© Herbert Weber

kunst des kopierens, 2007
Pigmentdruck auf Büttenpapier
© Herbert Weber
Courtesy Artrepco Gallery Zurich


Herbert Weber
an und aufsichten, nr. 6



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Der entschieden nicht entscheidende Augenblick
"Die Fotografie fesselt den Blick an die Oberfläche. Damit vernebelt sie gewöhnlich das verborgene Wesen, das nur wie ein Licht- und Schattenhauch durch die Züge der Dinge hindurchschimmert." - Franz Kafka (in: Gustav Janouch, "Gespräche mit Kafka", Frankfurt am Main 1977)


"Glück" war oft die Antwort, fragte man Fotografen nach Gründen für das Gelingen ihrer Bilder; sie schienen zur rechten Zeit am rechten Ort gewesen zu sein - ein anachronistisch wirkendes Kriterium, heute, wo jedes denkbare Foto erzeugt werden kann und der glückliche Zufall keine Rolle mehr spielt. Zu Herbert Webers Arbeitsweise gehört das Gespür für den richtigen Augenblick, zugleich aber auch die Kenntlichmachung der Strategien seiner inszenatorisch aufgeladenen Studien. Verbunden ist beides mit jener Poesie, die immer noch eines der charakteristischsten Merkmale seiner Welterkundung und -durchdringung ist.


Eine Tendenz gibt es zu beobachten: Weber hat sich der Natur angenähert und ist ihr immer ferner geworden. Nie, auch nicht in frühen Arbeiten, ging sein Körper in der Umgebung auf, sondern immer schien er Zeichen zu setzen, die wir Zuschauer, manchmal mit Hilfe der Bildtitel, zu enträtseln suchten. Sein System aus Bewegungen, das die Neugierde an der Interaktion von Mensch und Natur lenkte, war Ausdruck vorsichtiger Erkundung und überwältigender Experimentierfreude. Doch mittlerweile wird aus der Landschaft eine künstliche "Kritische Landschaftsplastik", und es tauchen Fremdkörper auf, leere Zettel oder jene Box, die in "Grenzen der Beweisbarkeit" so beleuchtet wird, dass sie zu einem Lichtobjekt zu werden scheint und dadurch jene Leichtigkeit erlangt, die Webers anspielungsreiche, philosophischverschrobene Titel konterkariert.


Dadurch, dass immer wieder sowohl die Ausleuchtung als auch das fotografische Verfahren überhaupt im Bild thematisiert wird, indem sich etwa das Auslöserkabel präzise abzeichnet, entsteht ein unaufdringlicher Hinweis auf die Konstruiertheit der Bilder, die dem Zufall noch immer genügend Raum lässt, um die Fotografien als reflektierte Beglaubigung von Erfahrung gelten zu lassen. Diese Zeugenschaft funktioniert auch ohne die Anwesenheit des Fotografen im Bild. Andere Spuren, Hinweise auf einen Referenten, der das Bildgeschehen bestimmt, gibt es in der surrealen "Erinnerung", in der die realen Schuhe einen Schattenkünstler bekleiden.


Das Zufällige der Bilder folgt stets einer traumwandlerisch präzisen Choreographie, der Zweifel an der Oberfläche manifestiert sich in den nur auf den ersten Blick skurrilen Experimenten, in "Beleuchtung der Vernunft" etwa, in welcher der Fotograf mit Blitz und Stativ vor einer nebulösen Wand steht und vergeblich versucht, "etwas Licht in dieses grosse Grau zu bringen" (H.W.). Wir beobachten ihn bei seinen Auseinandersetzungen mit dem gewählten Medium und einer Welt, der Weber, anders als die meisten Fotografen, nichts entreissen möchte. Als Betrachter findet man sich in der Rolle jenes Freundes wieder, für den auf dem Eingangsbild eine Scharade mit Jackett aufgeführt wird, hinter dem das Gesicht des Fotografen verschwinden kann, weil seine Bildsprache wieder erkennbar ist. Das verborgene Wesen schimmert durch die Züge der Landschaften und Dinge hindurch.


