© Richard Hoeck, John Miller

Richard Hoeck, John Miller: Something for everyone, a Hoeck-Miller-Riff Production, 2004


Lebt und arbeitet in Wien II
23 Zeitgenossen

Siegrun Appelt
(mit Penelope Messidi), Carola Dertnig, __fabrics interseason, Nikolaus Gansterer, Richard Hoeck/John Miller, Sabina Hörtner, Susi Jirkuff, Leopold Kessler, Ronald Kodritsch, Zenita Komad, Marko Lulic, Dorit Margreiter, Josh Müller, Muntean/Rosenblum, Flora Neuwirth, N.I.C.J.O.B., Klaus Pobitzer, Constanze Ruhm, Markus Schinwald, Fabian Seiz, Misha Stroj, Rita Vitorelli, Jun Yang


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"23 Zeitgenossen" sind 23 Wiener KünstlerInnen und -kollektive der jüngeren Generation, deren Arbeiten für Teil II der Gruppenausstellung "Lebt und arbeitet in Wien" von drei internationalen KuratorInnen ausgewählt wurden. Wie bereits in Teil I im Jahr 2000 sollte mittels dieses "Blicks von aussen" eine Selektion ermöglicht werden, die unbelastet ist von inneren Szeneverstrickungen und allzu grosser Vertrautheit mit den handelnden Akteuren. Die mit diesem Konzept gleichfalls intendierte Vernetzung und Erweiterung des internationalen Interesses für junge Kunst aus Wien nimmt 2005 durch Teilübernahmen der Ausstellung durch die Österreichischen Kulturforen in New York, Warschau und Tokio konkrete Form vom Start weg an.


"Viele der in der Ausstellung gezeigten Arbeiten sind von der Spannung zwischen einem "Da" und einem "Irgendwo" geprägt." (Trevor Smith)


Ein guter Teil der präsentierten KünstlerInnen zeigt sich von sich aus als vielseitig mobil: auch wenn sie in Wien einen Lebens- und Arbeitsschwerpunkt gefunden haben, leben sie mal hier genauso wie anderswo, und als Multitasking-Spezialisten sind sie in unterschiedlichsten Medien zu Hause (vorzüglich im Video). Mit ihren Arbeiten öffnen sie Grenzen zwischen Kunstgattungen, zwischen Kunst und Populärkultur und häufig zwischen Kunst und Alltagsleben. So z.B. Leopold Kessler, der im blauen Arbeitsmantel durch den Stadtraum geht, um unbemerkt Eingriffe an öffentlichen Einrichtungsgegenständen wie Strassenlampen, Lautsprecheranlagen oder Abfallbehältern vorzunehmen. Ob er etwas "repariert" oder umfunktioniert, stets setzt er bestehende Regeln spielerisch ausser Kraft und installiert zugleich neue Regeln, die auch als willkommene Unterbrechung im funktionalen Alltag erkannt werden können.


Was passiert, wenn man mit künstlerischer Produktion in ein anderes kommerzielles Feld ausserhalb des klassischen Kunstzusammenhangs geht, "quasi eine künstlerische Subvertierung eines rein ökonomischen Kontexts vornimmt?" Diese Neugier stand am Beginn der Arbeit von ___fabrics interseason mit der Welt der Mode. Inzwischen haben sie ihr Label sowohl als eine künstlerische Arbeitsmethode als auch für ihre Kollektionen etabliert.


"Wohlgemerkt macht Wien (...) auf die Aussenstehenden den Eindruck, als ob es hier besonders viele bildende Künstler gäbe, die mit der Musikszene verbunden sind und in ihren Werken sowohl elektronische, zeitgenössische, klassische als auch Pop-Musik einsetzen." (Hanna Wróblewska)>

Einige (wie Nikolaus Gansterer, N.I.C.J.O.B., Josh Müller) generieren ihre Sounds selbst, andere arbeiten mit Komponisten und/oder Interpreten zusammen (Siegrun Appelt, Zenita Komad, Ronald Kodritsch), wieder andere verwenden vorhandene klassische (Muntean/Rosenblum, Markus Schinwald) oder populäre (Hoeck/Miller, Susi Jirkuff) Musik. Die Verbindung mit der Musik(szene) schlägt sich nicht nur als "Filmmusik" in Videoarbeiten nieder, sondern auch bei eigenen multimedialen Performances oder reinen Audio-Auftritten.>

"Der Film scheint als Thema, als Motiv, als Metapher oder auch als Kanon von Regeln auf." (Hanna Wróblewska)


Hoch ist der Anteil an Video-Arbeiten in der Ausstellung, wobei die wenigsten KünstlerInnen, die hier mit diesem Medium vertreten sind, ausschliesslich damit arbeiten. Viele von ihnen setzen Video explizit filmisch ein, arbeiten mit Drehbuch, Regie, Akteuren und Schnitt (z.B. Hoeck/Miller, Dorit Margreiter, Muntean/Rosenblum, Constanze Ruhm; Markus Schinwalds "children's crusade" ist in der O-Fassung ein Film), andere mixen, loopen und re-arrangieren Found Footage (N.I.C.J.O.B.), bewegen sich zwischen Animation (Susi Jirkuff, Fabian Seiz) und Abstraktion (Siegrun Appelt) oder dokumentieren mittels Video ihre künstlerischen Interventionen slapstick-artig (Carola Dertnig, Leopold Kessler).


