Josef Reinhard: Kinderbildnis, 1822
Öl auf Holz, 92,5 x 100 cm
Kunstmuseum Luzern
Photo: Andri Stadler


Josef Reinhard und Clara Reinhard


Das Kunstmuseum Luzern stellt den Trachtenmaler und Porträtisten Josef Reinhard in einer ersten grossen Übersichtsausstellung vor. Es werden rund 80 Gemälde und 100 Arbeiten auf Papier ausgestellt. Es bietet sich die einmalige Gelegenheit, einen spannenden Einblick in das Werk eines der bedeutendsten Künstler an der Wende vom Ancien Régime zur modernen Schweiz zu erhalten.


Josef Reinhard (1749-1824) ist in erster Linie als Trachtenmaler bekannt. Dies war schon zu seinen Lebzeiten der Fall, fanden doch seine Trachtenzyklen als Umrissradierungen weite Verbreitung. Die Geschichtsschreibung hat ihn stets auch als hervorragenden Porträtisten gewürdigt und in den Trachtenzyklen die wirklichkeitsnahe Wiedergabe seiner Landsleute hervorgehoben. In der Porträtmalerei erreichte Reinhard denn auch eine grosse Meisterschaft und Eigenwilligkeit. Er entwickelte insbesondere einen charakteristischen, die Gesichtszüge stark betonenden Ausdruck. Reinhard hatte die Gabe, das Wesen der Menschen, die er malte, genau zu erfassen. Seine Porträts erweisen sich als Menschenbilder, die des Künstlers Freude an seinen Mitmenschen zu vermitteln vermögen und von grossem Respekt getragen sind.


Reinhards künstlerische Karriere begann in den 1770er Jahren mit repräsentativen Aufträgen für die Stadt Luzern sowie grossen Bildzyklen für Klöster und Kirchen des Luzerner Hinterlandes. Über seine gesamte Schaffenszeit hinweg hat er in der ganzen Schweiz und im Ausland hunderte von Einzel- und Familienporträts von Adligen, Amtsträgern, Priestern, wohlhabenden Bürgern, Bauern und Handwerkern geschaffen.


Sein Werk stellt ein bedeutendes kulturelles Erbe der Schweiz dar. Die Ausstellung stellt nun erstmals Josef Reinhards Werk in einer Übersichtsausstellung vor. Die frühen Auftragswerke werden exemplarisch durch einen Dokumentarfilm über seine Wandmalerei im Hallenumgang des Klosters Werthenstein vermittelt. Eine zentrale Position in der Ausstellung nehmen die Einzel- und Familienporträts ein. Darunter befinden sich etliche Gemälde, die im Laufe der Ausstellungsvorbereitung neu entdeckt, speziell restauriert und nun ein erstes Mal überhaupt öffentlich ausgestellt werden.


Natürlich fehlen auch die berühmten Trachtenbilder nicht. Den ersten der beiden bedeutenden Trachtenzyklen schuf Reinhard im Auftrag des Aargauer Politikers und Kartographen Johann Rudolf Meyer. Der zweite entstand auf eigene Initiative des Künstlers, der ihn in seinem Haus in Luzern ab ca. 1802 öffentlich ausstellte, was sich als grosse Attraktion erwies. Von diesem, ursprünglich rund 46 Gemälde umfassenden Zyklus befinden sich 31 Werke in der Sammlung des Kunstmuseums Luzern. Zum ersten Mal werden in der Ausstellung nun sämtliche 39 bekannten und erhalten gebliebenen Tafeln präsentiert. Vom ersten Zyklus, heute grösstenteils in der Sammlung des Bernischen Historischen Museums, sind einige Vergleichsbilder zu sehen.


Die Ausstellung bietet schliesslich die einmalige Gelegenheit, rund 90 Zeichnungen von Josef Reinhard und seiner ebenfalls künstlerisch tätigen Tochter Clara (1777-1848) zu sehen. Sie zeigen, wie der in der Schweiz umher reisende Künstler seine Motive gesammelt hat und wie er sie mit klassischen Themen, die er aus seiner Lehrzeit in Italien kannte, verknüpfte. Die Präsentation einer Auswahl aus dem mehrere hundert Zeichnungsblätter umfassenden Konvolut von Clara Reinhard, das seit über 150 Jahren im Depot der Sammlung des Kunstmuseums Luzern geschlummert hat, erlaubt darüber hinaus eine erste zaghafte Annäherung an eine bislang nahezu unbekannte Künstlerin und wird hoffentlich der kunsthistorischen Forschung ein neues Feld bereiten.


Christoph Lichtin, Kurator der Ausstellung und Konservator der Sammlung des Kunstmuseums Luzern.


Zur Ausstellung erscheint eine umfassende Publikation, welche zugleich die Umstände der Arbeitssituation und Lebensbedingungen eines Künstlers während einer Zeitspanne bedeutender politischer Umwälzungen erhellt. Josef Reinhard erweist sich als einer der bedeutendsten Schweizer Künstler am Ende der historisch interessanten Übergangszeit vom 18. ins 19. Jahrhundert. Seine Biografie zeugt exemplarisch vom fundamentalen Wandel der künstlerischen Auftragssituation in einem spezifischen geografischen und kulturpolitischen Umfeld: Reinhard entwickelte sich vom Auftragsempfänger im Dienste der Obrigkeit zum künstlerischen Kleinunternehmer.


Die speziell für diese Publikation verfassten Beiträge geben einen Überblick über sein Leben und Werk, von der Lehrzeit in Lucca und Rom bis zu den späten Porträts. Im Beitrag des Herausgebers Christoph Lichtin werden neue, auf ausgiebigem Quellenstudium basierende Fakten vorgestellt. Barbara Hennig beleuchtet in ihrem Beitrag Reinhards Frühwerk als Kirchenmaler. Zu den wichtigen Auftraggebern und Förderern haben Oscar Wüest und Martin Pestalozzi Porträts verfasst. Zudem erschliesst Sylvia Rüttimann in ihrem Beitrag über Clara Reinhard und ihre Zeichnungen eine interessante, bisher kaum erforschte Künstlerin.


Ausstellungsdauer 10.12.2005 - 5.3.2006

Öffnungszeiten Di-So 10 - 17 Uhr, Mi 10 - 20 Uhr


Kunstmuseum Luzern / Museum of Art Lucerne
(KKL Level K)
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6002 Luzern
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