© Eberhard Havekost

Eberhard Havekost: Dresden 3 (2/4), 2003
Öl auf Leinwand, 60 x 40 cm
Geschenk der Stadt Wolfsburg


Generation X
Junge Kunst aus der Sammlung

Franz Ackermann
, Richard Billingham, Torben Giehler, Eberhard Havekost, Damien Hirst, Gary Hume, Christian Jankowski, Michel Majerus, Sarah Morris, Manfred Pernice, Elizabeth Peyton, Daniel Pflumm, Neo Rauch, Tobias Rehberger


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Noch vor Eröffnung des Museums wurde 1992 die Bipolarität von Sammlung und Ausstellung als zentraler Aspekt der Museumskonzeption festgeschrieben. Neben der Organisation einer Vielzahl von Ausstellungen stellte das Kunstmuseum das Wachsen seiner Sammlung regelmässig in der Ausstellungsreihe "Tuning up #1-5" vor und setzte die Reihe der Sammlungsausstellungen seit 1999 mit der Reihe der "Updates" fort, die allerdings auch schon explizit thematisch ausgerichtet wurden. Seit dem zehnten Geburtstag ging das Kunstmuseum dazu über, aus dem reichhaltigen Fundus seiner Arbeiten thematische Ausstellungen zu konzipieren und die Sammlung zuweilen noch um Leihgaben der Künstler zu ergänzen.


Die Präsentation von Werken der Sammlung unter dem Titel "Generation X: Junge Kunst aus der Sammlung", ergänzt um einige Leihgaben, thematisiert die Frage nach einer Generationszugehörigkeit von Künstlern. Das Buch des kanadischen Autors Douglas Coupland mit dem Titel "Generation X" war nach seinem Erscheinen im Herbst 1994 rasch zu einem Kultbuch avanciert. Sein Roman über die "erste amerikanische Absteigergeneration" erregte Aufsehen und der Titel entwickelte sich zu einem soziologischen Terminus Technicus. Kritiker lobten die Geschichte über junge Erwachsene, die ihr "kleines Leben an der Peripherie leben", als "definitiven Roman über die verlorene Generation der neunziger Jahre", über "jene Leute mit zu vielen Fernsehern und zu wenig Arbeit".


Das Werk von Manfred Pernice "1a - Dosenfeld '00" (2000) bildet den Auftakt der Ausstellung. Es hebt sich von den Hochglanzarbeiten seiner Zeitgenossen vor allem durch seinen spröden und unfertigen Charakter ab. Zunächst scheint es auf vertraute Utensilien - vor allem Behältnisse verschiedener Art - abzuzielen, untergraben wird diese Vertrautheit jedoch bei näherem Hinschauen durch die Rohheit bzw. das Fragmentarische ihrer Verarbeitung. Sein Dosenfeld erscheint als Baustelle und ist doch klar umrissen: So verunsichert es den Betrachter, da es zunächst keinerlei Sinn zu stiften scheint.


Der luxemburgische Maler Michel Majerus, der im Jahr 2001 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, wird in diesem Jahr durch eine Retrospektive geehrt, die in Graz, Amsterdam sowie in Teilen in Hannover und Hamburg zu sehen ist. Das Kunstmuseum hat ein substantielles Werk seiner Sammlung für die Retrospektive zur Verfügung gestellt und präsentiert in Ergänzung des Ölgemäldes "What looks good today may not look good tomorrow" drei installative Arbeiten aus den Jahren 1997 bis 1999 als Leihgabe seiner Nachlassverwalter.


Elizabeth Peyton, deren Werke im Kunstmuseum 1998 in einer Einzelausstellung zu sehen waren, ist mit einer Werkgruppe vertreten. Die junge amerikanische Malerin entdeckt am Ende des Zwanzigsten Jahrhunderts wieder traditionelle künstlerische Ausdrucksweisen und füllt diese mit persönlichen, zeitgemässen Inhalten. Ausgehend von aus Magazinen ausgeschnittenen, aber auch selbst gemachten Fotografien, entstehen ihre zarten Ölbilder.


Malerei im Hochglanzlack und rhythmisch pulsierende Filme über die Vorgänge in den Metropolen sind das grosse Thema der amerikanischen Künstlerin Sarah Morris. Das Kunstmuseum zeigt ihre Filmarbeit "AM/PM" (1999), die sich der "Magic City" Las Vegas widmet, sowie eines ihrer Lackrasterbilder.


