![]() Irène Hug: Calypso, 2007 Presently Absent Asi Föcker, Mariano Gaich, Clare Goodwin, Irène Hug, Simone Schardt, Wolf Schmelter Bereits der Titel der Ausstellung birgt einige Ungewissheiten in sich - Soll das nur heissen "zur Zeit verreist", oder schwingt da auch ein "vor Ort, doch in Gedanken ganz woanders" mit? Anwesend sind jedenfalls Arbeiten von Asi Föcker (Berlin/Luzern), Mariano Gaich (Zürich/Buenos Aires), Clare Goodwin (Zürich/London), Irène Hug (Berlin/Zürich), Simone Schardt (Zürich/Berlin) und Wolf Schmelter (Zürich/Berlin), abwesend ist ein gruppenbildendes Thema. Anwesend sind künstlerische Statements, die - aus der Sicht der Kuratorin - gerade genug miteinander verbindet, um einen vielversprechenden Dialog zu beginnen. "Presently Absent" zeigt Fotodrucke, Malerei auf Leinwand und MDF, Objekte, Schreibmaschinenzeichnungen und Video. Die sechs Beteiligten arbeiten also in sehr unterschiedlichen Medien, sie bewegen sich jedoch alle an Grenzen und auf Übergängen: Das Profane verrätselt sich und wird aufgeladen, und umgekehrt wird Verklärtes und Mystisches ironisch zur Ernüchterung gebracht. Manchmal passiert auch beides, z.B. beim Betrachten der zunächst eher plakativ wirkenden Textobjekte Irène Hugs: Durch das Gelesen- und Erkanntwerden schiesst der vermeintliche Sinn mit der Sprache über das Eindeutige hinaus und verliert sich in der Sphäre des Unbenennbaren und Unheimlichen: Das hebräische "emet" ist die Seele, die den Golem zum Leben erweckt - ohne "e", als "met", ist es sein Tod. Schriftzeichen bilden auch das Material für die Serie von A4-Zeichnungen, die Simone Schardt in "Presently Absent" zeigt: Es geht, ambivalent, um Repräsentation. Schardt lässt Hochhäuser und ein rotbäckiges Männchen auftreten, das Thema erinnert an "Herr Rossi sucht das Glück" oder auch an Fotostrecken über Models beim Gassigehen; für Kenner der Szene ist der Gegenstand geheimnislos, für die Nicht-Eingeweihten belanglos. Letztlich spielt die Form hier die Hauptrolle: Der beiläufig notierte Kunstbetriebsklatsch löst sich in der Wiedergabe auf, er verschwindet in feinen, fast abstrakten Kompositionen aus getippten Pixeln. Mariano Gaich dagegen reiht sich in die abendländische Tradition der Heiligenporträts ein, wenn er Fotos von Geistesgrössen in sorgfältiger Grisaille-Technink auf Nessel überträgt. Mit seiner Projektion ist die Übertragung allerdings schon zu Ende; denn die Gesichter der Veehrten bleiben ungerührt von der Anrufung des Künstlers, sie spenden weder Trost noch Erleuchtung. Dafür wallen und wuchern die Bärte, es wird psychedelisch, die Malerei schweift ab, über das Verzierte in das Verzerrte, ins Komische. ![]() Clare Goodwin: Grace and John, 2007 Clare Goodwins Arbeiten wirken seltsam fremd und vetraut. Ihre historische Referenz scheint beim ersten Hingucken die klassische, moderne Abstraktion zu sein: Man steht strengen Kompositionen aus dunklen und pastelligen Flächen und Linien gegenüber. Aber Goodwins Quelle ist die Brocki, sind die Oberflächen von Gebrauchsgütern der angewandten und mittlerweile recht abgegriffenen Moderne. Mondrian goes Küchenzeile and returns als "Grace and John" - auf Leinwand: Der Alltag und das Altern des Neuen haben die kühne Formensprache der Avantgarde domestiziert und so vermenschlicht, dass Clare Goodwins Kompositionen jeweils Vornamen tragen. Die Abstraktion als falsche Fährte, oder besser: als Fährte des Falschen ist auch ein Motiv in Wolf Schmelters Arbeit. Er zeigt eine Landschaftsstudie in Videoform, die er mit wissenschaftlich anmutenden, dabei höchst vieldeutig schillernden Computerzeichnungen ergänzt. Schmelters Film scheint einfach, aber es dauert nur wenige Sekunden, bis der Betrachter der Suggestion seines unwirklichen Kreisens verfällt. Dann eröffnet sich eine ganze Geschichte des Sehens. Auf ihre Art und Weise erforscht auch Asi Föcker die Möglichkeiten der Manipulation mit offenen Karten: Ihre Beiträge für "Presently Absent" gehören zu der Werkgruppe "Tests im Versuch", die verschiedene Aktionen und Bildserien einschliesst. Viele der Tricks, die sie anwendet, haben etwas lächerlich Einfaches an sich. Aber es gibt ordentliche Fotobeweise für die Experimente, und ist es nicht schön, wenn man glaubt, was man sieht? Wie im Traum. Kuratiert von Bettina Carl Mit freundlicher Unterstützung des BAK, der Fachstelle Kultur, Kanton Zürich, der Stadt Zürich, dem Migros Kulturprozent und der Fondation Nestlé Pour L'Art. Ausstellungsdauer 9. - 28.11.2007 Öffnungszeiten Mi-Fr 17 - 19 Uhr, Sa 15 17 Uhr und nach Vereinbarung White Space Raum für Kunst und Untersuchungen Militärstrasse 76 8004 Zürich Telefon +41 (0)44 273 13 31 Email info@whitespace.ch www.whitespace.ch www.likeyou.com/simoneschardt Simone Schardt www.likeyou.com/wolfschmelter Wolf Schmelter |