© Nele Stecher


Nele Stecher
Die Organisation der Liebe



"Es war ihr nicht entgangen, dass ihre Freunde ihn für den schöneren in der Beziehung hielten. Sie spürte, dass sie es ausgleichen konnte, wenn sie genügend Witze über sich selber riss."


Das Fotografieren innerhalb der Beziehung und der Familie dient meistens dazu perfekte Momente in perfekten Beziehungen zu zementieren. Auch entscheiden die Aufnahmen darüber, wie die gemeinsame Vergangenheit rückblickend erlebt wird. So will man die Dinge also nicht nur zeigen wie sie sind, sondern auch wie sie sein sollten. Um Harmonie zu schaffen und zu erhalten wird die Realität im Einvernehmen aller maskiert.


In den Werkgruppen "Family Portrait" und "Die Organisation der Liebe" wird die Beziehung als Ort der Sicherheit bezweifelt. Denn Beziehungen bieten oft nur Schutz, wenn Regeln eingehalten werden. In den Kombinationen aus Foto- und Textelementen werden diese Benimmregeln mit treffsicherem, manchmal auch bissigem Humor kommentiert und durch einen trockenen Erzählton, pointiert demaskiert.


In "Family Portrait" ist vorhandenes Bildmaterial aus dem Fotoalbum Ausgangspunkt der Arbeit. Schaut man diese Bilder an, hat man oft das Gefühl Leuten zu zusehen, die sich perfekter verhalten, als im wirklichen Leben. Insbesondere auf Ferienbilder werden Idealposen eingenommen, deren konstruierter Charakter mit einem zustimmenden Lachen in die Kamera verschleiert wird, um ein Höchstmass an unbeschwerter Lebenszeit zu garantieren und für immer festzuhalten. Diese Fotografien, die so beiläufig entstanden scheinen, werden in "Family Portrait" als inszenierte Arrangements entlarvt, deren Aufgabe es ist, einen unersetzlichen Beitrag zur Stabilisierung einer intakten Gemeinschaft zu leisten.


Durch die Methode der Re-Inszenierung dieser vertrauten und bekannten Bilder, werden die authentisch wirkenden Familienfotografien auf ihre Glaubwürdigkeit hin überprüft und das Fotoalbum als lückenhaftes Gedächtnis entlarvt.


In "Die Organisation der Liebe" wird der Frage nachgegangen, wie Bilder aussehen könnten, die nicht durch einen, die Alltagsrealität idealisierenden Blick, geformt sind. Diese Werkgruppe befasst sich mit Störungen im Alltag und dem Moment, in dem die normalerweise angestrebte Beschönigung der Dinge scheitert und den Blick frei gibt, auf das Leben hinter der Maskierung.


Die Fotos sind an die gängigen Motivbildungen der Alltagsfotografie angelehnt, zeigen jedoch mehr Fremdes als Vertrautes. In Texten, in denen vordergründig von alltäglichen Situationen berichtet wird, werden Abgründe spürbar, die sich hinter dem Banalen verbergen können. Und in den direkten Kombinationen aus Text und Bild, kommen gar eigenwillige Überlebensstrategien zum Vorschein. Meist wenig effiziente Methoden, wie zum Beispiel diese, wenn Paare versuchen allein durch die Kraft der Gedanken das Schicksal zum Guten zu wenden. Da der Charakter dieser Versuche in der Regel theoretischer Natur ist, scheinen all diese Strategien zum Scheitern verurteilt und die daraus resultierende Komik zeigt, wie schwer es ist, gängige Normen und gesellschaftliche Konventionen zu Gunsten einer persönlichen Glücksfindung ausser Kraft zu setzen.
 

Beide Serien bestehen aus einer Kombination von Bildern und Texten. In allen Episoden werden tragisch komische Momente erzählt, in denen sich absurde, paradoxe Überlebenstaktiken offenbaren, wenn mittels der Idealisierung, des Betruges oder auch Selbstbetruges, auf kuriose Weise, ehrlich und aufrichtig versucht wird, die Liebe optimal zu organisieren.


Ausstellungsdauer 2. - 19.5.2007

Öffnungszeiten Mi 18 - 22 Uhr (Bar), Do-Sa 14 - 18 Uhr
oder nach Vereinbarung


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