© Melanie Hofmann


Melanie Hofmann
"Strange Fruit"



Als zweite Ausstellung zeigen Les Complices* nach dem Zürcher Künstler Niklaus Rüegg nun die Arbeit der Fotografin Melanie Hofmann (*1974) die teilweise bereits in der diesjährigen Diplomausstellung der Studienganges für Fotografie der Hochschule für Gestaltung und Kunst (HGKZ) im Museum für Gestaltung und Kunst zu sehen war. Für die Ausstellung bei Les Complices* wird nun erstmals die gesamte Arbeit gezeigt, wie sie auch als Buch in der Edition Les Complices* begleitend zur Ausstellung erscheinen wird.

"Strange Fruit" ist Anfangs 2002 in Kapstadt entstanden. Sie zeigt ihre Familie mütterlicherseits und ihren Bekanntenkreis, die Melanie Hofmann seit vielen Jahren fotografiert. Sie zeigt ein Leben in Zwischenräumen, ein Leben zwischen schwarzer und weisser Kultur in Südafrika. Melanie Hofmanns Bilder beobachten und erzählen eine Geschichte, zeigen einen Ausschnitt aus einer verwirrend vielfältigen Realität, anstatt Südafrika auf griffige politische Formeln zu reduzieren.

Als Tochter eines Schweizers und einer Südafrikanerin in Zürich geboren und aufgewachsen, ist die Fotografie für Melanie Hofmann Mittel geworden, sich ihre eigene Stellung zwischen südafrikanischer und Schweizer Kultur auszuhandeln, denen sie sich verbunden fühlt. Sie ist zugleich Ausdruck von Nähe und Distanz, ein Versuch Zugehörigkeit und Nicht- Zugehörigkeit zu untersuchen.

Melanie Hofmanns Familie gehört zu einer in der westlichen Betrachtungsweise kaum wahrgenommenen Bevölkerungsgruppe, den so genannten "coloreds", den Mischlingen. So orientiert sie sich zwar an der Werte- und Bildwelt der weissen Mittelklasse, doch bleibt ihr die tatsächliche Zugehörigkeit zu dieser Klasse verweigert. In ihrer Alltagszeichenwelt, die Melanie Hofmann dokumentiert, wird diese Gespaltenheit augenscheinlich. Der afrikanische Erbteil wird verdrängt, ganz im Einklang mit der Rassenideologie der Apartheid, die auch nach der Abschaffung dieses politischen Systems die Vorstellungs- und Gefühlswelt der Generation ihrer Eltern entscheidend prägt.

Zu Zeiten der Apartheid war Melanie Hofmanns Familie nie weiss genug, zu Zeiten des ANC fehlt ihr der Bezug zu schwarzen Kultur, die dadurch ebenso bedrohlich wird.

Während die Fotografie früher eine Möglichkeit war, ihren Schweizer Freunden einen Eindruck südafrikanischer Wirklichkeit zu geben, und sich darüber hinaus ihren südafrikanischen Wurzeln zu versichern, so untersucht Melanie Hofmann heute aus einer nunmehr beobachtenden, disdanzierten Haltung, wie sich gesellschaftliche Verhältnisse in ihrem nächsten Umfeld, seinen unscheinbaren Einzelheiten spiegeln.

Es sind nicht länger bedeutende Augenblicke im Familienleben, die fotografiert und später ins Fotoalbum geklebt werden, sondern vielmehr unbedeutende Momente, Ritzen und Lücken im Alltag ihrer Verwandten und Freunde, seine Gefühlsintensitäten und Zeichenwelt die festgehalten werden.

Zur Ausstellung erscheint ein Buch in limitierter und signierter Auflage, herausgegeben von der Edition Les Complices*.


(Jean-Claude Freymond-Guth, Kuratorium)


Ausstellungsdauer: 4.12.2002 - 8.1.2003
Öffnungszeiten: jeweils Mittwoch ab 18 Uhr und nach Absprache


Les Complices*
Espace libre
Frankengasse 30
8001 Zürich
Telefon 043 268 04 24
E-Mail: complice@gmx.ch