Joachim Bandau

Lineare Transparenz - verdichteter Raum

Durch geduldiges Lasieren versteht es der Künstler in seinen abstrakten Papierarbeiten, Grauwerte bis ins Tiefschwarz zu steigern. Als würde er Malewitschs Schwarzes Quadrat rückwärts auffächern, eröffnet er noch einmal alle Möglichkeiten zwischen Transparenz und Schwere. Die Felder ruhen ineinander oder verkanten sich, tanzen, kämpfen oder spiegeln einander. Manche Blätter bleiben offen. Dann enden sie wie ein abgebrochener Lebensweg im durchlässigen Grau. Andere finden im Tiefschwarz ihre gravitätische Vollendung.
(Katja Blomberg, FAZ 3.1.1998)

Im Guestroom: Ulrich Kochinke, Zeichnungen

Die Zeichnungen von Ulrich Kochinke sind kleinformatig, so gross wie ein normaler Briefbogen. Die Bildfläche erscheint als ein leergefegter Raum mit zufällig noch zurückbelassenen Relikten. Bildkürzel schweben verloren in einer endlosen Leere, die Zeichen verzichten häufig auf eine wiedererkennbare Identifikation. Hinzutreten einzeilige Reihen scheinbar sinnentleerter Buchstaben und Zahlen wie ein nicht entschlüsselbarer Geheimcode, oder kurze Texte, die dem Betrachter eine Orientierung zu geben scheinen, die jedoch nach längerem Suchen in die Irre führen. Die Atmosphäre scheint unterkühlt und emotionslos, alles ist auf das sparsamste reduziert, die dünnen Linien sind präzise, scharf und sicher aufs Papier gebracht.

Ulrich Kochinkes Welt entzieht sich dem Sichtbaren. Seine Kindheit, sein eigenes Kind, die Kirche und ihre tradierten Ritualen mitsamt ihren rigiden Verhaltensregeln, sein Leben in einer Familie, die ständige Suche nach der eigenen Identität sind Anlass zu diesen kleinformatigen Zeichnungen. Aber ebenso findet hier seine Faszination für die neuen Medien ihren Niederschlag, viele seiner nicht dechiffrierbaren Kürzel scheinen der Computersprache entnommen zu sein. Nur lässt sich hier ein logischer Zusammenhang nicht mehr konstruieren. Es fehlt an schlüssigen Lösungen. Es geht ihm bei seinen Zeichnungen letztlich nicht um eine konkret begreifbare und visuell erfassbare Darstellung der Aussenwelt sondern um die verschlüsselte Benennung einer sehr empfindsamen und verletzbaren Innenwelt. Die auffällige Nüchternheit seiner Zeichnungen ist ein Schutzschild, das unbefugte Neugierde zurückdrängt. Die Arbeiten brauchen Zeit und Ruhe, und dann erschliesst sich ihre zarte, manchmal auch sarkastische Poesie. Die Leere wandelt sich in einen meditativen Raum.
(Joachim Bandau, im September 1999)


Ausstellungsdauer: 8.1. - 19.2.2000
Oeffnungszeiten: Di-Fr 12-18 Uhr, Sa 11-17 Uhr

Galerie Mark Müller
Gessnerallee 36
8001 Zürich
Telefon: 01 211 81 55
Fax: 01 211 82 20
E-Mail: mark.mueller@dplanet.ch


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