Fleur du mal
Videopreis Boswil


Rolf Beck, Teresa Chen, Yan Duyvendak, Sonja Feldmeier, Thomas Galler, Carl Leyel, Tatjana Marusic, Barbara Meyer Cesta, Anina Schenker, Doris Schmid, Roland Schmid, Rudolf Steiner, Cornelia Mattich


Teilnehmeberechtigt am Wettbewerb waren alle in der Schweiz wohnhaften Künstlerinnen und Künstler mit der Eingabe einer neueren Videoarbeit, die nicht länger als 15 Minuten und für die Präsentation auf einem Singlescreen geeignet sein sollte. Aus den 49 eingesandten Beiträgen wählte eine Vorjury 13 für die Endausscheidung aus, sie werden am 10. Mai 2003 in der alten Kirche gezeigt. Die Fachjury, gebildet von Eva Keller (Daros Collection, Zürich), Sarah Zürcher (Fri-Art, Fribourg) und Beat Wismer (Aargauer Kunsthaus, Aarau) ermittelt an der Veranstaltung das Siegervideo, es wird mit einem Preis von SFr. 4000.- ausgezeichnet. Als Neuerung wird neu ein Publikumspreis in der Höhe von SFr. 1000.- vergeben.

Der Titel des zweiten Videopreis Boswil lautet "fleur du mal". Baudelaires Gedichte "Les fleurs du mal" stehen stellvertretend für einen Topos in Kunst und Gesellschaft, der die Nachbarschaft von Schönheit und Verkommenheit, Tugend und Sünde, Oberfläche und Abgrund zum Thema hat. Nicht nur auf ein schieres Nebeneinander von Gut und Böse wird darin fokusiert, sondern auf Situationen, in denen das höchste Gute ins höchste Böse kippt und umgekehrt. Die Attraktivität des Bösen, des Unerlaubten, des Unterbewussten bis hin zum Verbrechen öffnet ein weites Feld, mit dem sich die bildende Kunst immer wieder gern beschäftigt. Dies kann eigentlich kaum überraschen, denn einerseits arbeitet man hier naturgemäss mit (wahrnehmbarer) Oberfläche, andererseits sind hier Dinge möglich, die in der Realität verboten, unmoralisch oder sogar gesetzeswidrig wären. Ebenso wie vom Bösen eine ungeheure Faszination ausgeht, so kann das Schöne und Attraktive auch plötzlich ins Ekelhafte umschlagen: In der Obsession für Schönheit liegt etwas Hässliches, denn bedingungslose Hingabe bedeutet zwingenderweise den Verlust von Distanz, Kritik und Freiheit. Hingabe kann zu Verfall und Auslieferung führen, zu Versklavung und mitunter masochistischer Duldsamkeit.

Kunsthistorisch gesehen dienten Blumen immer wieder gern als Platzhalter für die Liebe, gleichzeitig jedoch auch als Vanitassymbole. Und mit den Blumen des Bösen verbinden sich in Übereinstimmung mit einer langen Tradition Themenbereiche wie Drogenrausch und –abhängigkeit, sexuelle Anziehung oder Fetischismus.

Die Vielfalt der thematisch möglichen Aspekte spiegelt sich in den 13 Beiträgen der Endrunde wider. Wer denkt, das Programm werde vor allem von sündhaft schönen Blumen und Blüten getragen, der wird (abgesehen von Carl Leyels bestechend naivem Beitrag!) überrascht sein: Das Unheimliche (Roland Schmid) ist ebenso präsent wie das Morbide (Tatjana Marusic, Anina Schenker, Doris Schmid, Rolf Beck), sexuelle Anspielungen schwingen entweder assoziativ (Barbara Meyer Cesta, Cornelia Mattich, Sonja Feldmeier) oder sehr direkt mit (Teresa Chen). In anderen Arbeiten wird schliesslich deutlich, wie sehr die zeitgenössische Kunst immer auch vom aktuellen Tagesgeschehen geprägt wird: Die aktuelle Wildwestmentalität der Amerikaner (Thomas Galler) taucht ebenso auf wie die Schönheit medial inszenierter Politik (Yan Duyvendak) oder aber realer physischer Gewalt (Rudolf Steiner).


Oliver Kielmayer


Endausscheidung und Preisübergabe: 10.5.2003, 20 Uhr


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