© Mitra Tabrizian

"Father with Clones"
aus der Serie "Beyond the limits", 2000


Mitra Tabrizian
Jenseits der Grenzen



"Jenseits der Grenzen", die erste Einzelausstellung der iranischen Künstlerin Mitra Tabrizian in Deutschland, wurde vom Museum Folkwang in Essen initiiert und dort vom 13. Dezember 2003 bis zum 7. März 2004 gezeigt. Wir freuen uns sehr, "Jenseits der Grenzen" nun auch in Berlin vorstellen zu können.


Mitra Tabrizian wurde 1956 in Teheran geboren. Sie lebt und arbeitet in London, wo sie an der Westminister University Film und Fotografie studierte, 1985 promovierte und seit 1990 auch lehrt. Ihre Arbeiten wurden bereits vielfach in Europa, Amerika, Kanada und Japan gezeigt.


Die Ausstellung "Jenseits der Grenzen" versammelt drei Fotoprojekte Mitra Tabrizians aus der Zeit zwischen 1998 und 2001: "Minimal Utopia" (1998/99), "Silent Majority" (2001) sowie die achtteilige Fotoserie "Beyond the Limits" (1999/2000).


Die grossformatigen Prints, die in der Komposition kühl und sachlich wirken, zeigen android anmutende Menschen in einer autistischen Welt, in der mit Hilfe skrupellos hochentwickelter Technologien alles käuflich und ersetzbar scheint, auch das menschliche Gewissen.


Die Arbeiten bauen narrative Sequenzen mit Elementen von Science Fiction auf. Der Betrachter indes bleibt emotionslos, selbst im Angesicht jener Fotos der Künstlerin, die ganz unverhüllt ein gerade sich abspielendes menschliches Drama zeigen - so aseptisch und "irgendwie unecht" wirkt die dargestellte Szenerie. Sogar wenn wie bei "Man with gun" ein Mann im Manageranzug sich gerade lächelnd erschiesst, die Hand mit der Pistole noch an der Schläfe, und bei "Father with clones" gar Blut fliesst, berührt uns dies ebenso wenig wie es bei den mit dem "Opfer" am Tisch platzierten Klon-identischen Kindern der Fall zu sein scheint.


Indifferenz ist allgegenwärtig, und menschliches Mitgefühl nicht mehr zeitgemäss - doch mag gerade diese Erkenntnis uns vor Tabrizians Fotos nachdenklich stimmen.


Mitra Tabrizians fotografische Welten sind visuelle Umsetzungen ihrer Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen und technologischen Tendenzen der Gegenwart und deren möglichen sozialen Auswirkungen in der Zukunft. So lässt sich ihr neueres fotografisches Werk durchaus als Kritik unserer postmodernen "corporate culture" lesen. Indem gegenwärtige Tendenzen in Tabrizians Bildern überzogen dargestellt werden, wird sichtbar, was passieren könnte, wenn sie sich völlig ungebremst weiter entwickeln - eine allegorische Referenz zur Theorie des französischen Soziologen und Philosophen Jean Baudrillard, unsere Gesellschaft bewege sich auf eine Welt zu, in der die grundlegenden Axiome eines jeden Systems bis zu einem Punkt getrieben werden, an dem sie sich gegen sich selbst wenden und dann den gegenteiligen Effekt des ursprünglich intendierten hervorrufen.


Tabrizians Arbeiten kreisen aber auch um den ebenfalls von Baudrillard geprägten, bis heute diskutierten Begriff der "Simulation": Ist das, was wir als Realität empfinden, vielleicht nicht mehr als ein Konstrukt, basierend auf unseren Idealvorstellungen, die permanent in unsere Wahrnehmung eingreifen? Ist ihre Abbildung in Tabrizians Werken nicht eine von vielen Möglichkeiten einer maximalen Simulation?


Begleitend zur Ausstellung im Folkwang Museum ist beim Steidl Verlag, Göttingen ein umfangreicher monografischer Katalog erschienen, der während der Dauer der Ausstellung im Künstlerhaus Bethanien erhältlich ist.


Ausstellungsdauer: 26.3. - 11.4.2004
Oeffnungszeiten: Mi-So 14 - 19 Uhr


Künstlerhaus Bethanien
ateliers und projektwerkstatt für künstlerische und kuratorische konzepte
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