© Raoul Müller

PET-Flasche, 2005
Acryl auf Papier, 32 x 24 cm


Raoul Müller
vom Fussballer bis zur PET-Flasche



"Zuckerschaum, umhüllt von Schokoladenüberzugsmasse mit Biscuit" dies der politisch korrekte und daher langatmige Titel eines lakonischen Aquarells von Raoul Müller, das einen braunen Farbberg zeigt - es handelt sich um die Zurschaustellung des politisch unkorrekten Mohrenkopfes. Die in Öl und Tempera gemalten Fussballer erfreuen sich da eines politisch einfacheren Umfeldes.


Der Eine von Spartak Moscow schaut frontal in seinem rotweissen Dress emotionslos in den Ausstellungsraum und prüft in asiatischer Gelassenheit westliche Sozietät. Der Andere steht als Junge zwar gesichtslos aber autobiographisch verbindlich auf grünem Feld abwartend angesichts seiner und unserer weiteren Entwicklung; kein Ball keine Nummer oder Vereinszugehörigkeit sind markiert - eine schwebende Erwartung seitens des Jungen sowie der Betrachtenden und Betrachteten wird evoziert; die Frage ist nicht neu "wer betrachtet wen?"


In der Ausstellung ist Malerei zu sehen: Bilder mittlerer Formate in Oel/Tempera und Aquarelle in kleineren Formaten, wobei die Ölbilder den Hintergrund miteinbeziehen, in den Aquarellen die Dinge auf das freie Papier gesetzt also graphischer als die tonalen Bilder wirken. Bei diesen kämpfen Fäuste horizontal symmetrisch verklumpt sowohl gegeneinander als auch den Boden wie den Himmel horizontal trennend - alles in einer weissgelbroten Palette gemalt, kontrastarm, denn wo Gott und Teufel hocken, ist durchaus nicht klar. Der Flachpinsel ist flachgelegt in einem weissgrünlichen allover, wirft Schlagschatten nach unten und ist erschöpft von seiner Arbeit, der Pinsel hat sich portraitiert - Selbstreferenz pur. Der Döner wartet auf weiter Ebene auf keinen Konsumenten, denn er ist sich selbst genug und muss nicht verzehrt werden, um sich seiner Existenz gewiss zu sein, rosa ocker gelb und langt das nicht, um gemalt zu werden?


Zurück oder hin zu den Aquarellen, der minimalen Technik, in der nichts übermalt und verschwiegen werden kann, in der jeder Fehlgriff ein Schritt sowohl ins Gelingen wie Scheitern bedeuten kann. Alle diese Papierarbeiten handeln letztlich vom Reisen. Strohhut, Flipflops, Badehosen usw. machen dies deutlich. Aber auch der "Judenhut" wird in diese Sicht einbezogen - ein Reisen in Zürich, in bekannte Stadtkreise, die unvermittelt Exotik atmen, jüdische Tradition wird in Farbfeldmalerei überführt, unvermittelt quert die steife Krempe des Hutes das Blattformat durchaus politisch nicht unkorrekt weil völlig apolitisch. Nicht Politik, Kunst ist das Thema. Der rote Rollkragenpulli erscheint als geologischer Vulkankegel, der den Hals des Trägers empordrückt; diese Eruption verträgt sich gut mit dem "Arschloch", einem keineswegs despektierlichen Ort sondern einem Ort der Vertiefung von Farbe, denn die gemalte Pfeife ist keine Pfeife. Und so sind die gemalten Fettstücke der Mortadella nicht gemalt sondern korrekt ausgelassene Weissstellen im Aquarell, während die "PET-Flasche" blaugrün und transparent das Blattgeviert nach oben durchstösst, um ans Mundstück und damit an seine Bestimmung zu gelangen: der Verinnerlichung von Malerei.


Thomas Müllenbach


Raoul Mülller, 1975 geboren und in Wiezikon/TG aufgewachsen, hat nach dem Besuch des Lehrerseminars St. Michael in Zug, das Studium der bildenden Kunst an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich 2004 mit dem Diplom abgeschlossen.


Ausstellungsdauer 20.11. - 11.12.2005

Oeffnungszeiten Sa/So 14 - 18 Uhr
oder nach Vereinbarung


Galerie Schönenberger
Florastrasse 7
9533 Kirchberg
Telefon/Fax +41 (0)71 931 91 66
Email info@galerie-schoenenberger.ch

www.galerie-schoenenberger.ch


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