© Max Grüter

Max Grüter:
Vorrichtung "Crash-Test für Lieblingsgegenstände"


Friendly Fire

Roman Signer
(CH), Euan MacDonald (GB/USA), Stefan Demary (D), Ben Morieson (AUS), Max Grüter (CH)


"Friendly Fire", ein Begriff aus der Sprache des Militärs, meint die versehentliche Unterbeschussnahme von Truppenteilen durch eigene Einheiten. Der Begriff hat, wie "Kollateralschaden", die Eigenschaft, zugleich euphemistisch und zynisch zu sein. Als solcher taugt er in hervorragender Weise dazu, gewisse kaum mehr verständliche, paradoxe Verhältnisse unter einem Schlagwort zu subsumieren.

Es geht um eine Entwicklung hin zu einer technischen Perfektion, die, neben den Möglichkeiten ihres Erfolges, die Potenz zum vollständigen Desaster mitproduziert; es geht um Paradoxien, Absurditäten, in die wir uns verstricken im Bemühen, alles richtig und perfekt zu gestalten und zu organisieren; es geht um den Aufwand, mit dem wir Null-Ergebnisse produzieren; um das Prinzip der Verschwendung und Verausgabung; es geht um grauenhafte Fehlentwicklungen, die wir nie mitbedacht haben, als wir das Gute planten, das sich ins Gegenteil verkehrt. Es geht um eine gewisse Palette der Paradoxien, Fehlleistungen und Verbohrtheiten, um ein Gelächter angesichts des Absurden und um ein erschrecktes, vom Grauen verursachtes Verstummen.

Stefan Demarys Installation mit 73 Radiorecordern, die alle sehr laut denselben Sender spielen, nimmt Bezug auf Probleme der Universalisierung/Hegemonialisierung von Informationssystemen und der durch sie transportierten Inhalte. Max Grüters Maschine, die alleine dazu dient, Lieblingsgegenstände der Besucher gegen die Wand zu schleudern, um ihre Materialfestigkeit zu testen, ist eine offene Aufforderung dazu, dasjenige zu zerstören, das einem am liebsten ist.

Von Euan MacDonald werden zwei Videos und Zeichnungen zu sehen sein. Die Flugzeugzeichnungen fordern wie die digital manipulierte Aufnahme eines Flugzeugs durch die Anthropomorphisierung des Gegenstandes eine Empathie heraus, die gemeinhin dem lebenden Wesen vorenthalten ist. In seinem Video "Brakestand" zeigt Macdonald ein Auto, dessen Fahrer bei angezogenen Bremsen Vollgas gibt, bis sich die Reifen in Qualm und durchdringendem Lärm von den Felgen lösen. Durch gleichzeitige Ausnutzung zweier Möglichkeiten, die ihm die Technik bietet, und höchsten Energieaufwand, produziert Macdonald ein Null-Ergebnis. Ähnlich verhält es sich bei dem Video "Burnout" von Ben Morieson, das eine Performance mit sieben Autos in den Docklands von Melbourne dokumentiert. Die visuelle und akustische Effizienz, mit der die Wagen durch Reifenspuren eine Zeichnung auf dem Asphalt hinterließen, kontrastiert mit der offenkundigen Sinnlosigkeit und Absurdität des Ereignisses.

Von Roman Signer zeigen wir drei Videos: "Vier Stühle", "In einer Kiste schweben" und "Zelt", das eigens für die Ausstellung produziert wurde. "Vier Stühle" und "Zelt" dokumentieren zwei Sprengungen, die eine scheinbar idyllische und friedliche Situation urplötzlich in eine Szenerie des Desasters verwandeln. In einer Kiste schweben zeigt einen von aussen gefilmten und gesteuerten Modellhubschrauber, der in einer Holzkiste gestartet wird und, nachdem die Rotoren versehentlich die Wand touchiert haben, ausser Kontrolle gerät, lärmend und rauchend sich selbst zerstört, bis der Treibstoff zu Ende ist. Auch hier findet, wie bei MacDonald, eine Analogisierung von Maschine und Kreatur statt. Unfreiwillig wird der Betrachter zum Zeugen eines qualvollen Todeskampfes als Resultat einer von vornherein absurden Ausgangskonstellation.


Kurator: Leonhard Emmerling (D)


Ausstellungsdauer: 17.5. - 21.6.2003
Oeffnungszeiten: Do-Sa 16 - 19 Uhr


Shed im Eisenwerk
Raum für zeitgenössisches Kunstschaffen
Industriestrasse 23
8500 Frauenfeld
Telefon 052 728 89 20
Sekretariat: fabian.shed@bluewin.ch (Fabian Scherrer)

www.shedimeisenwerk.ch