Der Künstler Eberhard Havekost befasst sich in seinen Bildern mit der menschlichen Wahrnehmung von Alltag, von Nebensächlichkeiten, mit dem flüchtigen, oberflächlichen und auch unbewussten Sehen. Nur schwer ist die Frage zu beantworten, was eigentlich gesehen oder gar wahrgenommen wurde. Havekost fertigt seine Gemälde auf der Grundlage fotografischer Vorlagen an, die er in Schnappschüssen gleich selbst anfertigt und am Computer bearbeitet.


Mit "A Hundred Years" (1990), einer der radikalsten Arbeiten von Damien Hirst (geb. 1965), verweist die Sammlung des Kunstmuseum Wolfsburg auf das Wiedererstarken der britischen Kunst und einen seiner Hauptakteure. Der Glaskörper und seine Aufteilung erinnert an einen Versuchsaufbau, in welchem Fliegen unterschiedlichen Lebensbedingungen ausgesetzt sind und in den zwei Hälften des Gehäuses Nahrung, Schutz oder den Tod finden.


Der 1960 in Leipzig geborene Neo Rauch schöpft aus dem Bilderschatz früherer Zeiten. Anklänge an den Realismus in seiner sozialistischen Variante - sowohl aus der "hohen" Kunst wie auch aus der werblichen Grafik - sind unübersehbar. Den Betrachter erinnern die freundlichen, roboterhaft agierenden Figuren jedoch gleichermassen an Vorbilder aus der amerikanischen Werbebranche der 50er und 60er Jahre. Rauch nutzt das Repertoire der unbewussten und damit latenten Zeichensprache ganz ohne Attitüde, um neue rätselhafte Szenerien zu konstruieren.


Franz Ackermann gehört international zu den exponiertesten Vertretern der zeitgenössischen Malerei. In grossformatigen, teilweise raumgreifenden Gemälden operiert er suggestiv mit der Wahrnehmung der Aussenwelt, ihren assoziationsgeladenen Strukturen, Farben, Formen, Illusionen und Klischees. Das zentrale Erfahrungsmoment in Ackermanns Werk ist das Reisen, welches er in seiner Werkgruppe der so genannten "Mental Maps" behandelt.


Torben Giehler (geb. 1973), der jüngste Künstler in der Sammlung, ist mit zwei grossformatigen Acrylgemälden vertreten. Er lotet die neuen bildnerischen Möglichkeiten zwischen Malerei und digitaler Codierung aus, indem er Freihandzeichnungen von Landschaften oder urbanen Zentren anfertigt, die er anschliessend einscannt und mit Hilfe von Bildbearbeitungsprogrammen am Computer umgestaltet.


Von Richard Billingham folgt eine Serie seiner dokumentarisch anmutenden Familienporträts und Interieurs, die in schonungsloser Offenheit die Tristesse der Lebensumstände seiner Familie darlegen.


Ausgehend von einer Zeitungsmeldung, dass die Scheidungsquote in Wolfsburg nach einer Reduzierung der Arbeitszeit durch ein neues Schichtmodell bei Volkswagen in die Höhe geschnellt sei, begann Christian Jankowski vor Ort eine Recherche. Paare, die sich getrennt hatten, sollten in einer Spielsituation zunächst nach Drehbuch und dann völlig improvisiert, streiten. Pikantes Setting für den partnerschaftlichen Disput in "Create Problems" (1999) war die artifizielle Ausstattung eines Pornostudios. Ergänzt wird diese Arbeit aus der Sammlung durch das humorvolle Video "Zöllner singen" aus dem Jahr 1999, in welchem uniformierte Zöllner aus Italien, Deutschland, Österreich und der Schweiz die Nationalhymnen der jeweiligen Länder singen.


Seit Anfang der 90er Jahre waren in verschiedenen Berliner Clubs und Bars (z.B. Elektro, WMF, Panasonic) Videotapes von Daniel Pflumm (geb. 1968) zu sehen, deren Bilder sich aus dem Motivspeicher der Informationsgesellschaft speisen. Als Vorlage dienen ihm medienvermittelte Bilder (im Fernsehen) oder selbst gemachte Fotografien sowie Logos aus dem Bereich des alltäglichen Konsums. Als Neuzugang der Sammlung zeigt das Museum die Arbeit "Ohne Titel", die mit dem Text "Come down to earth, please" und der von Produkten bekannten Typografie im Gewand eines Werbeslogans daherkommt. Die Werkgruppe des Kunstmuseum Wolfsburg wird auch hier durch eine Reihe von Leihgaben ergänzt.


