Jon Kessler / © Haus der Kulturen der Welt / CCHE

The Palace at 4 A.M., 2005
courtesy of the artist, Galerie Hans Mayer, Dusseldorf
and Falckenberg Collection
© Haus der Kulturen der Welt / CCHE


Jon Kessler
The Blue Period



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Installationskunst in der Kontrollgesellschaft


Jon Kessler gestaltet raffinierte, aus kinetischen Medien- und Videoskulpturen sowie irritierend vielen Überwachungskameras bestehende räumliche Szenarien. Trotz des hohen technischen Aufwands handelt es sich um Apparaturen, die nicht wirklich funktionieren, denn es wird nur aufgenommen und auf die Monitore übertragen, was sich innerhalb der Installation befindet.


Realisiert ist gleichsam nur das Backstage, aber es gibt kein Davor, das hier sinnvoll verarbeitet werden könnte. Er führt uns den ganzen technischen Apparat vor Augen und lässt dabei jeden Voyeurismus leer laufen, weil er uns zeigt, dass es - zumindest für den voyeuristischen Blick - nichts zu sehen gibt.


Die Irritation und Verkehrung räumlicher Innen-Aussen-Relationen kennzeichnet auch die um 1970 entstandenen Rauminstallationen von Künstlern, die sich mit dem Verhältnis von Architektur und Überwachung auseinandergesetzt haben, vor allem Bruce Nauman und Dan Graham. Man wird aufgezeichnet, sieht sich selbst von hinten oder mit zeitlicher Verzögerung an einer anderen Stelle der Installation. In ihrem Aufbau einfach erscheinende Environments entfalten komplexe Beziehungen zwischen Sehen/Nicht-sehen und Beobachtet-werden/Nicht-sichtbar-sein.


Anders als die frühen Installationen von Graham und Nauman, in denen man in mehr oder weniger geschlossenen Räumen einer Art Versuchsanordnung ausgesetzt ist, wird man bei Jon Kessler Träger einer elektronischen Fussfessel. Man kann frei herumlaufen, aber das Kontrollsystem weiss immer, wo man ist. Und es kann vorkommen, dass wir auf einem der Monitore überraschend ein vertrautes Gesicht entdecken, wie wenn es unvermutet im Fernsehen auftaucht. Wir wussten nur nicht, dass der erkannte Freund auch gerade die Ausstellung besucht.


Die Echtzeitübertragung stellt die Gewissheit her, dass der Bekannte tatsächlich in diesem Raum anwesend ist. Genau diesen Wirklichkeitsanschein führt Jon Kessler aber ad absurdum. Auf den Monitoren sehen wir Zeitungsfotos, Collagen, Spielzeugsoldaten, gestanzte und gebogene Bleche, an der Wand hängende Handpuppen, die Lichtbrechungen farbiger Folien - Bilder und räumliche Arrangements, die keinen Wert eines Wirklichkeitseffektes besitzen.


Kesslers Installationen stehen nicht in Konkurrenz zur unmittelbaren Realität und auch nicht zu der globalen Bildmacht der Medien. Seine ratternden, kreisenden, wackelnden oder wie ein Artilleriefeuer knatternden Apparaturen können kaum ein Versuch sein, es mit der Wirkungs- und technologischen Macht der Instanzen aufzunehmen, die Bilder von Terrorismus und Krieg global verbreiten.


Während der Leerlauf der motorisierten Eisenskulpturen Jean Tinguelys den Funktionalismus des zu Ende gehenden Maschinenzeitalters spielerisch lächerlich machte, erscheinen Kesslers bühnenhafte und offensichtlich zusammengebastelte Arrangements wie groteske Karikaturen auf die globale Verbreitung stereotyper Medienbilder.


Ludwig Seyfarth


Ausstellungsdauer 31.10. - 20.12.2007

Oeffnungszeiten Di-Sa 11 - 18 Uhr


Galerie Arndt & Partner
Zimmerstrasse 90-91
D-10117 Berlin
Telephone +49 (0)30 280 81 23
Fax +49 (0)30 283 37 38
Email berlin@arndt-partner.com

www.arndt-partner.com








Jon Kessler
The Blue Period



Installation art in the control society


Jon Kessler creates ingenious spatial scenarios by juxtaposing kinetic multimedia and video installations with a disturbingly high number of surveillance cameras. Despite the technical sophistication, the devices don't actually work - they only record and transfer to the screens what is to be found within the installation.


All we see realized here is the backstage, but then, there is nothing in front that could be meaningfully processed. Kessler displays the entire technical apparatus to us, frustrating any kind of voyeurism by showing that, for the voyeuristic gaze at least, there is nothing to see.


The unsettling and reversing of relations between interior and exterior is also characteristic of installations created around 1970 by artists whose work addressed the relationship between architecture and surveillance, especially Bruce Nauman and Dan Graham. One is filmed, sees oneself from behind or with a time lapse somewhere else in the exhibition. Environments whose construction appears simple develop complex relationships between seeing/not-seeing and being observed/being invisible.


Unlike the early installations by Graham and Nauman, in which one is subjected to a kind of test set-up in more or less closed spaces, in the case of Kessler, the viewer is more like someone tagged with an electronic shackle. You can walk around as you please, but the control system always knows where you are. And when we notice a familiar face on one of the screens, we may be just as surprised as if we had seen it on television. We just happened not to know that this friend was also visiting the exhibition at the same time.


Real-time transmission makes us sure the friend really is present in the space. Kessler takes this semblance of reality and renders it absurd. What we see on the screens are newspaper photos, collages, toy soldiers, punched and shaped pieces of sheet metal, puppets hanging on the wall, light refracted through colored transparencies - pictures and three-dimensional arrangements possessing no value in terms of a reality effect.


Kessler's installations compete neither with actual reality nor with the global power of visual media. As they rattle, gyrate, wobble, or clatter like artillery fire, his apparatuses can hardly constitute an attempt to compete with the technological and strategic might of those responsible for the global distribution of images of terrorism and war.
While the freewheeling motion of Jean Tinguely's motorized iron sculptures playfully ridicule the functionalism of the machine age as it comes to a close, Kessler's ramshackle theatrical arrangements can be seen as a grotesque caricature of the global diffusion of stereotypical media images.


Ludwig Seyfarth


Exhibition 31 October - 20 December 2007

Gallery hours Tues-Sat 11 am - 6 pm