© Eric Fischl

Sleepwalker, 1979
Öl auf Leinwand, 176 x 267 cm
Privatsammlung


Eric Fischl
Gemälde und Zeichnungen 1979 - 2001



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Das Kunstmuseum Wolfsburg hat sich in den neun Jahren seines Bestehens in Einzelausstellungen immer wieder Persönlichkeiten gewidmet, deren Schaffen von grosser Wirkungskraft für die jungen zeitgenössischen Künstler ist. Zu diesem Personenkreis gehört zweifellos der 1948 in New York geborene Amerikaner Eric Fischl, der seit dem Ende der siebziger Jahre zu einem der einflussreichsten Künstler dieser Generation zählt.


Obgleich Eric Fischls Werk in Deutschland, insbesondere während der achtziger Jahre, ausführlich rezipiert worden ist, so sucht man doch seine Bilder in deutschen Museumssammlungen vergeblich. Auch stand bislang hierzulande eine Retrospektive des Künstlers noch aus. Letztmalig wurde er ausführlich in Europa im Jahr 1991 durch das Aarhus Kunstmuseum und das Louisiana Museum in Dänemark vorgestellt.


Die Ausstellung konnte durch die grosszügige Unterstützung der Volkswagen Bank, Braunschweig, realisiert werden. Die Volkswagen Bank unterstützt seit 10 Jahren Kulturprojekte und setzt mit ihrem Engagement für die Eric Fischl-Ausstellung die Kooperation mit dem Kunstmuseum fort.


Die nun vom Kunstmuseum Wolfsburg konzipierte Ausstellung vereint ca. 40 Gemälde und ebenso viele Zeichnungen und teilt die ausgewählten Werke in neun Kapitel ein, die sich mit seinen voyeuristisch-bizarren Bildern von Innenräumen und seinen Strandszenen ebenso auseinander setzen wie mit den ab 1989 entstandenen Bildern von Reisen, seinen Selbstporträts und der kürzlich entstandenen sogenannten "The Bed, The Chair"-Serie.


Eric Fischl wächst im suburbanen Kontext von Port Washington auf Long Island auf, beginnt seine Collegeausbildung 1966, siedelt nach San Francisco über und beginnt ein kontinuierliches Studium im Jahr 1968 an der Arizona State University in Phoenix, wo sich seine Eltern niedergelassen hatten. In diesem Jahr entdeckt Fischl die Malerei, schliesslich schreibt er sich 1970 am California Institute of the Arts in Valencia ein und setzt 1974 seine Studien am Nova Scotia College of Art and Design in Halifax, Kanada, fort. Die Bilder, die in dieser Zeit entstehen sind abstrakt, allerdings befriedigen die Resultate Fischl nur bis zu einem gewissen Grad. Er will "Bedeutung schaffen" und empfindet das Dogma der abstrakten Malerei als Limitierung.


Ab 1979 entstehen dann jene Bilder, die die amerikanische Kunstszene vollends konsternierten, wie beispielsweise "Bad Boy" aus dem Jahr 1981, in welchem Fischl eine ebenso schlüpfrige wie schockierende Schlafzimmerszene geschaffen hatte, in der ein Junge einer nackten Frau zwischen die Beine starrt und sich gleichzeitig hinter seinem Rücken mit seiner Hand an ihrer Handtasche zu schaffen macht. In der Folge entstehen weitere Bilder mit ähnlich starker sexueller Ambivalenz und rätselhafter Narration. Immer wieder ist das Klaustrophobisch-Bigotte der amerikanischen Vorstädte Fischls Thema bis er sich in Ergänzung zu seinen malerischen Untersuchungen ausführlich scheinbar wollüstig-exhibitionistischen Strandszenen widmet.


Gijs van Tuyl sagt zu den Werken des Künstlers: "Die Bilder und Zeichnungen von Fischl erzählen die ganz und gar nicht heroischen Geschichten von Vertretern des amerikanischen Mittelstands, fassen diese in allegorische Darstellungen, porträtieren ihre Darsteller oder repräsentieren sie durch Figuren aus der Vergangenheit. Es sind gewissermassen Historienbilder ex negativo".