"In unserer "liquid modernity" (Zygmunt Bauman), in der sich Situationen ständig verändern und verschieben, haben sich die in Wien lebenden und arbeitenden Künstler aus historischen Zusammenhängen zu lösen und mehr auf Veränderungen zu reagieren begonnen. Wenn das auch eine universelle Tendenz zeitgenössischer Kunst ist, zeichnen sich doch vor allem die Künstler dieser Stadt dadurch aus, in ihren Werken das aktuelle Geschehen zu "spiegeln"." (Yuko Hasegawa)


Carola Dertnig zum Beispiel reflektiert in ihrem Video "Gemeindebau" nicht nur den zögerlichen Umgang der Öffentlichkeit mit der österreichischen NS-Vergangenheit, sondern zugleich auch die prekäre Lage vieler Kulturschaffender in Wien. Robert Menasse schreibt in seinem Katalogbeitrag Erhellendes zur jüngeren Kulturpolitik: "Die Künstler sind in ihrem Doublebind "Staatskünstler/Staatsfeind" immer noch vom Staat abhängig - allerdings macht der Staat jetzt ernst und wird wirklich zum Feind. Er hungert kulturelle Institutionen und Strukturen aus, deren Funktionieren ohnehin nur der roten Stadt und nicht dem schwarzen Staat gutgeschrieben würden. Soll Wien, durch tätige Mithilfe der Regierung, ruhig in die Krise geraten, es ist ja doch nur die verdiente Krise von Staatsfeinden. Das hat die Regierung nach ihrem Amtsantritt 2000 sehr schnell begriffen: sie wird, was immer sie tut, die Künstler nie für sich gewinnen können. Die kunstfeindliche Öffentlichkeit aber hat sie, der ist sie verpflichtet."


KuratorInnen: Yuko Hasegawa (21st Century Museum of Contemporary Art, Kanazawa), Trevor Smith (New Museum of Contemporary Art, New York) und Hanna Wróblewska (Zacheta - National Gallery of Art, Warschau).


Kurator Kunsthalle Wien: Lucas Gehrmann


Ausstellungsarchitektur: propeller z


Der Katalog zur Ausstellung beinhaltet zusätzlich Arbeiten von Michael Höpfner und David Moises, die von jeweils einem Kurator für Teilpräsentationen von "Lebt und arbeitet in Wien II" an den Österreichischen Kulturforen in Warschau bzw. New York ausgewählt wurden. 224 Seiten mit zahlr. Farbabb. und Texten u.a. von Yuko Hasegawa, Christian Höller, Robert Menasse, Trevor Smith, Hanna Wróblewska, Vorwort von Gerald Matt. Grafik: Toledo i Dertschei. Hg.: Kunsthalle Wien, Lucas Gehrmann, Gerald Matt, ISBN 3-85247-057-9.


Ausstellungsdauer: 14.5. - 4.9.2005
Oeffnungszeiten: täglich 10 - 19 Uhr, Do 10 - 22 Uhr
Mittwoch geschlossen


Kunsthalle Wien
Halle 1
Museumsplatz 1
A-1070 Wien
Telefon +43 1 52189 1201
Fax +43 1 52189 1217
Email office@kunsthallewien.at

www.kunsthallewien.at






Living and working in Vienna II
23 contemporaries

Siegrun Appelt
(with Penelope Messidi), Carola Dertnig, __fabrics interseason, Nikolaus Gansterer, Richard Hoeck/John Miller, Sabina Hörtner, Susi Jirkuff, Leopold Kessler, Ronald Kodritsch, Zenita Komad, Marko Lulic, Dorit Margreiter, Josh Müller, Muntean/Rosenblum, Flora Neuwirth, N.I.C.J.O.B., Klaus Pobitzer, Constanze Ruhm, Markus Schinwald, Fabian Seiz, Misha Stroj, Rita Vitorelli, Jun Yang


"23 contemporaries" are 23 Viennese artists and art collectives of the younger generation, whose works were selected by three international curators for Part II of the group exhibition "Living and working in Vienna". This "outside view", as it was in Part I in 2000, is meant to enable a selection that is unburdened by involvements within the scene and over-familiarity with the relevant actors. Another intention of the concept, the networking and expansion of international interest in recent art from Vienna, will take concrete form right from the start of the 2005 exhibition through a showing of parts of the exhibition by the Austrian Cultural Forums in New York, Warsaw, and Tokyo.


