© Helen Mirra

Helen Mirra: Map Lichen, 2007
Baumwolle (Rock), Brekzie- Stein mit Kasein-Farbe, Rhizocarpon Geographicum Agg., Rhizocarpon Geminatum or A. Grande & Aspicilia Sp. Flechten, 12 x 24 x 41 cm
Courtesy: Galerie Meyer Riegger, Karlsruhe / Galerie Nordenhake, Stockholm


Helen Mirra
Groteske Gegend

Tomas Saraceno
Über dem Wolkenmeer



Am 30. November eröffnet die zweite Ausstellung des Förderprogrammes KURATOR 2007/2008 der Gebert Stiftung für Kultur. Dieses Mal werden in einer Doppelausstellung die Werke zweier international arbeitender Künstler präsentiert: Die amerikanische Künstlerin Helen Mirra wird im Ausstellungsraum der AltenFabrik unter anderem ihre jüngst entstandenen Arbeiten zeigen. Der gebürtige Argentinier Tomas Saraceno bringt sein Projekt "Museo Aero Solar" nach Rapperswil. Der riesige durch Sonnenenergie betriebene Ballon wird sich im Verlauf der Ausstellung durch das Mitwirken möglichst vieler Menschen weiterentwickeln und im Januar schliesslich in die Lüfte steigen.


Die Titel der beiden Präsentationen sind wiederum zwei Zeichnungen des Buches "Alpine Architektur" von Bruno Taut entnommen, das das übergreifende Thema des ganzen KURATOR-Ausstellungsjahres 2007/2008 bildet. Das utopische Zeichnungswerk, das der deutsche Architekt 1919/20 publizierte, war ein visionärer Gegenentwurf zur Realität nach dem 1. Weltkrieg. Es war aber auch ein Aufruf zum gemeinsamen Erschaffen einer besseren und schöneren Welt - zur gemeinsamen Arbeit an der Realisierung einer Utopie. Tauts Zeichnungen beschreiben fantastische Gebäude aus Glas und Kristall, die er in den Alpen plante. Mit "Groteske Gegend" und "Über dem Wolkenmeer" stehen sich in den beiden Ausstellungsprojekten sozusagen Himmel und Erde gegenüber und finden am Horizont doch Berührungspunkte.


Helen Mirras (*1970) Arbeiten haben mit der Erfahrung eines Ortes, einer Landschaft zu tun - sie beziehen sich auf das Reisen, das Wandern, auf die Natur. Die Bedeutungsschichten eines Ortes - seien es geologische, historische oder philosophische - legt Mirra systematisch frei. Dazu ordnet sie verschiedenartiges Material, das nicht kompliziert zu beschaffen ist (Holz, Steine, Pflanzen, Stoff) an. In der Wahl der Farben und Materialien, spiegelt sich Mirras weit gefasstes Interesse an ökologischen Problemen wieder. In der minimalistischen Komposition der Dinge schafft sie eine wunderbar feine Poesie.


Neben einer Reihe von Arbeiten, die sie seit 2000 geschaffen hat, zeigt Helen Mirra in der Alten Fabrik eine ganz neue Werkgruppe, die in diesen Sommer Norwegen entstanden ist. Dort hatte die Künstlerin von Mai bis September 2007 eine Residency der Office for Contemporary Art Norway in Oslo. Auf Exkursionen, die sie bis in die arktischen Regionen führten, fand Mirra die unterschiedlich bemoosten Steine, Flechten und Pflanzen. Bei der Beschäftigung mit jahrtausendealtem Gestein oder mit Flechten, die als sensible Zeigerorganismen insbesondere für Luftverschmutzung gelten, gewinnt die Wahrnehmung von Zeit und Ort eine neue Bedeutung.


Durch die sensible Komposition der Werke, ihr Zusammenspiel untereinander und im Raum gelingt es Helen Mirra diese Wahrnehmungen zu vermitteln.


Die Bodenarbeit "Sky-wreck (Southwestern 1%)" (2001, zu deutsch: "Himmelswrack"), richtet schliesslich den Blick von der Erde Richtung Himmel. Die Komposition aus 12 Dreiecken aus blauem Tuch basiert auf dem geodätischen Modell, das vorallem durch den Architekten und Utopisten Buckminster Fuller bekannt wurde. Dieser Konstruktion folgend, hat Helen Mirra einen Teil des Himmels auf den Boden proijeziert.


