© Michael Biberstein
"V-Attractor", 1991
Acryl auf Leinwand, 340 x 195 cm
Colecção Caixa Geral de Depósitos, Lisboa


Michael Biberstein
... towards silence



Das Helmhaus Zürich zeigt mit "... towards silence" die erste umfangreiche Museumsausstellung in der Schweiz mit Bildern von Michael Biberstein seit zehn Jahren. 1992 war Biberstein an der von Jan Hoet kuratierten documenta IX in Kassel beteiligt. Seine zum Teil sehr grossformatigen, atmosphärischen Bilder, die sich eher auf Empfindungen denn auf dargestellt Gegenständliches beziehen, sind für den Künstler wie für die Betrachtenden Instrumente, die zum Nachdenken über Metaphysisches, über Schönheit und Vergänglichkeit, Ruhe und Bedrohung anregen.

Man greift kaum zu hoch, wenn man sagt, dass in Bibersteins Bildern auf eine ebenso einzigartige wie präzise Weise amerikanische Pragmatik mit europäischer Philosophie und asiatischem Denken verbunden sind. Konsequent und ruhig verfolgt Michael Biberstein seinen Weg einer Exploration künstlerischer Möglichkeiten, die erkenntnis- und empfindungsstiftend wirken.

1948 in Solothurn geboren, lebte er während seiner formativen Jahre von 1964 bis 1978 in den USA. 1978 ist er nach Portugal gezogen, wo er seither lebt und arbeitet.

Wahrscheinlich hängt es mit der Art von Bibersteins Kunst zusammen, dass er in der Schweiz ein wenig in Vergessenheit geraten ist. In den immer euphorischeren 90er-Jahren hat es eine Malerei, die auf stille Kontemplation aus ist, in Zentraleuropa nicht einfach gehabt. Vielleicht bricht nun eine Zeit an, die unsere Aufmerksamkeit vermehrt wieder auf existenzielle Kunst lenkt - und vielleicht müsste man auch mal wieder darüber nachdenken, warum gerade diese Kunst in Zeiten einer verschwenderischen Hochkonjunktur jeweils so nachlässig aus dem Fokus der Aufmerksamkeit verschwindet.

Wer über Bibersteins Werk schreibt, merkt rasch, dass hier viele Fallen lauern: Die Fallen der Überinterpretation, des Pathos, der Vergeistigung im besonderen. Aber auch die Falle zu meinen, es handle sich hier um einen langweiligen, konservativen Traditionalisten. Schon nur die Frage, ob es sich bei seiner Malerei eigentlich um ungegenständliche Malerei handelt, erweist sich als kniffliger, als man angenommen hätte. Und dies nicht nur, weil da und dort Elemente von Landschaften auftauchen: Berge, Wolken, Nebel, die Ahnung eines Horizonts. Aber ist Licht ein Gegenstand? Sind Empfindungen Gegenstände? Die Bezeichnung "abstrakte Malerei" jedenfalls scheint Bibersteins Kunst näher zu kommen als der harsche Begriff der "ungegenständlichen Malerei".

Bibersteins Malerei knüpft an den amerikanischen "Abstract Expressionism" an. Mit der romantischen Landschaftsmalerei hat sie aber auch ureuropäische Wurzeln - und mit der asiatischen morgenländische. Biberstein vereint scheinbar Widersprüchliches: Pragmatik und Romantik, Materialismus und Mystik, Realismus und Utopie, Ratio und Transzendenz und schliesslich Tradition und Innovation. Auf dem Weg "... towards silence" muss es nicht immer still zu und her gehen. Im Gegenteil. Aber Bibersteins Bilder weisen den Weg in die Stille. Und sind somit gute Begleiter in einer unruhigen Zeit.


Im Helmhaus Zürich findet zeitgleich die Ausstellung "Point de Vue" von Arno Hassler statt, die von Andreas Fiedler kuratiert worden ist.

Ein Künstlergespräch mit Michael Biberstein und Arno Hassler findet am Samstag, 26. Oktober 2002, um 17 Uhr statt. Zur Ausstellung "... towards silence" von Michael Biberstein erscheinen zwei Kataloge. Das Katalogbuch, das zu den Ausstellungen in der Galerie Rudolfinum, Centre for Contemporary Art, in Prag (2001/2002), in der Tallinn Art Hall (2001) und im The Brno House of Arts in Brünn (2000) erschien, hat das Helmhaus Zürich ergänzt um ein Beiheft, das eine deutsche Übersetzung der Katalogtexte von Petr Nedoma und Otto Neumaier enthält. Die Ausstellung im Helmhaus Zürich wird in einem grossformatigen Katalog mit einem Text von Simon Maurer dokumentiert.


Ausstellungsdauer: 25.10 - 22.12.2002
Öffnungszeiten: Di-So 10-18 Uhr, Do 10-20 Uhr


Helmhaus Zürich
Limmatquai 31
8001 Zürich
Telefon 01 251 61 77
Fax 01 261 56 72

www.helmhaus.org


zum Seitenanfang