"Many of the artists' works in this exhibition are marked by a tension between "somewhere" and "anywhere". (Trevor Smith)


A large share of the artists have proven to be vastly mobile: even if they have found a center for their work and life in Vienna, they live here and elsewhere. They have also proven to be multitasking specialists who are at home in a wide range of media (superbly in video). With their works, they open the borders between art genres, between art and popular culture, and often between art and everyday life. Leopold Kessler, for example, walks through the urban space in a blue worker's overcoat and performs interventions on public furnishings such as streetlamps, loudspeaker systems, or trash containers. Whether he "repairs" something or "changes its function", he always playfully dismantles the existing rules and at the same time, installs new rules, which can be recognized as a welcome break in daily life functions.


What happens when one takes artistic productions into a different commercial field beyond the classical art context, "quasi an artistic subversion of a purely economic context"? __fabrics interseason's work with the fashion world began with this inquisitiveness. In the meantime, they have established their own label for their artistic working method as well as for their collections.


"One should bear in mind that Vienna ... gives the impression to outsiders that there is a particularly large number of visual artists here who are connected to the music scene and who incorporate electronic, progressive, classical, and even pop music into their works." (Hanna Wróblewska)


Some artists (such as Nikolaus Gansterer, N.I.C.J.O.B., Josh Müller) generate their sounds themselves; others work together with composers and/or arrangers (Siegrun Appelt, Zenita Komad, Ronald Kodritsch); and still others use existing classical (Muntean/Rosenblum, Markus Schinwald) or popular (Hoeck/Miller, Susi Jirkuff) music. The connection to the music (scene) finds expression not only in "film music" in video works, but also the artists' own multimedia or audio performances.


"Film emerges as theme, as motif, as metaphor or even as a canon of rules." (Hanna Wróblewska)


There is a high share of video works in the exhibition, whereby only a few of the artists who are represented here with this medium work solely in it. Many of them use video exclusively in a cinematic way, working with a screenplay, direction, actors, and cut (e.g., Hoeck/Miller, Dorit Margreiter, Muntean/Rosenblum, Constanze Ruhm; Markus Schinwalds "children's crusade" is a film in its original version). Others mix, loop, and rearrange found footage (N.I.C.J.O.B.), move between animation (Susi Jirkuff, Fabian Seiz) and abstraction (Siegrun Appelt) or offer a slapstick-like documentary by means of their artistic intervention (Carola Dertnig, Leopold Kessler).


"In this "Liquid modernity" (Zygmunt Bauman), where situations keep changing and shifting, those artists in Vienna became distant from historical contexts, and more reactive to situations. Although it is a universal tendency, Vienna has a particular characteristic, its meme that leads artists to have reflective reactions as "mirrors"." (Yuko Hasegawa)


Carola Dertnig, for example, reflects in her video "Gemeindebau" not only on the tentative public dealings with the Austrian Nazi past, but also at the same time, the precarious state of many cultural workers in Vienna. Robert Menasse wrote illuminatingly on the recent cultural politics in his catalogue contribution: "The artists are still trapped in the same old double-bind situation, except that now they are viewed as truly being enemies of the state, and the state has become their enemy. It starves cultural institutions and structures of the necessary funds, knowing that it would only benefit the "Red" city and not the "Black" province if they were actually functioning. Let the city of Vienna have its crisis through the active aid and abetment of the provincial government, it's only what an enemy of the state deserves. This is something the government understood very soon after its coming to power in 2000... whatever it did, it would never win over the artists' hearts and minds. But it does have the support of the hostile-to-art public, which it is beholden to."


Curators: Yuko Hasegawa (21st Century Museum of Contemporary Art, Kanazawa), Trevor Smith (New Museum of Contemporary Art, New York) und Hanna Wróblewska (Zacheta - National Gallery of Art, Warschau).


Curator Kunsthalle Wien: Lucas Gehrmann


Exhibition architecture: propeller z


Exhibition Catalogue: "Living and Working in Vienna II", Ed.: Kunsthalle Wien, Lucas Gehrmann, Gerald Matt; 224 pages with colour ill. and texts by Yuko Hasegawa, Christian Höller, Robert Menasse, Trevor Smith, Hanna Wróblewska et al., foreword by Gerald Matt, G/E; layout: Toledo i Dertschei; ISBN 3-85247-057-9.


Exhibition: 14 May - 4 September 2005
Opening hours: daily 10 am - 7 pm, Thur 10 am - 10 pm
Closed on Wednesdays


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