© Mickry3


Mickry3
Hot Spot



Wenn ein Chamäleon auf einem grünen Blatt sitzt und dadurch seine Farbe wechselt, spricht man von Mimikry. Wenn etwas zu klein geraten oder schwach ist, sagt man dem mickrig. Mickry3 wechselt zwar oft die Farbe, schwach sind die drei Frauen aber keineswegs. Im Gegenteil, was sie tun ist die explosive Mischung aus Power und Cleverness.


Mit ihrer neusten Ausstellung stellen sie einmal mehr das gängige Kunstsystem auf den Kopf. Diesmal ist es kein Supermarkt und kein Bestellkatalog für Kunst, vielleicht eine Mickrymorphose oder Wellness Oase. Ganz sicher ist es die Wüste, die sie sich vorgenommen haben. Und da wir spätestens seit Disneys Film "Die Wüste lebt" wissen, dass diese Einöde gar nicht so unschön ist, erwarten wir natürlich auch von der Groeflin Maag Galerie jenes unbestimmte Kribbeln in der Magengegend, dass uns beim Eintritt in ein Naturreservat befällt. Und wie dort, so hoffen wir auch hier Zeuge jener Situation zu werden, wo sich Wüstenfuchs und Wüstenhase gute Nacht sagen.


Die Erwartungen werden sogar übertroffen. Wir finden uns wieder in einer Situation zwischen Lounge, Zoo und Galerie und stehen überrascht vor den vielen Erdmännchen, Wüstenfüchsen und Wüstenspringmäusen, aber auch Erdhörnchen die an Wüstennüssen nagen. Und wir müssen nicht stehen bleiben, wir dürfen uns auf all die möbelahnlichen Wesen setzen. Das ist ungewohnt für eine Galerie und will genau dies thematisieren. Mag sein, dass der Beitrag von Mickry3 für das MAK (Museum für angewandte Kunst) in Wien seine Spuren hinterlassen hat. Dort haben sie das Barock-Rokoko-Zimmer mit eigenen Beiträgen ergänzt oder ein Teeservice, das Josef Hoffmann 1903 für die Wiener Werkstätte entworfen hat, aus mit Silberpapier appliziertem Karton nachgebaut und die Besitzerinitialen AB des Originals durch M3 vertauscht.


Und jetzt also die Wüstenmetapher. Man sitzt ganz bequem auf dem Wüstenfuchs-Stuhl, zieht ein Erdhörnchen hervor, um die Beine hochzulagern und entnimmt der Nische eines Erdmännchen-Rückens ein Glas, um gemütlich am unverwüstlichen Campari zu nuckeln. Doch dann wird der verträumte Blick auf einmal irritiert, man glaubt der Campari sei am Stuhlrand heruntergeflossen und hätte seine Spuren hinterlassen und weiss aber, dass dieser nicht diese Farbe hat. "Dripping" nennt sich diese Maltechnik, Jackson Pollock hat sie vor langem in einem tänzerischen Akt auf seine Bilder geschleudert und spätestens jetzt wird's komplex, weil am Horizont die gesamte Kunstgeschichte wie ein Morgenrot leuchtet.


Mickry3 wirbelt unsere Wahrnehmung ganz schön durcheinander. Und jedes Mal wenn wir glauben endlich auf dem richtigen Dampfer zu sein, ist dieser gerade vor fünf Minuten zur Jungfernfahrt in See gestochen. Mal ist es Traum, sprich Kunst, ein andermal Wirklichkeit, sprich Möbeldesign. Und oft ist es auch ein Rätsel, was es nun sein will und sein soll. Mickry3 präsentiert ein systemkritischer Diskurs über grundlegende Fragen der Kunstproduktion, die ein aktives Eingehen erfordern und weit mehr sind, als bequeme Kunst mit spannenden Oberflächen.


Simon Baur, Juni 2005


Ausstellungsdauer: 4.6. - 9.7.2005
Oeffnungszeiten: Di-Fr 14 - 18 Uhr, Sa 14 - 17 Uhr,
und nach Verabredung


Groeflin Maag Galerie
Oslo-Strasse 8
4023 Basel
Telefon +41 (0)61 331 66 44
Fax +41 (0)61 331 66 45
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