© Hans Schabus

Astronaut, 2002


Hans Schabus
Astronaut (Komme gleich)



Hans Schabus Arbeiten stehen in unmittelbarer Beziehung zu einem räumlichen Denken und Erleben; oft beziehen sich seine Skulpturen und Interventionen direkt auf das psychische und physische Umfeld des Künstlers, vor allem auf sein Atelier und das hier zu bearbeitende Material. Der Ort, an dem Kunst entsteht, wird auf sein Gleichnispotenzial dem Leben gegenüber untersucht. Die Arbeiten sind als Meditation über den schöpferischen Akt, seinen Anspruch, aber auch die Differenz gegenüber alltäglichem Tun lesbar. Die sich mit Reisen, Geschwindigkeit und nicht zielorientierter Bewegung beschäftigenden Filmarbeiten verweisen auf die Bedeutung einer interdisziplinären Reflexion für Kunst.

Das Ausstellungsprojekt von Hans Schabus in der Secession umfasst mehrere Elemente, die aus verschiedenen Perspektiven kommend Möglichkeiten des "leeren Raums" als skulpturalem Material verhandeln. An der Fassade der Secession, unter der Kuppel, leuchtet in grossen gelben Neonbuchstaben geschrieben das Wort "Astronaut" und verweist auf die Unbegrenztheit des Weltalls im Gegensatz zum umschlossenen Raum.

Innen lässt Schabus den Eingang zum Ausstellungsraum mit einer Mauer verstellen, die im Eingangsraum unverputzt noch Spuren der Arbeit zeigt, während sie auf der anderen Seite als Teil der Wand unsichtbar ist. Den BesucherInnen dient als einziger Eingang in den Hauptraum ein Tunnel, der durch die verzweigten Keller- und Nebenräume der Secession führt. Im Hauptraum hat Schabus massstabsgetreu sein Atelier aus Pappe und Vierkanthölzern nachgebaut. Erst nachdem man das fensterlose Modell des Ateliers verlassen hat, erschliesst sich mit dem Blick von aussen Konstruktion und Positionierung des "Ateliers". Die architektonische Skulptur greift formal das Bodenraster der Secession auf und dringt so quasi von unten in den repräsentativen Raum ein. Es geht Schabus nicht um eine Zurschaustellung seiner Arbeitssituation oder Produktionsstätte, vielmehr spiegelt der Ateliernachbau, als Raum in den Raum gesetzt, den Präsentationskontext des Ausstellungsraums wieder. Ähnlich einer Filmkulisse hat der "leere" Raum dabei mehr Potenzial als Realität.

In den Seitendepots des Hauptraums zeigt Hans Schabus zusätzlich zwei Filme, in denen es um Durchgänge, Passagen und Tunnel geht. In "Western", einem Video, das schon mit grossem Erfolg auf der Manifesta IV in Frankfurt gezeigt wurde, sieht man Schabus in einem kleinen, selbstgebauten Segelboot namens "forlorn" durch die Abwässerkanäle Wiens schippern. Die Bootsreise beginnt im Kanalbereich genau unter der Secession. Seine scheinbar unendliche Reise durch die Kanäle, das Dunkel und den Dreck berührt universale Fragen nach Flucht und Nichtankommen. Schabus referiert mit dieser Arbeit auf Bas Jan Ader, einen holländischen Konzeptkünstler der 70er Jahre, der bei einer Atlantiküberquerung mit einem kleinen Boot spurlos verschwand. "Wie Bas Jan Ader versuche ich, sinnliche, poetische und auch pathetische Projekte zu realisieren". Zugleich bringt das Video den bekannten Film "Der dritte Mann" (Reg. Carol Reed, 1949) in Erinnerung, dessen Schlüsselszene in eben jenem Wiener Kanalsystem spielt.

Das zweite Video, "Astronaut", zeigt, wie der Künstler in seinem Atelier einen Schacht aushebt, um dadurch hinabzusteigen und dann gehetzt durch einen nicht enden wollenden, engen Tunnel zu rennen, um endlich, erschöpft am vorläufigen Ende angekommen, weiterzugraben. Assoziativ mündet er im verzweigten Wiener Kanalsystem, führt dann weiter von unten durch das Tunnelsystem in die Secession und vielleicht ins All.

Der Weg durch die Secession ist von Hans Schabus als Rundweg angelegt und führt nach Tunnel, "Atelier" und Hauptraum schliesslich durch eines der Seitendepots, an der Filmprojektion vorbei, hinunter in den Kreuzraum der Galerie und endet im Putzraum unter der Treppe. Implizit ist hier das Interesse daran, wie sich über einen Wegverlauf eine Erzählung gestalten kann.


Zur Ausstellung erscheint eine zweisprachige Publikation (deutsch/englisch) mit einem Text von Otto von Guericke.


Ausstellungsdauer: 27.2. - 27.4.2003
Oeffnungszeiten: Di-So 10 - 18 Uhr, Do 10 - 20 Uhr


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