© Wojciech Prazmowski
Wojciech Prazmowski: "The Initianion", 1987
Photomontage, black and white photography


Person / Zeit / Raum
Fotografie aus Polen - kuratiert von Lech Lechowicz



Was ist "Polnische Fotografie" - oder besser: "Fotografie aus Polen"?

Polen hat in dem Bestreben, sich innerhalb und ausserhalb seiner Grenzen als wichtigster Partner für die Erweiterung der Europäischen Union zu zeigen, für 2002 ein "Polnisches Jahr" ausgerufen und die Kooperation mit europäischen Kulturinstitutionen angeboten. Das Rupertinum hat mit seiner bekannten Schwerpunktsetzung im Bereich der zeitgenössischen Fotografie (die sich im übrigen fast ausschließlich der österreichischen Fotokunst widmet) eine Ausstellung mit Fotografen aus Polen angeregt.

Es konnte der polnische Medientheoretiker und Filmschaffende Lech Lechowicz als Kurator gewonnen werden, der auch an der Kunstakademie in Lodz unterrichtet. Seine Sichtweise auf die fotografische Produktion seines Landes ist nicht aus dem unmittelbaren täglichen Umgang mit Fotoschaffenden und deren Produktion gegeben, sondern basiert auf einem reflexiven Diskurs und einer phänomenologischen Zusammenschau über einen größeren Zeitraum. Für ihn stellt die frühe, konzeptuelle Fotografie der 1960er Jahre den bedeutendsten Zeitpunkt in der neueren Fotogeschichte Polens dar. Sie bezeichnet die Emanzipation des Kunstwollens jener Künstlergeneration, die sich aus tradierten und von internationalen Vorbildern beeinflussten und importierten Mustern gelöst hat.

In den fotografischen Konzepten - etwa von Józef Robakowski oder Zygmunt Rytka - werden Fotografie, Video, Projektion, Film, Zeichnung, Objektkunst und Rauminstallation zu ganzen Ensembles kombiniert, die das Phänomen der Wahrnehmung thematisieren. Diese Positionen und Werke der inzwischen zu internationaler Reputation gelangten Künstlerin Natalia LL stehen am Beginn der Ausstellung mit 9 künstlerischen Statements aus den letzten dreißig Jahren. Die Schau ist nicht als eine chronologische Abfolge angelegt, sondern widmet sich dem Themenkomplex von "Person / Zeit / Raum", also einer inhaltlichen Dimension, die im Kunstschaffen des vergangenen Jahrhunderts wie auch in der unmittelbaren Gegenwart von virulenter Bedeutung ist: Fragen nach der persönlichen Identität, nach der Integrität der menschlichen Existenz und der Verortung des Lebens im jeweiligen Zeit-Raum-Kontinuum, ausgesetzt den neuen unendlich beschleunigten Rhythmen einer neuen Gesellschaft und gleichzeitig ausgeklinkt aus Leistungs- und Produktionswettbewerb – ein neues Innehalten, eine Nachschau bei sich selbst.

Lech Lechowicz möchte mit dieser Präsentation und mit der Auswahl von Werken der Künstler etwas anklingen lassen, was für die Kunstentwicklung seines Landes von großer Relevanz ist: "die Relation zwischen dem Individuum und der Außenwelt, die durch das Sein in Zeit und Raum gekennzeichnet ist. Weiters die Verwandlung des dreidimensionalen Raumes in ein flaches Bild und die Verzahnung des Menschen mit seiner Umwelt. Diese Umwelt kann eine rein physische, geistige oder kulturelle Dimension aufweisen."

Und er zeigt in dieser Ausstellung die Möglichkeiten und Potentiale einer fotografischen Ausdruckssprache, die – bisher in Mitteleuropa wenig wahrgenommen – dennoch von dem spricht, was ein zutiefst europäisches Charakteristikum ist: die Auseinandersetzung und Thematisierung von Geschichte und Geschichtlichkeit im ganz persönlichen Wirkungskreis, wie auch in einem größeren, kultursoziologischen Zusammenhang.


Ausstellungsdauer: 26.10. - 24.11.2002
Oeffnungszeiten: Täglich 10 - 18 Uhr, Mi 10 - 21 Uhr


RUPERTINUM
Museum moderner Kunst
Wiener-Philharmoniker-G. 9
A-5010 Salzburg
Telefon +43 662-8042/2541

www.rupertinum.at