© Hans Josephsohn


Hans Josephsohn
Zeichnungen und Skulpturen



Die Galerie widmet dem seit über 60 Jahren in Zürich lebenden und arbeitenden Bildhauer Hans Josephsohn (geb. 1920 in Königsberg) die zweite Einzelausstellung. Nach der gross angelegten Retrospektive des Künstlers im Stedelijk Museum Amsterdam (31.5.–11.08.2002) wird der Schwerpunkt dieser Ausstellung auf dem zeichnerischen Oeuvre von Josephsohn liegen, das mit mehreren Skulpturen aus Bronze komplettiert wird.

Die elementare und nach immer neuem Ausdruck suchende Formensprache des Künstlers soll "nach Alberto Giacometti zum Wesentlichsten im Bereich der Figurendarstellung in der Schweizer Kunst" gehören. Dieser Behauptung steht der nahezu weltabgewandte Rückzug des Künstlers in sein Atelier am Zürcher Stadtrand entgegen sowie die Einschätzung so mancher Zeitgenossen, dass es sich bei diesem Werk in Anbetracht gegenwärtiger Kunsttendenzen um ein "unzeitgemässes Schaffen" handle. Ungeachtet öffentlicher Polemiken widmet sich Josephsohn mit unbeirrbarer Konsequenz der Neuerschaffung der menschlichen Figur. Und gerade darin scheint – im Zeichen der Wiederentdeckung des Körpers in der Kunst der Gegenwart – seine Aktualität zu liegen.

Ungeachtet seiner Verpflichtung auf ein traditionelles Medium steht bei Josephsohn nicht die anatomische oder mathematische Wiedergabe im Zentrum des Wirkens. Vielmehr ist es die Reduktion auf abstrakte Formen, die durch ihre schrundigen und rauhen Oberflächen ihre amorphe Figürlichkeit zurückgewinnen. Das bildhauerische Schaffen von Josephsohn wird aufgrund der Flächengliederung und des tektonischen Aufbaus seiner Figuren und Reliefs immer wieder in einen engen Zusammenhang mit der Architektur gestellt. So bildet denn die nahezu archaische Kargheit seiner Skulpturen eine symbiotische Einheit mit dem von Peter Märkli in Giornico (Tessin) gebauten Betonkubus, der das zu Ehren von Josephsohn errichtete Museum La Congiunta beherbergt.

Josephsohn baut seine Skulpturen aus Gips auf, den er im Verlauf des künstlerischen Prozesses mit dem Beil bearbeitet. Die anschliessend in Bronze abgegossenen Figuren und Reliefs signalisieren einerseits den Zustand des Abgeschlossenseins, evozieren aber gleichzeitig das Provisorische und Unfertige. Immer zeugen die unruhigen und brüchigen Oberflächen von dem tastenden Versuch, formale und inhaltliche Vollendung zu erreichen, ohne sie in Materie bannen zu können. Dieses die Bronzeskulpturen in einem labilen Gleichgewicht haltende Verfahren manifestiert sich ebenso in den Zeichnungen. Auch in ihnen artikuliert sich das konstante Ringen um die Formung des Körpers, sein Verhältnis zum Raum, die Spannung von Masse und Oberfläche, von Volumen und fragilen Lineaturen. Obwohl die Figuren in den Zeichnungen auf eine zweidimensionale Fläche reduziert sind, manifestiert sich darin bereits der Übergang vom Bildhaften ins Skulpturale. Ebenso greift der leicht fahrige Duktus der Zeichnungen dem Werkprozess als der Substanz-Werdung der Idee vor. Es entstehen Skulpturen, an deren Oberflächen die Fingerspuren des Künstlers von dem unermüdlichen Bestreben zeugen, der sinnlichen Erscheinung dasjenige abzuringen, was ihre Vergänglichkeit und Partikularität überdauert.


(Text: Birgid Uccia)


Ausstellungsdauer: 26.10.2002 - 18.1.2003
Öffnungszeiten: Di-Fr 12-18 Uhr, Sa 11-16 Uhr
und nach telefonischer Verabredung


Galerie Bob van Orsouw
Löwenbräum-Areal
Limmatstrasse 270
8005 Zürich
Telefon: 01 273 11 00
Fax: 01 273 11 02
E-Mail: mail@bobvanorsouw.ch


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