© Sabina Lang und Daniel Baumann

Sabina Lang und Daniel Baumann: Perfect 1
Wandinstallation


ITSY BITSY

Sabina Lang/Daniel Baumann
, Suresh Kumar, Ursula Palla, Ursula Rutishauser, Markus Schwander, Vreni Spieser, Philippe Winninger


Muster und Ornament, Variationen, Repetitionen und Loops sind heute nicht nur in der Kunst, sondern auch in Architektur, Design und Musik wieder angesagt. Acht junge Künstlerinnen und Künstler, Sabina Lang/Daniel Baumann, Suresh Kumar, Ursula Palla, Ursula Rutishauser, Markus Schwander, Vreni Spieser und Philippe Winninger, zeigen in der Ausstellung "ITSY BITSY" Werke, die trotz lustvollem Umgang mit Farben, Formen und Materialien ernste Inhalte sozial-politischer und kultureller Natur transportieren. Der Ausstellungstitel selbst ist sprachliches Ornament und dem bekannten Schlager aus den 60er Jahren "Itsy Bitsy Teenie Weenie Yellow Polka-Dot Bikini" (Bryan Hyland) entlehnt, der einen gelben, gepunkteten Bikini besingt.


Bunte Punkte sind auch in Philippe Winningers Installation "anything about anything" zu finden. Plastikbecher und farbige Plastikgegenstände sind spielerisch so auf- und zueinander angeordnet, dass eine räumliche Inszenierung entsprechend einem gepixelten Computerbild und gepaart mit der Aesthetik des Plastik-Wegwerfmaterials der späten 60er Jahre entsteht. Die zweite Arbeit, eine computergenerierte und interaktive Projektion zeigt zweidimensional, was im Raum mit Plastikteilen dreidimensional umgesetzt wurde. Der Reiz der Variation und Repetition des Einzelteils steht der konstruierten Form als Ganzem gegenüber.


Ebenfalls mit Farbe und Form spielen Sabina Lang und Daniel Baumann in der Wandinstallation "Perfect 1" und sprechen damit eine bestimmte Raumästhetik an. Sie ordnen viele gleiche, normal und spiegelverkehrt in grün-blaue Kunststoffplatten gegossene, geometrische Sujets so zueinander an, dass sich unterschiedliche Oberflächenstruktierungen und Farbmuster bilden und spielen damit eine Fülle von möglichen Anordnungen durch und schaffen Verläufe, streng geometrische Muster oder pixeln alles wild durcheinander.


Mit Papier arbeiten Ursula Rutishauser und Markus Schwander. Letzterer zeigt durchgepauste Doppel- und Dreifachportraitfotos seiner selbst, streng linienartig neben- und übereinander angeordnet. Die Art der Hängung lässt die Zeichnungen zum textartigen Erinnerungsmuster werden, in dem auf der Zeitachse weit auseinander liegende Bilder - die Fotos stammen aus den letzten 40 Jahren – aufeinander treffen. Unschärfen treten auf, dichtere Stellen entstehen und andere bleiben dafür leer. Spannend ist dabei, dass das repetitive Element inhaltlich verstanden wird.


Auch in Ursula Rutishausers feingliedrigen und reduzierten Kompositionen wie in der Arbeit "Inhandinhandin" erhalten Leerstellen Bedeutung. Die rhythmisch gehängten Papierteile sind eigentliche Zeichen-Setzungen, die im Betrachter unterschiedliche Bedeutungsassoziationen wecken und zu einem Werkzyklus gehören, dessen Thema das "Grenzen Ueberwinden" ist. Die Thematik des "Sich Verbündens" und "über die Grenzen hinweg Agierens" wird mit scherenschnittartig bearbeiteten Papierblättern als Form- und Farbvariationen von Maschendraht und sich darin bewegenden Armen komplettiert.


© Ursula Palla

Ursula Palla: flowers 17, 2006
Videoinstallation


Im Gegensatz zu Ursula Rutishausers Maschendraht besteht der ornamentale, verknotete Drahtvorhang mit Blüten- und Blättermustern von Ursula Palla aus Stacheldraht, was auf den Fokus ihrer Arbeiten hinweist: die kollektive Sehnsucht nach intakter Natur und Schönheit und den Bruch zwischen deren Wahrnehmung und der eigenen Erwartung. Die Videoinstallation "flowers 17" zeigt eine Hand, die ein Blumenmuster auf Leinen stickt. Die Faszination für die Schönheit des Musters und die Flinkheit der Stickerin kippt jedoch unvermittelt in ein befremdliches Gefühl, wenn plötzlich durch die Haut eines Körpers gestickt wird.


© Suresh Kumar

© Suresh Kumar


In Indien wie in der Schweiz hat die ornamentale Perlenstickerei auf gewobenem Stoff eine lange, kunsthandwerkliche Tradition. Diese nutzt der indische Künstler Suresh Kumar um brennende, gesellschaftliche Themen anzusprechen. Die geometrische Anordnung von Eidechsen auf der perlengesäumten Schlafmatte klagt die Landflucht des indischen Bauernstandes an und eine Installation bestehend aus leuchtend golddurchwirktem, gemustertem Seiden-Saristoff über ausgetrockneter Erde, deren Risse ebenfalls ein Muster bilden, weist auf die Folgen der Trockenheit und auf die Gegensätze zwischen arm und reich hin. Der Künstler öffnet mit seinen ästhetisch dekorativen Werken den Zugang zu sozialen Themen und sucht die Verbindung zwischen traditionellen und zeitgemässen Ausdrucksformen.


Einen Raster über die ganze Ausstellung legt Vreni Spieser mit ihrer übergreifenden Deckenarbeit, die auf Bildmaterial basiert, das sie im Vorfeld der Ausstellung von den an "ITSY BITSY" teilnehmenden Künstlerinnen erhielt. Indem sie die verschiedenen Sujets mit Bleistift und Farbstift zeichnerisch verband, entstand das alle Arbeiten mit einbeziehende Muster und die Vorlage für das Ornament der Raumdeckenrasterung. Damit sind alle Künstler zweimal im Raum vertreten, einmal mit ihrer eigenen Arbeit und einmal mit einer veränderten Kopie davon, welche über ihnen an der Decke schwebt. Anstatt Neues zu kreieren, greift Vreni Spieser mit diesem Vorgehen auf Bestehendes zurück, so wie es im traditionellen Kunsthandwerk üblich ist, wo sich das jeweils neue Werk auf die Arbeitsvorlage des Vorangegangenen stützt.


Text: Stefi Binder


Ausstellungsdauer 27.4. - 3.6.2006

Oeffnungszeiten Mi 12 - 21 Uhr, Do 12 - 18 Uhr,
Fr-So 12 - 16 Uhr, jeweils Mi Künstlerbar 18 - 21 Uhr


Kunstraum Baden
Haselstrasse 15 (Eingang Güterstrasse)
5400 Baden
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