Als Grundlage für seine Malerei dienen Fischl unzählige selbst gemachte Fotos. Das Foto ist der Ausgangspunkt für einen malerischen Prozess, der in den Bildern der letzten Jahren zu einem besonders lockeren und lebendigen Pinselduktus geführt hat, aber selten die fotografische Vorlage gänzlich vergessen lässt. Man hat seine Bilder, die immer wieder erotische Sujets haben, auch manchmal als "voyeuristisch" bezeichnet; indem sie Figuren in den Raum stellen, deuten sie - vergleichbar einem Film-Still - Geschichten an. Fischl selbst hat die Bedeutung der Bilderwelt der Medien für sich erkannt: "Ich gehöre einer Generation an, die mit Film und Fernsehen aufgewachsen ist. Meine figurative Sensibilität kommt von dort her: Das Bilder-Machen entsteht aus dem Film-Machen".


In den neunziger Jahren findet er auf Reisen nach Indien und Rom in der Auseinandersetzung mit der Malerei Manets und Caravaggios neue Impulse für seine Kunst. Neue Themen treten in den Vordergrund, wie die Beschäftigung mit dem Fremden und mit Alter und Tod. Insbesondere in seiner malerischen Behandlung von Licht und Schatten erreicht seine Kunst einen neuen Höhepunkt. Ende der neunziger Jahre beschäftigt sich Fischl erstmals auch ausführlich mit Porträtmalerei. Auch hier greift er bei der Arbeit auf fotografische Vorlagen zurück.


Zwischen 1999 und 2001 entsteht die 15 Bilder umfassende Serie "The Bed, The Chair...", die jüngste Werkgruppe der Ausstellung, bei welcher Fischl ein komplexes Montageverfahren anwendet und mit wenigen immer wieder auftauchenden Objekten, ergänzt um neue Elemente, verschiedene Bedeutungskonstellationen realisiert. Einem Bühnenbild gleich arrangiert Fischl, wiederum Fotovorlagen folgend, Menschen und Möbel und inszeniert in einem Schlafzimmer ein Kammerspiel mit unterschiedlichen Akteuren und rätselhaften Aussagen. Über diese Werkgruppe schlägt die Ausstellung den Bogen zurück zu den Bildern der späten siebziger und frühen achtziger Jahre.


Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Hatje Cantz Verlag, ca. 144 Seiten mit ca. 70 ganzseitigen farbigen Abbildungen, einem Vorwort von Gijs van Tuyl, einem Gespräch zwischen Eric Fischl und Frederic Tuten sowie Essays von Carolin Bohlmann, Jörg Garbrecht, Victoria von Flemming, Annelie Lütgens und Peter Schjeldahl.


Ausstellungsdauer: 13.9. 2003 - 4.1.2004
Oeffnungszeiten: Mi-So 11 - 18 Uhr, Di 11 - 20 Uhr
Montag geschlossen


Kunstmuseum
Porschestrasse 53
D-38440 Wolfsburg
Telefon +49 (05361) 26690
Fax +49 (05361) 266966
E-Mail: info@kunstmuseum-wolfsburg.de

www.kunstmuseum-wolfsburg.de



Eric Fischl
Paintings and drawings 1979 - 2001


In the nine years since it opened, the Kunstmuseum Wolfsburg has regularly devoted solo exhibitions to personalities whose work has a strong impact on young contemporary artists. One such figure is without doubt the American painter Eric Fischl. Born in New York City in 1948, Fischl has been one of the most influential artists of his generation since the late 1970s.


Although Eric Fischl's art has been shown extensively in Germany, particularly during the 1980s, one seeks in vain paintings by him in German museum collections. Nor has there been a retrospective of the artist's work in this country up till now. The last major European presentation was in 1991, at the Aarhus Art Museum and Louisiana Museum in Denmark.