"Mint White Door VI" aus dem Jahr 1988/89 von Gary Hume (geb. 1962) verweist auf eine Schaffensphase des Künstlers, die eine inhaltliche und formale Nachbarschaft zur Minimal Art und zur Concept Art der Sechziger und Siebziger Jahre offenbart. Das Kunstmuseum Wolfsburg besitzt gleich zwei Werke aus der Serie der "Garden Paintings". Als Motive dienten dem Künstler Abbildungen in Illustrierten, Büchern und eigene Fotografien. Hume zeichnet zunächst die Konturen der Motive auf Acetatfolie nach und projiziert sie mit Hilfe eines Tageslichtprojektors auf die Bildfläche, wo er sie mittels Bleistift fixiert. Auch bei dieser Serie sind die spiegelnden Lackoberflächen, in denen man nur noch vage Spuren der Pinselführung ausmachen kann, wesentliches Charakteristikum seines malerischen Konzeptes.


In die bestehende Ausstellung "Generation X: Junge Kunst aus der Sammlung" wird ab dem 5. November 2005 eine Sonderausstellung von Eberhard Havekost integriert, dessen Werke zur bestehenden und umgebenden Sammlung in Beziehung gesetzt werden.


Die Ausstellung "Generation X" zeigt annähernd 70 Werke von insgesamt 14 Künstlern aus einer Zeitspanne zwischen 1988 bis 2004.


Zur Sammlungsausstellung im Jahr 1999 erschien der vom Kustos der Sammlung, Dr. Holger Broeker, bearbeitete Katalog "Gesammelte Werke 1. Zeitgenössische Kunst seit 1968. Erwerbungen 1993 bis 1999" im Hatje Cantz Verlag.


Ausstellungsdauer: 8.7. - 16.10.2005
Oeffnungszeiten: Di 11 - 20 Uhr, Mi-So 11 - 18 Uhr
Montag geschlossen


Kunstmuseum
Hollerplatz 1
D-38440 Wolfsburg
Telefon +49 (05361) 26690
Fax +49 (05361) 266966
Email info@kunstmuseum-wolfsburg.de

www.kunstmuseum-wolfsburg.de







Generation X
Young Art from the Collection

Franz Ackermann
, Richard Billingham, Torben Giehler, Eberhard Havekost, Damien Hirst, Gary Hume, Christian Jankowski, Michel Majerus, Sarah Morris, Manfred Pernice, Elizabeth Peyton, Daniel Pflumm, Neo Rauch, Tobias Rehberger



In 1992, even before the museum was opened, the bipolar aims of collecting and exhibiting were established as pivotal aspects of the museum's conception. In addition to organizing a large number of temporary exhibitions, the Kunstmuseum presented its expanding collection at regular intervals in the series "Tuning up #1-5", and from 1999 onwards in the "Update" exhibitions, which were also thematic in focus. Since the tenth anniversary of the Kunstmuseum's opening, we have gone over to initiating thematic exhibitions based upon the rich store of works in the collection, supplemented on occasion with loaned works by the selected artists.


The exhibition "Generation X: Young Art from the Collection", which also includes a number of works on loan, addresses the issue of whether artists have a sense of belonging to a particular generation. When it was first published in autumn 1994, "Generation X" - an episodic novel by Canadian author Douglas Coupland - caused a huge sensation. The book about the "first generation of American losers" quickly gained cult status, and the title became both a specialist sociological term and a media buzzword. Critics praised the tale of young adults living their "small life on the periphery" as being the "definitive novel about the lost generation of the 1990s", about "people with too many TVs and not enough work".


The exhibition opens with the piece "1a - Dosenfeld '00" (2000) by Manfred Pernice. It stands out from the high-gloss works of his contemporaries above all due to its rough, unfinished character. On first glance it would appear to refer to familiar utensils (particularly different types of storage containers), however on closer inspection this familiarity is undermined by the rough-hewn materials and fragmentary nature of the finished piece. In some ways Dosenfeld is like a building site, yet at the same time it has clearly defined contours - the viewer is left feeling unsettled by the work's lack of explicit meaning.


A retrospective exhibition is being held this year in honour of the Luxembourgian painter Michel Majerus, who was killed in a plane crash in 2001; the show is being presented in Graz and Amsterdam, and a selection of works will subsequently tour to Hanover and Hamburg. The Kunstmuseum Wolfsburg has loaned a major work from the collection for this retrospective, and therefore now presents, in addition to the oil painting "What looks good today may not look good tomorrow", three installation-based pieces from the period 1997-1999 that have been kindly placed at our disposal by the administrators of the artist's estate.