Herbert Weber, geboren 1970, 2000-2005 Studium der Fotografie an der HGK Zürich. Diverse Einzel- und Gruppenausstellungen, u.a. im Fotomuseum Winterthur, in der Neuen Kunsthalle, St. Gallen und in der CoalMine Galerie in Winterthur. Seine Arbeiten sind in verschiedenen Kunstpublikationen abgedruckt, u.a. in "Reale Fantasien" (Merian, Basel 2006) und "Emerging artists" (Sammlung Essl, 2006). 2007 erhielt er einen Werkbeitrag vom Kanton St. Gallen.


Ausstellungsdauer 25.10. - 8.12.2007

Oeffnungszeiten Mi-Fr 14 - 19 Uhr, Sa 13 - 17 Uhr


Galerie Artrepco
Ankerstrasse 24
8004 Zürich
Telefon +41 (0)44 252 08 08
Fax +41 (0)44 252 08 21
Email info@artrepco.com

www.artrepco.com
www.likeyou.com/herbertweber





Herbert Weber
an und aufsichten, nr. 6



The decisive non-decisive moment
"Photography concentrates one's eye on the superficial. For that reason it obscures the hidden life which glimmers through the outlines of things like a play of light and shade." - Franz Kafka (in: Gustav Janouch, "Gespräche mit Kafka", Frankfurt am Main 1977)


"Luck" often was photographers' answers if asked about the success of their pictures; it seemed they were at the right place at the right time - an anachronistic criteria today, when any imaginable photograph can be taken, and not by a fluke. The intuition for the decisive moment is part of Herbert Weber's operation method, but just as much is the indication for the strategies of his scenically charged studies. They both are linked with the poetry - the most characteristic trait of his world exploration and interpenetration.


There is one tendency to be observed: As Weber draws near to nature, he grows away from it. Never, not even in earlier works, did the environment absorb his body; rather did he send out a message that we, the spectators, try to unravel by dint of the captions. His system of motion - directing curiosity at the interaction between human and nature - expresses cautious exploration and overwhelming love for experiments.


Meanwhile, landscape has become an artificial "critical plastic scenery"; foreign objects show up, blank slips of paper; or in "Grenzen der Beweisbarkeit" (Boundaries of provableness) the very box - illuminated and thus transformed into a light object attaining a lightness - undermines Weber's allusive, philosophically quirky caption.


By picking out both the illumination and the photographic method as a central theme in his pictures, for instance by pointing out the release cord, a discrete reference to the pictures' construct is made. It still leaves room for chance to accept Weber's photographs as reflected authentication of experience. This witnessing works also without the photographer's presence in the picture. Other leads, indications of a referee determining the image's incident exist in the surreal recollection, where a shadow artist is endued with real shoes.


The pictures' fortuity always follows a dreamily precise choreography; the doubt on the surface becomes manifest in the experiments that seem bizarre at first sight only; for instance in "Beleuchtung der Vernunft" (Illumination of reason) where the photographer stands in front of a nebulous wall with flash and tripod attempting in vain to bring "some light to this big grey", as Weber puts it. We observe the photographer dealing with the chosen medium and a world from which he, unlike most photographers, doesn't want to snatch anything. The spectator is transformed into the friend for whom, in the initial image, a charade with a jacket is played, behind which the photographer's face may disappear, since the visual language is evident. The hidden being gleams through the scenery's and the objects' lineaments.


Herbert Weber, born in 1970, studied photography at the HGK Zurich from 2000 until 2005. Various solo and group exhibitions, a.o. at the Fotomuseum Winterthur, Neue Kunst Halle, St. Gallen and at the CoalMine Gallery in Winterthur. His work has been published in different art publications a.o. in "Reale Fantasien" (Merian, Basel 2006) and "Emerging artists" (Sammlung Essl, 2006). He received a grant of the canton of St. Gallen in 2007.


Exhibition 25 October - 8 December 2007

Gallery hours Wed-Fri 2 - 9 pm, Sat 1 - 5 pm