This exhibition has been made possible by the generous support of Volkswagen Bank, Braunschweig. Volkswagen Bank has supported cultural projects for the past 10 years and continues its cooperative involvement with the Kunstmuseum Wolfsburg by sponsoring the Eric Fischl exhibition.


The exhibition concept devised by the Kunstmuseum Wolfsburg brings together approximately 40 paintings and an equal number of drawings. The selected works are divided into nine chapters, encompassing not only his voyeuristic and bizarre interiors and beach scenes but also his paintings from 1989 onwards - images inspired by his travels, self-portraits and the recently completed series "The Bed, The Chair...".


Eric Fischl grew up in the suburban environment of Port Washington, Long Island. In 1966 he started college, then moved to San Francisco and began studying full-time in 1968 at the Arizona State University in Phoenix, where his parents had settled. In that same year he discovered painting, and in 1970 he finally enrolled at the California Institute of the Arts in Valencia. In 1974 Fischl took up a teaching post at the Nova Scotia College of Art and Design in Halifax, Canada. The paintings he made at this time were abstract, however the results satisfied Fischl only up to a point. He wanted to "create meaning" and found the dogma of abstract painting to be a limitation.


From 1979 onwards Fischl produced the works which were to provoke great consternation on the American art scene, such as "Bad Boy" (1981), a risqué and shocking bedroom scene where a young boy stares at the open crotch of a naked woman, while at the same time he has his hand behind his back and is fumbling in her handbag. Fischl went on to paint other scenes that display a similarly strong sense of sexual ambiguity and enigmatic narrative. Time and again he took the claustrophobic, self-righteous aspects of American suburban life as his theme, later extending his painterly explorations by devoting his attention extensively to the creation of lustfully exhibitionist beach scenes.


Gijs van Tuyl describes the artist&Mac226;s work as follows: "Fischl's paintings and drawings tell the by no means heroic tales of representatives of middle-class America, capturing these in allegorical depictions, portraying the protagonists or representing them with figures from the past. They are to a certain extent history paintings ex negative".


Fischl uses many of his own photographs as the basis for his paintings. The photograph is the starting point for a painterly process that led to the particularly loose and lively touch of the pictures from recent years, but which seldom allows one to completely forget the photographic image on which it is based. His paintings, which frequently have erotic subject matter, have on occasion been termed "voyeuristic"; by placing figures in the pictorial space they suggest narratives - comparable to a film still. Fischl himself acknowledges the importance to him of images from the media: "I belong to a generation that grew up with film and television. That is where my figurative sensibility comes from: making pictures stems from making film".


In the 1990s Fischl found new impetus for his art on journeys to India and Rome, where he encountered the paintings of Manet and Caravaggio. New themes came to the fore, such as a preoccupation with the foreign, with age and death. Above all in his painterly treatment of light and shadow his art reached a new high point. In the late 1990s Fischl also took great interest in portrait painting for the first time. Here, too, he drew upon photographic source images.


Between 1999 and 2001 he completed the 15 paintings that make up the series "The Bed, The Chair...", the most recent group of works in the exhibition. Here, Fischl employs a complex montage technique whereby he creates different constellations of meaning by combining a small number of recurring objects with selected new elements. Again based on photographic source images, Fischl stages an intimate play by arranging people and furniture in a stage-like bedroom setting, using a number of different protagonists and conveying cryptic messages. With this series the exhibition circles back to the paintings from the late 70s and early 80s.


A catalogue is being published by Hatje Cantz Verlag to accompany the exhibition "Eric Fischl: Paintings and Drawings 1979-2001", approx. 144 pages with around 70 full-page colour plates, a preface by Gijs van Tuyl, a conversation between Eric Fischl and Frederic Tuten along with essays by Carolin Bohlmann, Jörg Garbrecht, Victoria von Flemming, Annelie Lütgens and Peter Schjeldahl.


September 13, 2003 - January 4, 2004


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