Figur mit Gewehr, Mbembe, Nigeria, Cross River State
Holz, Reste weisser, schwarzer und roter Bemalung,
Höhe 83,5 cm
Figure with rifle, Mbembe, Nigeria, Cross River State
Wood, rests of white, black and red colour
Height 83,5 cm


Georg Baselitz
Afrika-Sammlung



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Georg Baselitz (*1938 in Deutschbaselitz) nimmt seit vielen Jahren international eine herausragende Position als Maler und Bildhauer ein. Ein grossartiges Beispiel ist dafür die Präsentation zentraler Werke aus unterschiedlichen Schaffensperioden in einem ihm gewidmeten Künstlerraum der Sammlung Moderne Kunst | Pinakothek der Moderne.


Weniger bekannt ist Georg Baselitz als ebenso kenntnisreicher wie leidenschaftlicher Sammler afrikanischer Kunst. Meisterwerke dieser erlesenen Sammlung, die vorher in K 20 Kunstsammlung NRW gezeigt wurde, präsentiert die Pinakothek der Moderne in einer individuellen Ausstellungsarchitektur, die sich auf die architektonischen Besonderheiten der Schauräume bezieht. Vor farbig gestalteten Wänden zeigt die Sammlung Moderne Kunst die einzigartige, für den Künstler Baselitz sehr charakteristische Sammlung afrikanischer Kunst in der Pinakothek der Moderne im Übergang von klassischer Moderne zur Kunst der Gegenwart. Diese Kombination eröffnet reizvolle Dialoge und ungewohnte Perspektiven.


Die Sammlung, deren Ruf weit über die Kreise der Kenner hinausgeht, folgt keinen gängigen Vorlieben oder einer ethnologischen Systematik. Sie spiegelt vielmehr eine Haltung, die auch das Werk von Baselitz selbst prägt: Die ebenso eindringlichen wie höchst sensiblen Stoffpuppen der Bembe und Bwende und die oft rauen, aus unterschiedlichem Material bestehenden Figuren der Teke, die das Zentrum bilden, markieren den Spannungsbogen. Wie in seinem eigenen Oeuvre, scheut Baselitz weder das Risiko der neuen, ungewohnten Form noch den ästhetischen Bruch. Er konzentriert sich vielmehr als Künstler und Sammler auf die Intensität des jeweiligen Werkes.


In ihrer Gesamtheit stellen diese Arbeiten damit das landläufige Sammeln afrikanischer Kunst "auf den Kopf" und zeigen uns ein überraschend anderes Afrika.


"Vollständigkeit" im Sinne einer Belegsammlung strebte Baselitz nicht an; stattdessen baute er Schwerpunkte konsequent aus. Die Ausstellung zeigt daher mehrere einzigartige Spezialsammlungen. Von den insgesamt rund 140 Objekten bilden die Figuren der Teke aus dem Kongo den grössten und bekanntesten Komplex. Am Zustandekommen dieser magischen Objekte hat neben dem Bildhauer der Ritualspezialist (nganga) massgeblichen Anteil, indem er mit zauberkräftigen Substanzen gefüllte Stoff -und Lehmpackungen an den Holzkörpern befestigte.


Die daraus entstehenden "Störungen" einer im herkömmlichen Sinne plastischen Schönlinigkeit mögen Baselitz hier besonders interessiert haben, geht es doch auch in seinem malerischen und bildhauerischen Werk nicht um tradierte Vorstellungen von Proportion, harmonischer Gestaltung und glatten Oberflächenstrukturen.


Das Herzstück der Sammlung bilden – weltweit einmalig – die kostbaren Stoffpuppen der Bwende und Bembe: Ahnenfiguren aus der Republik Kongo, die zum Teil Reliquien beinhalten und die sich durch eine auffällige Gestik auszeichnen. Baselitz interessiert sich darüber hinaus besonders für ostafrikanische Skulptur. So erwarb er zum Beispiel monumentale Grabfiguren aus dem Sudan, aus Äthiopien und Kenia. Diese Grab- oder Memorialfiguren zeichnen sich durch besondere Strenge und Archaik aus.


Ein weiterer Schwerpunkt umfasst Gefässe für Wahrsagung und Schutzzauber aus Zentralafrika. Auch die Gruppe der Nagel- und Spiegel-"Fetische" aus der Region des Unteren Kongo ist bemerkenswert. Darüber hinaus enthält die Sammlung einmalige Spitzenwerke aus den verschiedensten Regionen West- und Zentralafrikas, unter anderem von den Songye, Lengola (Demokratische Rep. Kongo), Mbembe, Igbo (Nigeria) und Fon (Benin).


Baselitz' Interesse gilt primär der Holzfigur, bevorzugt in ihrer monumentalen Ausprägung. Bezeichnenderweise sind Masken, bis auf zwei eher untypische Ausnahmen, nicht vertreten. Er gab einer schroffen Plastizität den Vorzug. Seine Sammlung ist unklassisch und "antiästhetisch". Damit steht sie im Gegensatz zu den durch eine franko-belgische Rezeption geprägten Sammlungen überwiegend westafrikanischer Kunst. Die ostafrikanischen Skulpturen hinterfragen entschieden eine primär "kubistische" Betrachtungsweise afrikanischer Kunst. Baselitz setzt jedoch auch nicht die Tradition der Brücke-Künstler mit ihrer Vorliebe für Werke aus dem Kameruner Grasland fort, die ihrer Vorstellung des Expressiven entsprachen.


