© Christoph Draeger

Christoph Draeger: Palestinian Teenage Riot, 2003
Acryl-Jet auf Leinwand, 120 x 230 cm


Facts are stupid things

Christoph Draeger
, Ivana Falconi, Marguerite Kahrl, Dagmar Heppner, Patricia Bucher, Mark Divo, Elise Engler, Caroline Bachmann/Stefan Banz


"Facts are stupid things". Das Zitat von Ronald Reagan, ein dummer Versprecher aus dem Jahr 1988, nimmt vorweg, was wir heute meist ohne Widerspruch akzeptieren: Branding und Medien prägen unsere Wahrnehmung. Fiktion ist Realität. Fakten sind blöd!


Staub(g*fzk!) hat 9 Künstlerinnen und Künstler zur Ausstellung "Facts are stupid things" eingeladen, deren Schaffen sich mit dem Grenzbereich von Fiktion und Realität befasst.


Die Bildvorlagen für Christoph Draegers (*1965, lebt in New York und Zürich) Arbeiten "Palestinian Teenage Riot" und "Wailing Wall" stammen aus der Tagespresse. Die drei Meter lange und 1 Meter hohe Bodenarbeit "Wailing Wall" steht stumm vor dem an der Wand hängenden Bild "Palestinian Teenage Riot". Der Blick schweift über die Klagemauer zu der Abbildung von randalierenden Palästinensischen Jugendlichen. Wechselt man jedoch die Position auf die Seite der Jugendlichen, werden die grauen Betonsteine auf der Rückseite der Klagemauer zum Symbol der bereits über 180 Kilometer langen Mauer in Israel / Palästina, die täglich wächst.


Neben Draegers Arbeit hängt eine grossformatige Zeichnung von Marguerite Kahrl (*1966, lebt in New York). Kahrl konstruiert fiktive Realitätssysteme in komplexen Zeichnungen. Ihre Diagramme befassen sich mit neuen Technologien und fiktiven Landschaften. Formelle Aspekte vermischen sich mit Themen wie Überwachung, Nukleartreibstoff, Waffenproduktion und Informations-übertragung. Kahrls Zeichnungen entwickeln sich langsam und in mehreren Schichten. Sie erlauben einen Moment der Reflexion beim Betrachten einer sich selbst konstruierenden Welt.


Komplementiert werden Draegers subtile Kontext-verschiebung und Kahrls fiktive Realitätskontruktionen durch eine Fotoarbeit von Mark Divo (*1966, lebt in Zürich). Divos grossformatige Fotografie "Abenteuer Menschlichkeit" ist eine dem Bild "Floss der Medusa" (Théodore Gericault, 1818/19) nachempfundene Inszenierung, ein Tableau Vivant, auf dem sich verschiedene Protagonisten zu einem Bild versammeln. Das Motiv des Schiffbruchs wird von Divo als eine Kapitulation vor Informationsflut und Werbeslogans interpretiert.


Mit dem Vordringen von Brands in sämtliche Lebensbereiche befassen sich die beiden Madonna Bilder von Ivana Falconi (*1970, lebt in Cadenazzo). Mit Öl auf Holz gemalt und eingefasst in einen schwülstigen Goldrahmen, tragen Falconis Madonnas Adidas und Nike. Wie die Religion bedingt das Branding den Glauben an das Spirituelle. Beide, Religion und Branding, bedienen sich Symbolen und Kultfiguren, operieren global mittels Franchisingsystemen und verlangen eine bedingungslose Unterwerfung unter ein von Opinion Leadern geprägtes Wertesystem.


Elise Englers (*1956, lebt in New York) Werk zeichnet sich durch ein starkes Interesse an Archivierung und Katalogisierung aus. "Wrapped in the Flag" ist eine mehrteilige Zeichnung, woran Engler seit dem Beginn des Irakkrieges arbeitet. Akribisch verfolgt Engler die Nachrichten über die Namen und Nationalitäten der im Irakkrieg auf Seiten der USA und ihrer Verbündeten gefallenen Toten und zeichnet mit Farbstift die Umrisse der in ihre jeweilige Landesflagge eingewickelten Toten. Die schematisierten Umrisse geben Aufschluss über die Nationalität und das Geschlecht der Gefallenen. Englers Projekt, das heute bereits fünf 150 cm lange und 30 cm breite Zeichnungsbögen füllt, ist ein Mahnmal gegen den Irakkrieg.


Gegenüber Englers Zeichnungen hängt ein grossformatiges Ölbild von Caroline Bachmann (*1963, lebt in Luzern) und Stefan Banz (*1961, lebt in Luzern). Wie Engler, befassen sich Bachmann und Banz in der Arbeit "As I opened Fire" inhaltlich, wenn auch weniger direkt, mit dem Irakkrieg. Das nachgemalte offizielle Regierungsfoto der USA wird ergänzt um ein Zitat aus einer Arbeit von Roy Lichtenstein ("As I opened fire, I knew why Tex hadn't bust me / if he had / the enemy would have been warned that my ship was below them") und einem Portrait von Anne Frank. Bachmann und Banz kombinieren in ihrer Arbeit kunsthistorische, gesellschaftspolitische und mediale Aspekte, was eine vielschichtige Interpretation der Arbeit erlaubt.


Auch Patricia Bucher (*1976, lebt in Zürich) ist eine Archivarin von Eindrücken des täglichen Lebens. Sie sammelt seltsame persönliche Begegnungen, merkwürdige Bilder aus Zeitungen oder, wie in dieser Ausstellung, Textfragmente aus Pop Songs. Scheinbar unbekümmert und ohne grosse Absichten zeichnet Bucher mit Leuchtstift auf Papier Texte wie "some will have more cash than you / always take a different view," oder "and if i don't and if i do / the day has cooled, the time will too", und überzieht diese schliesslich mit Scotch Tape, was ihnen nicht nur etwas objekthaftes, sondern auch den Anschein von Permanenz verleiht.


Dagmar Heppner (*1977, lebt in Basel) zeichnet Logos der grossen Hollywood Studios wie Universal, Columbia oder Paramount mit Farbstift und Bleistift nach, jener Superbrands also, welche mit Fiktionen Realitäten schaffen. Doch während die Originalbrands vor Kraft strotzen, wirken Heppners Zeichnungen verletzlich und geradezu liebevoll. Heppners Zeichnungen sind keine Konfrontation mit der Macht, welche die Hollywood Studios über unsere Träume haben. Vielmehr werden die Logos durch Heppner auf eine sanfte Art neu interpretiert.


Ausstellungsdauer: 10.11. - 18.12.2004
Oeffnungszeiten: Mi-Fr 14 - 18 Uhr, Sa 12 - 16 Uhr


Galerie Staub (g*fzk!)
Rotwandstrasse 39 (im Hof)
8004 Zürich
Telefon 01 240 30 55
Fax 01 240 30 56
Email rolfstaub@staubgfzk.com

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