Katharina Grosse: Installationsansicht in der Galerie Mark Müller, 2006

Installationsansicht in der Galerie Mark Müller, 2006


Katharina Grosse
Taxi und Tour



Genauso wie man in einer fremden Stadt mit dem Taxi ihr Gefüge erfährt, kann man die neuste Arbeit von Katharina Grosse wahrnehmen und erfassen, indem man sich darin bewegt. Dies geschieht nicht etappenweise, sondern zeitgleich: Hierarchien und Prozesse sind auf eine Ebene komprimiert und prallen simultan auf den Betrachter ein. Bildträger und Farbe werden als gesamtes Bildsystem entdeckt und festgehalten, können aber als einzelne Module decodiert werden. Die Architektur - sprich Raum, Regale, Bücher und Office - funktionieren als Basisstruktur. Im Widerspruch dazu stehen die plastischen Elemente, welche die Grundstruktur disfunktionalisieren, gleichzeitig aber auch formale Brücken schlagen: Steinanhäufungen parallelisieren sich mit der gewaltigen Büchermenge, und Styroporkuben imitieren die architektonische Situation wie Treppe oder Sitzmöbel. Die Farbe als drittes Element schafft illusionistischen Raum und verwischt die Grenzen zwischen den Objekten. Die Identität der einzelnen Plastik wird aufgehoben, mit Farbe verflüssigt und enthierarchisiert.


In riesigen Gesten hat Grosse mit Spritzpistole und Kompressor die Galerieräume attackiert, vielleicht gar verdreckt, und dabei die Fähigkeiten von Malerei ausgelotet: Ziel ist die grösstmögliche Form von Freiheit zu konstruieren, um innerhalb des Systems verschiedene Betrachtungsansätze freizugeben. Die Übertreibung der Ausführung hält Katharina Grosse für notwendig, da Malerei sonst nicht mehr sichtbar werde. Die Fähigkeit von Malerei, direkt und nicht manipuliert zu sein, ist auch höchst politisch, gleichzeitig intim. Durch Übertreibung und Bombast gelingt die direkteste Überführung von Unmittelbarkeit in einen künstlerischen Ausdruck.


In diesem Akt wird das traditionelle Galeriewesen unterlaufen: Durch die malerische Attacke auf das Galerieinventar und die Arbeitsinstrumente, die eine Galerie zum Funktionieren braucht, wird nicht nur der kommerzielle Charakter beleuchtet, sondern es wird auch klar, dass es in dieser Arbeit um das geistige Potenzial geht, das mitgeteilt sein will. Katharina Grosse kann noch viel positive Aggression in raumfüllende Farbfelder umwandeln und auch auf die vorgefundene Architektur reagieren.


Geboren geboren 1961, Freiburg/Breisgau, lebt und arbeitet in Düsseldorf und Berlin.


Ausstellungsdauer 24.8.- 14.10.2006

Oeffnungszeiten Di-Fr 12-18 Uhr, Sa 11-16 Uhr
und nach Vereinbarung


Galerie Mark Müller
Gessnerallee 36
8001 Zürich
Telefon +41 (0)44 211 81 55
Fax +41 (0)44 211 82 20
Email mail@markmueller.ch

www.markmueller.ch