungen hat Eran Schaerf wiederum einzelne Ausschnitte gewählt, die die oben erwähnte Fotoserie bilden. Die verschiedenen Fragmente aus der Mode, aus der Geschichte, von verschiedenen Orten sowie fremden Texten werden aus ihrem Kontext herausgelöst und bilden ein neues intermediales Gefüge.


Diese stofflichen und inhaltlichen Gewebe von Eran Schaerf stellen Fragen nach der Entstehung von Bedeutung und deren Abhängigkeit vom jeweiligen Kontext. Dabei bedient er sich einem vorgefundenen Bild- und Textmaterial, löst Fragmente aus ihrem ursprünglichen Kontext heraus und inszeniert sie neu. Es entstehen Geschichten, die keiner linearen Struktur folgen, sondern verschiedene Erzählstränge öffnen. Der Betrachter selbst wird in die Bedeutungsfindung einbezogen. Er wird zum Spieler, der die Verbindungen zwischen den einzelnen Wirklichkeits- oder Fiktionselementen immer wieder neu zusammenstellt.


Die Idee der Aufführung bzw. Wiederaufführung, der Übersetzung bzw. Umschreibung von vorgefundenem Material spinnt Eran Schaerf weiter, indem er sich inhaltlich, motivisch und formal wie in "Migrants & Variants" auf vorangegangene Arbeiten bezieht. Elemente seiner eigenen Werke werden somit neu ins Spiel gebracht.


Fragen nach dem Grenzverlauf zwischen Wirklichkeit und Fiktion werden aufgeworfen: Können wir in einer Zeit der Bilderflut überhaupt noch unterscheiden was real und was Fiktion ist? Schiebt sich nicht das Abbild vor die physisch erlebbare Wirklichkeit? Inwiefern schenken wir einer filmisch dokumentierten Nachricht Glauben, nur weil uns das Ereignis vorgeführt wird? Mit der Bezeichnung Doku-fictions für die zur Reihe "Scenario Data" gehörenden Werke weist Eran Schaerf selbst auf die eigentümliche Verbindung von Dokumentation und Fiktion hin.


Die "Erzählungen" von Eran Schaerf schlüpfen in unterschiedlich mediale Formen und öffnen einen Raum zwischen "es war einmal" und "morgen" - einen Raum, in dem vertraute Zeichen, Bilder und Worte als "Figuren" an einer Inszenierung teilnehmen und Zwischenräume und –zeiten aufbrechen.


Ausstellungsdauer: 21.8. - 18.10.2003
Oeffnungszeiten: Di-Fr 14 - 18 Uhr, Sa 11 - 16 Uhr


Galerie Elisabeth Kaufmann
Müllerstrasse 57
8004 Zürich
Telefon/Fax 043 322 01 15
E-Mail: elkauf@yahoo.com


zum Seitenanfang