© Monica Studer / Christoph van den Berg

Monica Studer / Christoph van den Berg: Screenshot
aus "TV Room"


nature revisited

Lukas Beyeler
, Marianne Engel, Jérémie Gindre, Raphael Hefti, huber.huber, Patrizia Karda, Markus Müller, Katharina Rippstein, Jules Spinatsch, Peter Stoffel, Monica Studer / Christoph van den Berg, Christian Vetter und einer Edition von Sonntagsfreuden


Am 21. September 2007 eröffnet das Substitut die Gruppenausstellung "nature revisited".


Ein Ausgangspunkt für die Ausstellung ist die Frage, welche Themen man als typisch schweizerisch verstehen würde. Die Schweiz wird - neben Schokolade, Uhren und Banken - immer mit Natur in Verbindung gebracht. Die Schönheit des Landes ist natürlich einerseits ein Klischee, andererseits aber auch Teil der nationalen Identität, wenn nicht gar des nationalen Stolzes. Vielleicht war für Künstler/innen gerade deshalb Natur als Thema jahrelang tabu. In letzter Zeit setzen sich Kunstschaffende wieder vermehrt mit Natur auseinander.


Die Ausstellung vereint kritische und humorvolle, magische, überwältigende und gefährlich wilde Arbeiten. So müssen die Ameisen in den terrarienartigen Objekten des Zwillingspaars huber.huber (Zürich) aufpassen, wohin sie krabbeln, sonst tappen sie Ameisenlöwen in die Falle. Auf Collagen in Sammelbuch-Ästhetik kämpfen derweil Menschen gegen riesige Schmetterlinge... Bereits tot ist die mumifizierte Katze, die Marianne Engel (Zürich) fotografiert hat. Kombiniert mit zwei Waldaufnahmen entfaltet sich ein morbider Charme. Marianne Engels Blick und Lichtführung unterstreichen die mystische Seite der Natur. So wird die Wildschweinkuhle auf einem Bild fast zu einer Kultstätte. In gewisser Weise verfährt Jules Spinatsch (Zürich) ähnlich. Die bei Nacht aufgenommenen, präparierten Skipisten könnten das surreale Setting eines Science-Fiction Films sein. Im Kontrast dazu steht seine Serie "Inventar". Hier rückt er die grosse Maschinerie, von welcher der Skisport und seine Events begleitet werden ins Zentrum. Ebenfalls bei Nacht fotografiert Raphael Hefti (Biel) Berge. Er beleuchtet diese mit Leuchtraketen und ermöglicht so einen ungewohnten Blick auf die Erhabenheit von Berglandschaften. Beim Künstlerpaar Monica Studer / Christoph van den Berg (Basel), sind die Alpen am Computer entworfen. Die beiden haben u.a. den Schweizer Pavillon für die Weltausstellung in Japan (2005) gestaltet. Bekannt ist auch ihr virtuelles Hotel "Vue des Alpes" (www.vuedesalpes.com), welches allerdings bis auf weiteres ausgebucht ist. Im Substitut haben die Besucher/innen aber Gelegenheit, zumindest ein Zimmer zu besuchen, den "TV Room" und sich interaktiv umzuschauen. Künstlich sind auch die Steinplastiken von Markus Müller (Basel), nämlich aus Spanplatten, Dachlatten oder Sperrholz. Der Künstler setzt quasi die Ästhetik der virtuellen Realität in reale Plastiken um. Müller verbindet Trompe-l'oeil-Strategien mit Möbeldesign und schafft damit teilweise absurde Objekte. Auch die Steine von Jérémie Gindre (Genf) sind nicht echt. Im Substitut kombiniert er diese mit Zeichnungen von geologischen Formationen und berankt den Ausstellungsraum mit Efeu. Seine installativen Arbeiten sind voller schrägem Humor und Ironie.


