© Federica Gärtner


Federica Gärtner
GIFT



In ihrer, für die Kunsthalle Winterthur konzipierten multimedialen Installation "GIFT" zieht Federica Gärtner (1949 in Luzern geboren, lebt in Zürich) alle Register. Die Ansprache ihrer Arbeit ist direkter und sinnlicher geworden. Das will nicht heissen, dass ihre Werke damit auch leichter zugänglich und gefälliger erscheinen. Im Gegenteil: die Strategien der Verunsicherung – die schon immer in ihrem Werk angelegt waren – sind nun noch differenzierter und komplexer geworden, haben eine Steigerung erfahren.


Nach Ausstellungen im Kunstmuseum Luzern und in der Kornschütte in Luzern haben die grossen Räume der Kunsthalle Winterthur Federica Gärtner erneut zu Bildlösungen herausgefordert, welche den Dimensionen des Ausstellungsortes entsprechen.


Alles ist eine Frage des Dosierung - gibt uns die Künstlerin zu verstehen. Gift in homeopathischen Dosen eingesetzt, kann für den Kranken eine heilsame Gabe sein. Ein Zuviel auch der besten Dinge indessen kann schädlich wirken. Wo aber verläuft die Grenze zwischen den Polen? Federica Gärtner verweigert eine eindeutige Antwort. Die eine Ebene ist in der anderen mitenthalten. Die Fotografien von verwesenden, verfallenden Früchten oder von einem wimmelnden Insektenhaufen wirken aus Distanz betrachtet wie eine harmonische Komposition aus schön akkordierten Farben. Erst wenn man näher tritt und das Geschaute zu bezeichnen vermag, kippt der Eindruck. Umgekehrt wirken andere Arbeiten aufs erste verstörend, erweisen sich aber nach genauer Betrachtung als harmlos, ja ansprechend in ihrer Aussage.


In einer im installativen Kontext verstandenen Videoarbeit zeigt sich auf kleinem Screen nichts weiter als ein Mund. Zwischen den leicht geöffneten Lippen rollt eine rote Kugel hin und her. Der rote Mund, der Kussmund, ein erotisches, von der Werbung längst vereinnahmtes Signal erfährt durch seine fragmentarische Verabsolutierung eine Steigerung ins beinahe Groteske. Der Mund hat je nach Blickwinkel etwas Vegetabiles, Animalisches oder Menschliches an sich.


Die Eindrücke vor Federica Gärtners Arbeiten sprengen die Seherfahrung und weiten sich in Zonen des Vor- und Unbewussten. Sie verdichten sich atmosphärisch, erlauben aber auch auf der sinnlichen, emotionalen Ebene keine Eindeutigkeit: erinnern die ersten Schritte einer Arbeit an eine Laborsituation, innerhalb derer die Künstlerin Experimente anstellt, gewährt sie den eingesetzten Dingen und Stoffen im weiteren Verlauf der Werkentstehung das Recht zu eigengesetzlichen Veränderungen.


Text: Angelika Affentranger-Kirchrath


Zur Ausstellung erscheint die Publikation "GIFT" in der edition fink.


Ausstellungsdauer: 7.9. - 1.11.2003
Oeffnungszeiten: Di-Fr 14 - 17 Uhr,
Sa 10 - 12 Uhr/14 - 16 Uhr, So 14 - 16 Uhr


Kunsthalle
Marktgasse 25
8400 Winterthur
Telefon 052 267 51 32

www.likeyou.com/federicagaertner