Elizabeth Peyton, whose work was presented in a one-person exhibition in the Kunstmuseum in 1998, is represented here by a group of paintings. At the end of the twentieth century, this young American artist rediscovered traditional means of artistic expression and began filling them with personal, topical contents. Her delicate oil paintings are based on clippings from magazines as well as photographs she takes herself.


High-gloss painting and rhythmically pulsating films about life in major cities are the main themes of American artist Sarah Morris's oeuvre. The Kunstmuseum presents her film piece "AM/PM" (1999) devoted to the "magic city" of Las Vegas, as well as one of her gloss-painted grid pictures.


Eberhard Havekost creates paintings that deal with human perception of everyday life and apparently insignificant details; he examines our cursory, superficial and also unconscious modes of seeing. It is never easy to say what one sees, let alone perceives. Havekost's paintings are based on photographic source images, captured initially in the form of snapshots and modified using image processing software.


With "A Hundred Years" (1990), one of the most radical works by Damien Hirst (b. 1965), the collection of the Kunstmuseum Wolfsburg highlights the recent resurgence of British art and one of its leading figures. The partitioned glass case resembles an experimental set-up; inside the box flies are exposed to different living conditions: in one half they find food and shelter, in the other they meet their death.


Franz Ackermann ranks among the most prominent international representatives of contemporary painting. His large-format, sometimes even room-sized paintings operate suggestively with our perception of the outside world, its associative structures, colours, forms, illusions and clichés. The key experiential factor in Ackermann's work is travel, a topic he explores in a series of works called "Mental Maps".


Torben Giehler (b. 1973), the youngest artist in the collection, is represented by two large-format paintings in acrylic. Giehler explores the new pictorial possibilities that are opening up between painting and digital coding; first he makes freehand drawings of landscapes or urban centres, then he scans and modifies these drawings with the aid of image processing software.


These are followed by a series of Richard Billingham's documentary-style family portraits and interiors, which provide a brutally frank depiction of the dismal circumstances in which his family lives.


Prompted by a newspaper report that described how the divorce rate in Wolfsburg rose sharply following the introduction of a new shifts system at Volkswagen and subsequent reduction of working hours, Christian Jankowski decided to carry out an on-the-spot investigation. Couples who had separated were asked to argue with each other in a play-acting way, first of all according to a script and then completely improvised. The piquant setting for the couples' disputes in "Create Problems" (1999) was the artificial décor of a porn-film studio. In addition to this work from the collection, the exhibition features the humorous video piece "Zöllner singen" from 1999, which shows uniformed customs officers from Italy, Germany, Austria and Switzerland singing the national anthem of their respective country.


From the early 1990s onwards, videotapes by Daniel Pflumm (b. 1968) were shown in a number of Berlin clubs and bars (including Elektro, WMF and Panasonic). Pflumm's art feeds off motifs from the image bank of the information society; he uses pictures from the media (particularly television) along with his own photographs and logos from the realm of everyday consumerism. As one of the new additions to the collection we are showing "Untitled", which with the phrase "Come down to earth, please" and familiar product-based typography comes across here like an advertising slogan. The works from the Kunstmuseum Wolfsburg collection will be supplemented with several pieces on loan.


"Mint White Door VI" from 1988/89 by Gary Hume (b. 1962) refers to a period of the artist's career that reveals a proximity to the Minimal and Conceptual Art of the 1960s and 70s, both in terms of form and content. The Kunstmuseum Wolfsburg owns two works from the "Garden Paintings" series. The source images for these were pictures from glossy magazines, books and his own photographs. Hume first of all traces the outlines of the motifs onto acetate, then projects them through a daylight projector onto the painting support and redraws the lines in pencil. In this series, the reflective gloss paint surfaces, where one can barely discern traces of the brushstroke, are a key component of his painterly concept.


The exhibition "Generation X: Young Art from the Collection" presents a total of almost 70 works by 14 artists from the period 1988-2004.


From 5 November 2005 onwards a special exhibition of work by Eberhard Havekost will be integrated into the current presentation of "Generation X", placing Havekost's paintings in the context of the existing and surrounding collection.


The catalogue "Gesammelte Werke 1. Zeitgenössische Kunst seit 1968. Erwerbungen 1993 bis 1999", edited by the curator of the collection, Dr. Holger Broeker, was published by Hatje Cantz Verlag to accompany the display of works from the collection in 1999.


Exhibition: 8 July - 16 October 2005
Opening hours: Tues 11 am - 8 pm, Wed-Sun 11 am - 6 pm


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