© Eva Leitolf


Eva Leitolf
Ganz still und stumm (Naturstücke)



Auf den ersten Blick ist man irritiert, doch man weiss nicht so recht, warum: Die Naturstücke der Münchner Fotografin Eva Leitolf ( geb. 1966) scheinen ein Geheimnis zu bergen. Die Farben der Pflanzen wirken irgendwie fremd, die Lichtführung ungewöhnlich scharf, und das vermeintliche Glück der Fotografin, scheue Waldtiere so hautnah vor die Kamera zu bekommen, überrascht. Was steckt dahinter?


Die Erkenntnis setzt in dem Moment ein, in dem man der gemalten Hintergründe gewahr wird und der grellen Spots, die einen aus dem Bildhintergrund blenden: Bei diesen Landschaftsausschnitten handelt es sich um künstliche Naturen in Schaukästen, so genannte Dioramen, wie man sie in Heimat- und Naturkundemuseen vorfindet. Misch- und Tannenwald, Farne und Pilze, Steine, Gräser und seltene Waldtiere geben sich ein harmonisches Stelldichein und illustrieren anschaulich und verdichtet die unterschiedlichen Lebensräume: idealisierte Naturen, künstlich rekonstruiert und didaktisch aufbereitet in 3-D.


Es ist ein ironisch-hintergründiges Spiel mit der Echtheit und der Natürlichkeit, das Eva Leitolf mit Hilfe der Kamera treibt: Indem ihre Bilder Abbilder vom Abbild sind, führt sie uns nicht nur in ästhetischer Hinsicht, sondern auch in übertragenem Sinn verschiedene Ebenen der Naturbetrachtung vor Augen:


"Ganz still und stumm" - die Textzeile aus dem deutschen Kinderlied liefert einen ganzen Fundus an Assoziationen von der kindlich - unschuldigen Wahrnehmung der Natur, die jegliche Realität ausblendet, bis hin zur Bedeutung des Waldes im Märchen als Ort des Schreckens, des Schutzes und des Freiraums. Und es klingt das Naturverständnis der Romantik an, das die Naturkundemuseen als Orte zur Veranschaulichung der Wandlung und Entwicklung der Arten hervorbrachte: Orte, die die verschiedenen Ökosphären einfrieren und dabei nicht nur dem natürlichen Wandel Rechnung tragen sondern auch dem Menschen, der die Entwicklung der Natur in zerstörerischer Weise selbst beschleunigt: Damit sind so manche Dioramen und Schaukästen im Grunde bereits Abbilder einer vergangenen, überholten Natur.


Eva Leitolf hat durch etliche Stipendien und Auszeichnungen die vergangenen Jahre viel im Ausland verbracht. Ein wichtiger Aspekt in ihrem Werk ist die Auseinandersetzung mit dem Thema "Lebensräume". So entstand 1995/95 ihre Bildserie "Nachkriegszeit", in der sie die Lebenssituation in den verwüsteten Stadtlandschaften im Libanon thematisierte.


Bekannt geworden ist die Fotografin auch durch ihre Untersuchung "Deutsche Bilder - eine Spurensuche in Rostock, Thale, Solingen und Bielefeld" (1992-94), die Foto- und Videoarbeit "Home Town/Model Home", einer Bestandsaufnahme zur Ästhetik amerikanischer Mittelklassevororte von Los Angeles (1999), sowie dem Postkartenprojekt "chöne Grüsse", einer künstlerischen Untersuchung zum Urlaubsland Holland (1999/2000). Seit 1997 befasst sich Eva Leitolf mit dem Thema der Naturstücke.


Ausstellungsdauer: 27.1. - 2.4.2005
Öffnungszeiten: Di, Do 10 - 17 Uhr, Mi 10 - 20 Uhr,
Sa 11 - 14 Uhr


Wäcker & Jordanow
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