© Lori Hersberger

Spin my Wheel
Ausstellungsansicht Kunsthaus Zürich
Spiegel, Neon, Malerei
© Lori Hersberger


Lori Hersberger
Spin my Wheel



Das Kunsthaus Zürich zeigt mit dem 1964 in Basel geborenen Lori Hersberger eine Position junger Schweizer Kunst, die aufgrund ihrer Prozesshaftigkeit einen spannenden Kontrast zum traditionellen Sammlungsgut herstellt. Bekannt geworden ist Hersberger mit seinen Teppich-Installationen im Aussenbereich, wie an der Biennale in Venedig 1999, wo er einen Seitenkanal im alten Arsenal mit einer schwimmenden Komposition aus bunten Bodenbelägen bedeckte. Seit einiger Zeit widmet er sich vermehrt der Malerei, doch bleibt das installative Element weiterhin wichtig, denn Malerei ist für Hersberger untrennbar mit der umgebenden Architektur verbunden. So entsteht im Erdgeschoss des Kunsthauses auf rund 250 m2 in mehrtägiger Arbeit die raumumfassende Malerei-Installation "Spin my Wheel", die Mirjam Varadinis kuratiert.


Sujet, Material, Technik:
"I am nature" sagte Pollock, Hersberger dagegen definiert seine Bilder als "Anti-Landschaften". Charakteristisch für die von der Aussenwelt abgekoppelten Gegenwirklichkeiten sind die fluoreszierenden Farben. Stechend grelle Leuchtfarben, die Hersberger in ganz unterschiedlichen Techniken auf seine Bilder aufträgt. Er sprayt, malt, spachtelt oder spritzt damit auf den Bilduntergrund. Die leuchtende Farbgebung entspricht seiner Sehnsucht, mit Malerei über die Natur hinaus zu einer hyperartifiziellen Wahrnehmung zu gelangen. Durch den Einsatz von Spiegeln steigert der Künstler diesen für sein Werk grundlegenden Aspekt des Artifiziellen. Denn die hybriden Bildträger betonen den Gegensatz zwischen der Welt der Illusion und der Wirklichkeit, verweisen gleichzeitig aber auch auf den sich dazwischen öffnenden Raum. Es sind "Anti-Landschaften" im wahrsten Sinne des Wortes, nichts anderes als Negativ-Spiegelungen der Aussenwelt oder künstliche Gegenentwürfe zur Realität. Sie strahlen eine überwältigende Empfindung von Freiheit und Optimismus aus, gleichzeitig aber sind sie voller Melancholie - Zeugen des verlorenen Glücks, ungemein aktuell und urban.


Immer wieder brechen die leuchtenden Neonfarben aus dem Bildgeviert aus, besetzen die umliegende Wand oder verbreiten sich auf Spiegeln, die - teilweise zerbrochen - auf dem Boden liegen. Abstrakte Malerei wird mit banaler Alltäglichkeit konfrontiert, bildhafte Realität mit einer nur in der Reflexion gegebenen Wahrheit. Die Zerbrechlichkeit des Bildentwurfs wird bis an die Grenze des Möglichen gesteigert. Der Betrachter sieht sich zugleich vor und in einem fragmentarischen Raum, wird Teil desselben und bleibt doch aussen vor, so wie sich die Fragmente nicht zu einem geschlossenen Ganzen verdichten.


Weg zur Malerei:
Hersberger, der seit 1990 vorwiegend mit Video gearbeitet hatte, findet heute in der Malerei eine Möglichkeit zur direkten Intervention. Formalistische Experimente, die sich ausschliesslich auf den klassischen Bildraum beschränken, interessieren ihn nicht. Meist arbeitet er an mehreren Bildern gleichzeitig, pausiert, verwirft, beginnt neu. Nicht nur aufgrund dieses dynamischen Arbeitsprozesses erscheinen Hersbergers Werke auf den ersten Blick wie Ansammlungen eigenständiger Fragmente. Ihre Zerbrechlichkeit rührt auch vom Bewusstsein des Künstlers, dass sein dem Malen zugrunde liegender Wunsch nach völliger Befreiung eine Fiktion bleibt.


In Kooperation mit dem Kunstverein Karlsruhe erscheint im Juni eine 84-seitige, vierfarbige Monographie in Englisch und Deutsch mit Beiträgen von Mirjam Varadinis, Bice Curiger und Angelika Stepken.


Ein Kulturengagement von Julius Bär.


Ausstellungsdauer: 23.5. - 17.8.2003
Öffnungszeiten: Di-Do 10 - 21 Uhr, Fr-So 10 - 17 Uhr


Kunsthaus Zürich
Heimplatz 1
8001 Zürich
Telefon 01 253 84 84
Fax 01 253 84 33
E-Mail info@kunsthaus.ch

www.kunsthaus.ch