Das grösste Werk in der Ausstellung stammt von Peter Stoffel (Genf). Das riesige Gemälde lässt den Betrachter abheben und eine bunt zerwürfelte Landschaft wie im Flugzeug überfliegen. Durch die Stereoskope von Patricia Karda (Zürich) kann man hochalpine Berglandschaften in 3D betrachten. Die Künstlerin gibt dem Betrachter die Blickrichtung vor und reflektiert mittels Stereoskopie den Zusammenhang von künstlichem und natürlichem Sehen.


Aus der Ferne kommt das japanische Heidi, welches im Video von Lukas Beyeler (Lausanne, Zürich) durch die Schweiz führt. Der Künstler kritisiert damit auf spielerische Weise die Klischees der Schweiz. Auf eine andere Reise führt Katharina Rippstein (Zürich, Berlin). Sie filmte aus einem Auto eine Fahrt durch eine Nebellandschaft. Weisse Schleier verdecken die nur noch erahnbare Umgebung. Einerseits betört der Nebel die poetische Ader, andererseits weckt er auch den Wunsch, aus dem Nebel ins Sonnenlicht zu gelangen.


Zurück in den Wald führt Christian Vetter (Zürich). Seine neu entstandene Foto-Serie zeigt mit einem fast nüchtern-analytischen Blick Holzstapel und herumliegendes Gehölz im Wald und erforscht damit die Grenzen von Natur- und Kulturlandschaft.


Sonntagsfreuden (Zürich) schöpfen für die Ausstellung im wahrsten Sinne des Wortes eine Edition. Aus selbst gesammelten Alpenkräutern stellen sie ein Papier her, welches als Umschlag für einen exklusiven Druck dienen wird.


Natur ist natürlich ein unbegrenztes Thema. Die Ausstellung lädt zu einem Streifzug durch erhabene Berglandschaften und leicht beunruhigende Wälder ein. Sie setzt sich unter anderem mit der Natur als Setting, als Material und als touristische Attraktion auseinander. Befragt werden aber auch Strategien der Überwältigung und der Stellenwert der Schönheit in der aktuellen Kunst.


Ausstellungsdauer 21.9. - 13.10.2007

Oeffnungszeiten Mi/Do 16 - 19 Uhr, Fr 16 - 21 Uhr,
Sa 14 - 18 Uhr


Substitut - Raum für aktuelle Kunst aus der Schweiz
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www.substitut-berlin.ch

Links der Künstler/innen
Lukas Beyeler: www.lukasbeyeler.com
Marianne Engel: www.marengel.ch
Jérémie Gindre: www.evergreene.ch/gindre.htm
Raphael Hefti: www.raphaelhefti.ch
huber.huber: www.likeyou.com/huber.huber
Patrizia Karda: www.likeyou.com/patriziakarda
Markus Müller: www.likeyou.com/markusmueller
Jules Spinatsch: www.jules-spinatsch.ch
Peter Stoffel: www.ausstellungsraum25.ch/index.php?id=7
Studer / van den Berg: www.vuedesalpes.com
Christian Vetter: www.christianvetter.ch
Sonntagsfreuden: www.sonntagsfreuden.ch


Substitut - Raum für aktuelle Kunst aus der Schweiz
Auf der Basis eines nicht profitorientierten Ausstellungsraumes werden Künstler/innen aus der Schweiz in Berlin gezeigt und vernetzt. Längerfristig soll der gegenseitige Austausch Schweiz-Berlin und umgekehrt gefördert werden. Substitut spielt im Namen auf Institut sowie Subkultur oder gar Subversion an. Der Name drückt aus, dass es sich nicht um einen reinen Off-Space oder eine reine Institution handelt, sondern um eine Mischung. Substitut im Sinne von Ersatz kann zudem auch kritisch auf die Rolle der Kunst in der Gesellschaft bezogen werden und ist zugleich eine künstlerische Arbeitsweise. Substitut ist ein Projekt von Urs Küenzi (Kunsttheoretiker und freier Kurator, Zürich. Gründer des White Space in Zürich, www.whitespace.ch).