© Mathias Poledna


Mathias Poledna


In seiner ersten Einzelausstellung in der Galerie Meyer Kainer zeigt der in Los Angeles lebende Künstler Mathias Poledna eine neue filmische Installation sowie eine parallel dazu entstandenen filmische Szene, die im Rahmen einer Veranstaltung im Österreichischen Filmmuseum erstmal präsentiert wird.


Den Hintergrund von Polednas' Arbeit bilden vielfach historische Recherchen, in deren Rahmen er seinem Interesse für die Geschichte des Avantgarde- und Autorenfilms, des Modernismus in Architektur und Design, den Schnittstellen zwischen Populärkultur und Kunst und der post-konzeptuellen Institutionskritik nachgeht. In den vergangenen Jahren haben seine Projekte die Form äusserst verdichteter filmischer Rekonstruktionen und Inszenierungen angenommen, die auf ephemere, häufig populärkulturelle Momente aus der Geschichte des 20. Jahrhunderts Bezug nehmen.


Eine wesentliche Dimension Poledna's filmischer Arbeit besteht in der räumlichen Erfahrung Polednas' neueste in Form einer 16mm Loop-Installation präsentierte Arbeit "Version" (2004) knüpft an diese Beschäftigung an, ihr Interesse gilt jedoch weniger einer bestimmten Periode als der Evozierung einer Vielzahl, häufig widersprüchlicher historischer Momente und ästhetischer Praktiken. Sie erscheint solchermassen ähnlich einem Rorschach-Test, der unser Verhältnis zu historischer Erfahrung, zur Erfahrung von Bildern insgesamt auf die Probe stellt.


Im Zentrum von "Version" steht eine in schwarz-weiss gefilmte, etwa zehnminütige Sequenz, die eine Gruppe von Darstellern und Darstellerinnen in einer tanzartigen Performance-Situation zeigt. Die ohne Ton im abstrakten Settting einer Studio-Stage in Los Angeles aufgenommene Szene entfaltet sich in eng kadrierten Kameraeinstellungen, die zumeist lediglich Fragmente der Körper der Performer zeigen und diesen eine quasi-skulpturale Präsenz verleiht. Ihre Bewegungen changieren zwischen alltäglichen, improvisiert erscheinenden Tanzbewegungen und wenigen, äusserst reduzierten choreographischen Mustern, die den vermeintllich uninszenierten Charakter des Geschehens unterlaufen. Im Hintergrund dieser auf den ersten Blickeinfachen szenischen Folge entfaltet sich ein Reichtum an Bezügen, die von den Bewegungsstudien von Eadweard Muybridge und Étienne-Jules Marey aus dem späten 19. Jahrhundert, über experimentelle Filme von den zwanziger bis zu den sechziger Jahren, bis hin zur Entwicklung minimalistischer Ästhetiken im Grenzbereich von Bildhauerei und Tanz der sechziger Jahre reichen.


"Polednas methodische und form-ästhetische Recherchen zum Zusammenhang von Archiv und Subjektivität machen letztere zu Gegenständen einer hochgradig stilisierenden Kunst, ohne dass je die entstehende Spannung zwischen Zeitlosigkeit und Historizität unterschalgen würde. Durch eine extreme Reduzierung erzählerischer Momente auf die Struktur des Loops und die systematische Enttäuschung von Erwartungen an eine realistische Repräsentation von Geschichte setzt er sich dem Vorwurf aus, das Historische im Ästhetischen aufzulösen. Dabei verhält es sich viel eher so, dass Polednas Installationen auf eine Krise der Begriffe von Geschichte und des präkeren Status des historischen "Ereignisses" reagieren, von dieser Krise ausgehen" (Tom Holert).


Im Gegensatz zu der Installation "Version", die ausschliesslich im Rahmen von Ausstellungen gezeigt wird, ist der Kurzfilm "Sufferers' Version" (2004) speziell für die einmalige Präsentation in einem Kino oder sonstigen Filmvorführungsort konzipiert. Der Film basiert auf Material, das während der Dreharbeiten zu "Version" entstand und ist solchermassen selbst eine "Version". Sein Titel bezieht sich auf das Genre der Musik die der Szene unterlegt ist, einem jamaikanischen "Sufferers' Song" von Junior Delahaye, der gegen Ende der siebziger Jahre aufgenommen und Anfang der achziger Jahre erstmals veröffentlicht wurde. In einer einzigen, statischen Einstellung zeigt der Film ein minimalst choreographiertes Tanz-Fragment, dass gleichermassen als Probeszene, Testaufnahme, Versuchsanordnung oder auf seine elementarsten Bestandteile reduziertes Musical erscheint. "Sufferers' Version" wird am 11. November um 18 Uhr im Österreichischen Filmmuseum in einem speziellen Programm gemeinsam mit "Meditation on Violence", einem Film von Maya Deren aus dem Jahr 1948, gezeigt.


Im Eingangsraum der Galerie ist eine Arbeit zu sehen, die sich auf einzelne Aspekte der beiden Filme bezieht und gleichermassen Distanz dazu herstellt. Sie besteht aus einer in einer Vitrine präsentierten Kollektion von Vinyl-Schallplatten und Covers des US-amerikanischen Labels Folkways das in der Periode seines Bestehens, von 1948 bis 1986, über 2000 Tonträger produziert hat, die von traditioneller ethnischer Musik, Literatur, Folkmusik, bis hin zu wissenschaftlich-experimentellen Aufzeichnungen und dokumentarischen Field Recordings reichten. Intention des Labels, dessen Bestände nach seinem Ableben in die amerikanische Library of Congress eingingen, war es, nach seinem Gründer Moses Asch, eine Enzyklopädie der "gesamten Welt der Töne" zu erstellen.


Ausstellungsdauer: 10.11. - 23.12.2004
Oeffnungszeiten: Di-Fr 13 - 18 Uhr, Sa 11 - 15 Uhr


Galerie Meyer Kainer
Eschenbachgasse 9
A-1010 Wien
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Fax + 43 (1) 585 75 39
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