© Bas Meermann

Bas Meermann: Mowgly (after Boucher), 1994
Oel auf Leinwand


ich, du, er, sie, es - corporate genders

Martina Minette Dreier, Samira Fansa, Gerrit Justus, Cheryl Joscher, Winja Lutz, Toni Schmale, Bas Meerman, Katharina Mouratidi, Marianne Stoll, Toni Wirthmüller, Veronika Witte, Johannes Zits


Eine Ausstellung zur Geschlechterproblematik aus der Sicht zeitgenössischer KünstlerInnen.


"ich, du, er, sie, es - corporate genders" ist die erste umfangreiche Ausstellung im Rahmen der fünfteiligen Reihe "meeting identities", die in den kommenden Monaten neben Geschlechterfragen auch solche Themen wie Nation, ethnische Herkunft, Glauben, das Zusammenleben der Generationen und das Problem Arbeit/ Arbeitslosigkeit thematisieren wird.


"ich, du, er sie, es - corporate genders" behandelt den zentralen Themenkomplex Geschlecht, Geschlechterdifferenz und geschlechtliche Identität aus dem Blickwinkel zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler. Sie alle setzen sich in ihren Arbeiten kritisch mit jenen Konventionen, Klischees und Rollenbildern auseinander, von denen das Zusammenleben in einer modernen Gesellschaft und deren zentrale Konflikte auch in der Gegenwart noch immer dominiert werden.


Ein grosser Teil der Gemälde, Fotografien und Videoarbeiten der 14 teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler sind sensible Portraits und Beobachtungen von Menschen, deren Lebensrealität ursächlich von ihrer geschlechtlichen Identität und den Auseinandersetzungen mit einer breiten gesellschaftlichen Mehrheit geprägt wird. Im Mittelpunkt stehen sowohl unterschiedlichste Formen der Inszenierung geschlechtlicher Identität und das irritierende Spiel mit kollektiven Erwartungshaltungen durch Persiflage und Travestie, als auch die tägliche Konfrontation mit gesellschaftlichen Vorurteilen und subversive Formen des politischen Widerstands gegen den Mainstream eines binären Geschlechtersystems, das unabhängig von individuellen Lebensentwürfen ausschliesslich zwischen männlich und weiblich differenziert.


Die Arbeiten der KünstlerInnen konzentrieren sich auf unterschiedlichste Gesellschaftsgruppen, deren Alltag und Lebensrealität durch die permanente Auseinandersetzung mit einem traditionellen Geschlechterbild geprägt sind. Seien es im Beitrag von Cheryl Joscher z.B. jene Frauen, deren sozialer Handlungsraum noch immer von den Richtlinien einer männlichen Vorherrschaft begrenzt wird, oder in einer Fotoserie von Katharina Mouratidi solche, denen aufgrund ihrer Brustkrebserkrankung weibliche Identität abgesprochen wird. Aber auch der subversive Umgang mit stereotypen Geschlechterklischees wird in den grossformatigen Gemälden des Niederländers Bas Meerman und in einem mehrteiligen Fotoroman von Winja Lutz und Toni Schmale vorgestellt, in dem sich zwei Menschen bei einer erotischen Begegnung jeglicher Rollenfestlegung verweigern und permanent zwischen den Geschlechtern wechseln.


Neben solcher unmittelbaren Kritik an gesellschaftlichen Verhältnissen, wie sie u.a. die Dokumentation der politischen Arbeit des Transgenders Samira Fansa vorstellt, geht es dagegen in der Fotoinstallation von Jens Schünemann um die jugendliche Suche nach sexueller Identität, im Video des kanadischen Künstlers Johannes Zits um männlichen Schönheitskult und Body-Shaping bzw. in der Arbeit der Berlinerin Veronika Witte um die psychischen Konsequenzen der modernen Gen-Technologie auf das Individuum.


Neben Sextourismus und AIDS, wie sie bei dem thailändischen Filmemacher Michael Shawanasai thematisiert werden, setzen sich die grossformatigen Malereien von Gerrit Justus mit kunsthistorischen Traditionen männlicher Aktdarstellungen auseinander und hinterfragen die subtilen Transgender-Portraits der Berliner Realistin Martina Minette Dreier die geschlechtliche Authentizität klassischer Formate.


Im Rahmen der Ausstellung wird ein umfangreiches Veranstaltungs-programm aus Vorträgen, Filmen und Performances einzelne Aspekte des Themenkomplexes vertiefen und Berliner Projekten, die zu spezifischen Schwerpunkten arbeiten, die Möglichkeit bieten, die eigenen Aktivitäten vorzustellen. Geplant sind neben Performances von Marianne Stoll, Toni Wirthmüller und Cheryl Joscher, auch ein Filmabend, der sich der antipatriarchalen Gesellschaft im vorkolonialen Hawaii widmet, sowie u.a. weitere Präsentationen von village e.V., einem Wohnprojekt für alte Lesben und Schwule, und Goldrausch e.V., einem Qualifizierungsprojekt für bildende Künstlerinnen.


Konzeption der Ausstellung & künstlerische Leitung:
Ralf F. Hartmann


Die Ausstellung wird gefördert durch die Botschaft von Kanada.


Ausstellungsdauer: 23.10. - 27.11.2004
Oeffnungszeiten: Di-Sa 14 - 19 Uhr


Galerie Nord / Kunstverein Tiergarten
Turmstrasse 75 (EG)
D-10551 Berlin
Telefon +49 30 2009 33453
Fax +49 30 2009 33457

www.kulturamt-mitte.de