Der Kunsthof Zuerich

Michael Pfrommer
Nandla Reuter
Alexander Wolf


Die Ausstellung von Michael Pfrommer (*1972), Mandla Reuter (*1976) und Alexander Wolff (*1976) stellt die Frage: Kann man Ausstellungen machen, die keine sind?

Die drei jungen Künstler schliessen diesen Sommer ihr Studium an der Städelschule in Frankfurt am Main ab. Alexander Wolff besucht gleichzeitig die Medienklasse an der Akademie der Bildenden Künste, Wien. Für den Kunsthof Zürich realisieren sie gemeinsam eine Ausstellung, bestehend aus drei verschiedenen, voneinander getrennten Arbeiten, welche ein gutes Zusammenspiel ergeben, ohne Anspruch auf kollektive Autorenschaft. Ihre Arbeiten entstehen oftmals in wechselnden Kooperationen mit Freunden und Freundinnen.

Alexander Wolff sammelte dieses Jahr zusammen mit Yves Mettler, einem Genfer Künstler, in verschiedenen Malereiklassen der Akademie misslungene Bilder. Sie fragten die Studentinnen und Studenten, welches ihrer Bilder sie niemals ausstellen wollen. Die erhaltenen Leinwände nähten sie als Überzug von Schaumstoffkuben zusammen. Nun steht in den Arbeitsräumen ihrer Klasse eine Polstersitzgruppe mit dem Titel "Schlechte Malerei".

Michael Pfrommer und Mandla Reuter haben letzten Sommer gemeinsam die Ausstellung "Warteraum" im Kulturbahnhof Kassel realisiert. Während der Dauer der Ausstellung entfernten sie den Galerieraum, welcher der Kasseler Kunstakademie angehört. Mit der entsprechenden Möblierung und ihren persönlichen Gepäckstücken reinstallierten sie den an dieser Stelle vorher angesiedelten Warteraum der Deutschen Bundesbahnen und gaben den Schlüssel zum Galerieraum an das Bahnpersonal zurück. Einziges Indiz für die Künstlichkeit der Atmosphäre war ein mit den Initialen der Künstler typographisch gestaltetes Plakat, welches gegenüber einer Fahrplantafel an der Wand hing.

Im Kunsthof Zürich wird Alexander Wolff die Aussenmauer des Hofes von der Strassenseite her mit weisser Farbe bespritzen. Der Sprühnebel der Farbe wird über die Mauer im Hof und auf dem Gehsteig landen. Mandla Reuter stellt in die Einfahrt eine Fertigdoppelgarage. Das Eingangstor wird durch das Schwenktor der Garage ersetzt, so dass der Hauswart der Hochschule für Gestaltung und Kunst diesen Sommer den Kunsthof mit einem Autogaragenschlüssel auf- und zusperren wird. Der Hof selbst scheint unbenutzbar. Nur durch die Hintertüre der Garage gelangen die Besucher hinein und finden dort die Arbeit von Michael Pfrommer. Er wird den Hof teilweise mit Brennesseln verstellen.

Alle drei Arbeiten betonen das Zusammentreffen von Natur und Kultur im urbanen Raum. Die weisse Wand, quasi Referenz auf den institutionalisierten Kunstraum, wird nach aussen gestülpt. Während der Eingang zum Hof verstellt und die Baulücke überwuchert wird.

Diese Umkehrung von Innen und Aussen - Natur und Kultur – versucht die Grenze zwischen Kunstraum und Wirklichkeit zu verwischen. Einem Denkmodell des Mathematikers G. Spencer Brown folgend ("call the form of distinction the form") wird der Kunstraum paradoxerweise durch seine Negation selbst wieder hergestellt. D.h. die weisse Wand, kehrt den "unmarked" in einen "marked state" um. Dadurch wird den Besuchern beim Eintritt in den Hof das "crossing" - ihre Entscheidung von der Aussen- auf die Innenseite der Unterscheidung einer Form zu gelangen - bewusst gemacht. Dies geschieht anhand einer Fertiggarage, die den nach oben offenen Hof als Innenraum verdoppelt; ein exemplarisches "re-entry", die Wiederkehr der Form in der Form. Hinter dieser begehbaren Skulptur wuchern Brennesseln. Sie gelten als Unkraut und gehören zur Un-Kultur. Aber gerade durch den Akt ihrer Plazierung im Hof werden sie gleichsam natürlicherweise zum Kunstwerk. Dank der hervorgehobenen Form der Unterscheidung wird der Raum, der durch die Unterscheidung eingefasst wird, zusammen mit seinem ganzen Inhalt bewusster wahrgenommen.


Kuratorin der Ausstellung ist Regula Stücheli.

Für die Unterstützung danken wir Pfaff-Fertiggaragen, Wil SG und der Hulda und Gustav Zumsteg-Stiftung.


Der Kunsthof Zürich ist ein Institut des Studiengangs Bildende Kunst der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich.

Ausstellungsdauer: 29.6. - 15.9.2002
Oeffnungszeiten: Mo-Fr 8 - 17 Uhr, Sa 8 - 13 Uhr

KUNSTHOF ZÜRICH
Christoph Schenker
Leiter Studiengang Bildende Kunst
Limmatstrasse 44
8005 Zürich

Telefon/Fax: 01 446 23 12
E-Mail: kunsthof.zuerich@hgkz.ch