© Tomas Saraceno

Tomas Saraceno: Museo Aero Solar
Solarbetriebener Ballon aus receycleten Plastitüten
Sharjah Biennale, Sharjah, Arabische Emirate, 2007
Courtesy: Galerie Andersen_S Contemporary, Kopenhagen; pinksummer, Genua; Tanya Bonakdar Gallery New York


Während Helen Mirra ein Stück Himmel auf die Erde holt, versucht sich Tomas Saraceno (*1973) diesem in seinen Arbeiten zu nähern. Seit mehreren Jahren verfolgt und recherchiert der Künstler die Idee einer Architektur in der Luft. Seine Visionen der "Air Port Cities" oder der "Flying Gardens" nähert er sich in teils begehbaren Ballonskulpturen an. Stets beinhalten seine Projekte aber auch die Idee einer globalen Zusammenarbeit, einer Vereinigung der Kräfte und Energien zur Verwirklichung von Utopien. "Museo Aero Solar" - die Arbeit die Saraceno für diese Ausstellung realisieren möchte, ist ein solches Projekt, das durch die Beteiligung und die Mitarbeit möglichst vieler Menschen funktioniert. "Museo Aero Solar" ist das erste fliegende Museum - ein riesiger Ballon, zusammengesetzt aus recycleten Plastiktüten, wächst es an jedem Ort an dem es Station macht, verändert seine Form und seine Farben. Bis jetzt wurde an vier verschiedenen Orten auf der ganzen Welt immer wieder am "Museo Aero Solar" weitergebaut: Auf der Isola dell'Arte, Milano; während der 8. Sharjah Biennale in den Arabischen Emiraten, im Encuentro Medellin, Kolumbien, am Tirana Art Center in Albanien und schliesslich an der Lyon Biennale in Frankreich.


Es sind nun auch in Rapperswil und Umgebung alle eingeladen, gebrauchte Plastiktüten zu sammeln und im extra dafür bereitgestellten "Museo Aero Solar"- Sammelbehälter im Foyer der AltenFabrik abzugeben. Man kann auch seinen Namen auf die Tüten schreiben oder sie mit einer Zeichnung verzieren. In der letzten Ausstellungswoche wird aus den Tüten der Ballone konstruiert. "Das Museo Aero Solar fliegt von Stadt zu Stadt, von Land zu Land, von Kontinent zu Kontinent, von unserem Sonnensystem bis in unbekannte Systeme und wächst mit Hilfe von Solar- und menschlicher Energie (...) Auf der Suche nach neuen Grenzen stellt es jedes mal wenn es in die Lüfte steigt, die existierende militärische Aufteilung des Luftraumes in Frage" (www.air-port-city.org) Mit diesem Aufruf ist Tomas Saraceno nicht weit enfernt von den pazifistischen Ideen des Bruno Taut.


Helen Mirra lebt in Cambrigde, MA. Mit ihren letzten Einzelausstellungen war sie unter anderem in der Galerie Nelson, Paris (2006), der daadgalerie Berlin (2006), dem Dallas Museum of Art (2004) und dem UC Berkeley Art Museum (2003) zu sehen.


Tomas Saraceno lebt und arbeitet in Frankfurt am Main. Seine Arbeiten sind zur Zeit auf der Lyon Biennale und im UC Berkeley Art Museum zu sehen. Einzelpräsentationen zeigten u.a. Centre d'Art Santa Monica (2006) Barcelona; Barbican Art Gallery, London (2006); und der Portikus, Frankfurt (2006).


Wir bedanken uns für die grosszügige Unterstützung: Kulturförderung des Kantons St.Gallen, Rapperswil- Jona, Swisslos, ifa - Institut für Auslandsbeziehungen eV, Stuttgart, Ortsgemeinde Rapperswil-Jona, Erdgas Obersee, Bierfactory Rapperswil


Ausstellungsdauer 1.12.2007 - 27.1.2008

Öffnungszeiten Mi-Fr 17 - 20 Uhr, Sa/So 14 - 17 Uhr


Gebert Stiftung für Kultur
*Altefabrik / *Kurator

Klaus Gebert-Strasse 5
8640 Rapperswil
Telefon +41 (0)55 210 51 54
Fax +41 (0)55 210 51 56
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