© Costa Vece

Costa Vece: it always rains on sundays, 2005


FAMILY You, Me and the Trajectories of a Post-Everything Era (Part II)

Peter Aerschmann
, Heba Farid, Hassan Khan, Hadil Nazmy, Elodie Pong, Costa Vece


Das PROGR_Zentrum für Kulturproduktion in Bern präsentiert das Folgeprojekt einer Ausstellung, welche im Dezember 2005 im ACAF/ Alexandria Contemporary Arts Forum, einem unabhängigen Kunstraum in Alexandria, realisiert wurde.


In diesem, von den ägyptischen KuratorInnen Bassam El-Baroni und Mona Marzouk (ACAF/Alexandria Contemporary Arts Forum) initierten und kuratierten Projekt geht es um den Status der mikro-sozialen Struktur der Familie im Spannungsfeld zwischen der Tradition, der aktuellen Gesellschaftspolitik und der Bildung von individuellen Identitäten.


Die sechs KünstlerInnen Peter Aerschmann (CH), Heba Farid (EG), Hassan Khan (EG), Hadil Nazmy (EG), Elodie Pong (CH) und Costa Vece (CH) wurden für drei Wochen nach Alexandria eingeladen, um hier eine Arbeit zu realisieren, welche eine persönliche Perspektive auf die heutige Familienstruktur eröffnet. Einige der Arbeiten wurden für die Ausstellung in Bern neu konzipiert. Hassan Khans Performance wurde speziell für Bern entwickelt.


Mit dem Auflösen der klassischen Familienstrukturen ist das menschliche Grundbedürfnis an Zugehörigkeit nicht verschwunden. Ganz im Gegenteil. Clubs, Trendsetter und Fangemeinschaften gewinnen immer mehr Terrain - heute scheint sich jeder seine eigene Familie zu wählen. Das Spannungsfeld zwischen Verbindlichkeiten und individueller Gestaltung des Lebensumfeldes und die "neue" Suche nach Identität und Intimität stellt ein brisantes Thema dar.


Die Ausstellung "FAMILY You, Me and The Trajectories of a Post-Everything Era (Part II)" wurde initiiert und kuratiert vom ägyptischen Kuratorenteam Mona Marzouk und Bassam el-Baroni und im Dezember 2005 erstmal in der ACAF/ Alexandria Contemporary Arts Forum gezeigt. Die drei Schweizer und drei ägyptischen KünstlerInnen nähern sich dem Phänomen der Familie sehr unterschiedlich:


Der Zürcher Künstler Costa Vece (1969, Herisau) interessiert sich in seiner Arbeit besonders für sozialpolitische Strukturen und Muster und sieht in der Familie vor allem eine ökonomische Einheit. Er stellt ein Büro der Western Unions nach - weltweit die erste Adresse für diejenigen, die ihre Verdienste ins Ausland schicken wollen oder die die darauf Ersparnisse der Verwandtschaft ins Ausland im Empfang nehmen.


Als Kind einer Emigrantenfamilie wuchs die Künstlerin Heba Farid (1966, Cairo) auf im Spannungsfeld zwischen Identitätsverlust und dem Versuch, an traditionellen Werten festzuhalten. In ihrer Arbeit erforscht sie das Familienarchiv und versucht mittels der Rekonstruktion der Vergangenheit ihre eigene Gegenwart zu erkennen.


Elodie Pong (1970, Boston/USA) entwickelte in den drei Wochen ihres Aufenthaltes die Arbeit "Sincerely Yours From Alexandria". Hierfür hat sie sich an zwei Tagen mit drei ihr unbekannten Personen aus Alexandria getroffen. Bei dieser Gelegenheit durften diese Personen der Künstlerin uneingeschränkt Fragen stellen. Beim zweiten Treffen werden sie gebeten, über diese Begegnung zu berichten. Obwohl diese Begegnungen als kurzlebige Momente angelegt wurden, vibrieren die Textfragmente mit einer ungekannten Intimität. Diese Reflexion über Fremdheit und Intimität wird im Video von einem einzigen Bild untermalt: ein traditioneller Trausaal im Festlicht - parat für das Ritual, aber noch menschenleer.


© Peter Aerschmann

Peter Aerschmann: rooftop, 2005


Peter Aerschmann (1969, Fribourg / Atelierkünstler PROGR) fasziniert das Verhalten der Menschen in sozialen Räumen. In Alexandria fallen ihm sofort die zum Lebensraum ausgebauten Dächer auf. In der Arbeit "rooftop" schildert er das Bild einer urbanen Landschaft hoch über den Boden, das zum Treffpunkt von verschiedenen Generationen wird. In der Ausstellung sind zwei weiteren neuen Arbeiten zu sehen, die ebenfalls in Alexandria entstanden sind.


"Abdelsemea" ist der Name eines Theaterstudenten in Kairo, dem eine grosse Karriere als Schauspieler vorschwebt. Die Filmerin und Fotografin Hadil Nazmy (1977, Alexandria) verfolgte Abdelsemea einen Tag lang mit der Kamera und schuf ein Porträt eines jungen Lebens in einer Stadt, das dauernd in Bewegung ist und einer Gesellschaft, die sich zwischen Tradition und Modernisierung zu positionieren versucht.


Extra für die Ausstellung in Bern entwickelte Hassan Khan (1975, Kairo) eine neue Performance: "Nine notes on source process and product (text as exhibition / exhibition as talk / talk as concert". In dem, für Khans Arbeit typischen Mixed Media Format sind Videobilder eines Leihenschauspielers, abstrakt-geometrische Formen, ein einfaches Radiohörspiel basierend auf Texten von Foucault, live Musik und ein gedruckter und geschriebener Text nur einige der Mittel, welche der Künstler einsetzt um sein Statement zum hochbeladenen Term "Family" Kunde zu tun.


Kuratiert von Bassam el-Baroni, Mona Marzouk, ACAF Alexandria
Projektorganisation: Katrien Reist, PROGR Bern


Text: Katrien Reist


Ausstellungsdauer 6. - 28.10.2006

Oeffnungszeiten Di 14 - 20 Uhr, Mi-Sa 14 - 17 Uhr


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