© Fazal Sheikh

Fazal Sheikh

Wenn zwei Stiere kämpfen,
bricht sich das Kalb sein Bein


(Im Rahmen der Ausstellung Wald/Explosionen)

Der amerikanische Fotograf und Autor Fazal Sheikh (1965 geboren, lebt und arbeitet in Zürich und New York) zeigt in der Zürcher Wasserkirche eine fotografische Installation mit Bildern aus seinem Buch "The Victor Weeps - Afghanistan" ("Der Gewinner weint - Afghanistan", erschienen 1998 im Scalo Verlag, Zürich-Berlin-New York). Diese eindrücklichen Bilder in einer eigens für das Kirchenschiff enstandenen Installation auszustellen, stellt eine besondere Herausforderung an den Künstler dar und wird dem Publikum hoffentlich zu einem eindringlichen Erlebnis verhelfen.

Fazal Sheikhs Fotografien entstanden auf mehreren Reisen, die der Sohn einer amerikanischen Mutter und eines kenianischen Vaters auf der Suche nach seinen eigenen Wurzeln unternommen hat: Er ging der Geschichte seines Grossvaters nach, dessen Namensvetter er ist und der 1912 aus dem heutigen Nordpakistan nach Kenia ausgewandert war. Beim Besuch des Geburtsorts seines Grossvaters traf er auf andere von der Emigration geprägte Menschen, die den Fotografen in ihren Bann zogen: afghanische Flüchtlinge, die aus ihrer kriegszerrütteten Heimat nach Nordpakistan geflohen waren. In seiner persönlichen Auseinandersetzung mit den Flüchtlingen, die im Buch in Textpassagen ausführlich selber zu Wort kommen, entstand ein bewegendes Porträt eines Landes, das jahrelang unter Gewalt und Unterdrückung zu leiden hatte, angefangen mit der sowjetischen Invasion 1979 bis hin zur heutigen Regierung der Taliban und dem neuerlichen Krieg, den die Amerikaner als Reaktion auf die Terrorangriffe vom 11. September ins Land getragen haben.

Verlust und Trauer haben sich - stumm und sprechend zugleich - in die Gesichter der Flüchtlinge eingeschrieben. In der Wasserkirche wird man im besonderen Kinderbildnissen begegnen: Kindern, die in ihren jungen Jahren Schreckliches mit ansehen mussten, und die doch noch eine lange Lebenszeit vor sich haben werden. Bilder an der Schnittstelle zwischen einer grauenvollen Vergangenheit, dem Versuch einer würdevollen Gegenwart und einer Zukunft voller Fragen. Fotografien der völlig zerstörten Hauptstadt Kabul, einige Monate bevor sie 1996 von den Taliban eingenommen wurde, lassen das Schicksal der Flüchtlinge in einem noch tragischeren Licht erscheinen, da ihre Heimat sowohl zerstört ist, als auch von einem Regime kontrolliert wird, dem sich unterzuordnen nicht alle gewillt sind. Und nun, fünf Jahre nach der Entstehung dieser Fotografien, droht den Flüchtlingen mit den amerikanischen Angriffen eine neuerliche Katastrophe.

Diese Ausstellung findet im Rahmen von "The International Human Rights Series" statt, einer von Fazal Sheikh initiierten Reihe von Projekten, welche die Absicht verfolgen, auf neuen Wegen das Bewusstsein für den Zustand der Menschenrechte zu schärfen. Mit Hilfe der Winterthurer Volkart Stiftung und des Steidl Verlags, Göttingen, ist eine Broschüre mit Bildern von Fazal Sheikh und dem Brief einer afghanischen Flüchtlingsfrau entstanden, die in grosser Auflage gratis verteilt wird. In derselben Reihe sind kürzlich zwei neue Bücher von Fazal Sheikh erschienen, die sich mit dem Leben von somalischen Flüchtlingsfrauen beschäftigen: "A Camel for the Son" und "Ramadan Moon".

Fazal Sheikhs Installation in der Wasserkirche ist Teil der Ausstellung "Wald/Explosionen", die im Helmhaus stattfindet und an der Sheikh mit einer zusätzlichen Arbeit beteiligt ist. Diese Ausstellung befasst sich mit Gegensätzen und (heimlichen) Gemeinsamkeiten dieser beiden auf den ersten Blick so unterschiedlichen Themen von Wald und Explosionen. Sheikhs Beitrag dazu ist sowohl metaphorisch zu verstehen, in dem Sinne, dass ein unvorhersehbares Ereignis plötzlich in die Ruhe des Lebens einschlägt, als auch konkret, indem die Folgen von Bomben- und Minenexplosionen an Menschen, Häusern und Landschaft und im Ausdruck der Gesichter eindringlich festgehalten werden.

Die Ausstellung soll anschliessend im Rahmen der Jubiläumsveranstaltungen der Firma Volkart und der Volkart Stiftung in Winterthur gezeigt werden. Die Website www.fazalsheikh.org gibt Auskunft über die Projekte und erlaubt eine Online-Bestellung der Bücher. Der Erlös kommt humanitären Projekten zu Gute.

(Simon Maurer, Kurator)
Präsidialdepartement der Stadt Zürich

Ausstellungsdauer: 1.12.2001 - 20.1.2002
Oeffnungszeiten: Di-So 10-18 Uhr, Do 10-20 Uhr

Helmhaus Zürich
Limmatquai 31
8001 Zürich
Telefon 01 251 61 77
Fax 01 261 56 72

www.helmhaus.org


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