Georg Baselitz ist in der Pinakothek der Moderne wie in keinem anderen Museum mit einer sein gesamtes Oeuvre umfassenden, gewichtigen Werkgruppe vertreten. Gemeinsam mit PIN. Freunde der Pinakothek der Moderne konnte nach der ersten grossen Retrospektive des Künstlers 1976 kontinuierlich eine repräsentative Sammlung aufgebaut werden. Die Ausstellung seiner Afrika-Sammlung gibt deshalb nicht nur Gelegenheit, afrikanische Kunst im Kontext der Moderne zu sehen, sondern darüber hinaus Fragen im Werk des Künstlers durch den unmittelbaren Vergleich neu zu gewichten und pointierter zu begreifen.


Ein Projekt von K20 Kunstsammlung Nordrhein Westfalen, Düsseldorf, in Zusammenarbeit mit der Pinakothek der Moderne | Sammlung Moderne Kunst, München, und den Kunstsammlungen Chemnitz.


Kurator: Peter Stepan
Kuratorische Betreuung: Carla Schulz-Hoffmann
Ausstellungsarchitektur: Nina Simonis


Ausstellungsdauer: 25.9. - 16.11.2003
Oeffnungszeiten: Di/Mi/Sa/So 10 - 17 Uhr,
Do/Fr 10 - 20 Uhr
Montag geschlossen


Pinakothek der Moderne
Kunstareal München
Barer Strasse 40
D-80333 München
Telefon +49 (0)89 23805 360

www.pinakothek-der-moderne.de





Georg Baselitz
Africa Collection



Georg Baselitz (*1938 in Deutschbaselitz) has held a top position internationally as painter and sculptor for many years now. Outstanding proof of this can be seen in the presentation of pivotal works from his different creative phases in an artist's space devoted to him in the Sammlung Moderne Kunst (Modern Art Collection) | Pinakothek der Moderne.


A lesser known side of the artist is Georg Baselitz as a passionate and knowledgeable collector of African art. Masterpieces of this fine collection, which were formerly presented in K 20 Kunstsammlung NRW, will be presented in the Pinakothek der Moderne in an individualized exhibition setting that reflects the exceptional architecture of the show areas. The Modern Art Collection will exhibit this extraordinary, for the artist Baselitz very characteristic African art collection, against a backdrop of multi-colored walls in the Pinakothek der Moderne surrounded by works ranging from the modern to the contemporary.


The collection, whose reputation extends far beyond expert circles, does not follow the usual predilections or ethnological classifications. Rather it reflects more an attitude that also shapes Baselitz's own work: The vivid, highly delicate fabric dolls of the Bembe and Bwende and the rough Teke figures fashioned from a variety of materials are of central importance and build a point of contrast. As evinced in his own oeuvre, Baselitz does not avoid the risks that accompany aesthetic breaches or new, curious forms. As artist and collector he concentrates rather on the intensity of each respective work.


Seen as a whole these works turn the usual collecting of African art upside down, thereby revealing a surprisingly different Africa.


Baselitz does not strive for "comprehensiveness" as is often the case in typically representative collections; instead he builds upon central themes. Consequently the exhibition will show several unique collections. The largest and best known complex of the approximately 140 objects are the Teke figures from the Congo. The fashioning of these objects used for magic is not only the work of the sculptor but above all that of a ritual master (nganga) who fastens fabric and mud packs invested with supernatural powers to the wooden forms.


The resulting "disturbances" in the usual sculptural symmetry are easily recognizable as being of particular interest for Baselitz whose own painting and sculpture have little to do with traditional ideas of proportion, harmonic composition and flat surface.


At the heart of the internationally unique collection are the fabric dolls of the Bwende and Bembe: ancestral figures from the Republic of Congo, which partially contain reliquaries and which are strongly stand out due to their remarkable gestures. Moreover, Baselitz's great interest in east African sculpture is evinced, for example, by his acquisition of monumental burial figures from Sudan, Ethiopia and Kenya. These burial or memorial figures attract attention predominantly through their severity and archaic quality.


A further main focus encompasses vessels used for divination and protective magic from central Africa. Also remarkable is the group of nail and mirror "fetish figures" from the Lower Congo region. Furthermore, the collection contains top one-of-a-kind works from the widely divergent regions of west and central Africa, among others from Songye, Lengola (Democratic Republic of Congo), Mbembe, Igbo (Nigeria) and Fon (Benin).


Baselitz's principal interest lies in wooden figurative art and, generally, its interrelation with the monumental. Masks are, with the exception of two rather untypical exceptions, indicatively not represented. The artist prefers coarse plasticity. His collection is non-classical and "anti-aesthetic", placing it in sharp contrast to collections of mostly West African art that are marked by Franco-Belgian partiality. East African sculpture acutely motivates, above all, with a more "cubistic" way of looking at African art. Nevertheless Baselitz is not carrying on the tradition of Brücke artists with their predilection for works from the Cameroon grasslands that matched their expressionist vision.

George Baselitz is represented in no other museum in the world as he is in the Pinakothek der Moderne with an assemblage of work spanning his entire oeuvre. Since the artist's first large retrospective in 1976 a representative collection has been continuously assembled together with PIN. Freunde der Pinakothek der Moderne. The exhibiting of his Africa collection provides therefore not only a chance to look at African art within the context of modern art but also raises new questions and affords a more incisive analysis of the artist's own works through direct comparison.


A project from K20 Kunstsammlung Nordrhein Westfalen, Düsseldorf, in cooperation with the Pinakothek der Moderne / Sammlung Moderne Kunst (Modern Art Collection), Munich, and the Kunstsammlungen Chemnitz.


Curator: Peter Stepan
Curatorial support: Carla Schulz-Hoffmann
Exhibition architecture: Nina Simonis


September 25 - November 16, 2003


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