© Regula Amacher

Ritual (Detail), 2004
Bellevue Zürich, Pigmentdruck auf Büttenpapier, handkoloriert, 133 x 101 cm


Regula Amacher
Wasser hell/dunkel



Die Welt, wie sie Regula Amacher durch ihre Fotografien sieht, ist vorerst elementar und stofflich. Erde - Stern, Wasser - Salz, Feuer. Gewebe und Gebinde. Aber nie im strengen Sinn materiell. Vielmehr wird das Sichtbare unter ihrem Blick und in der Dunkelkammer zur Membran. Materie wird durchlässig, wird transparent. Als geistige und seelische Erscheinung öffnet sie sich der Autorin, die sie wiederum zu durchdringen und auf eine geheimnisvolle Art zu beleben vermag. Man traut diesem Medium, das sosehr dem dokumentarischen Positivismus verpflichtet war, eine solche Feinfühligkeit kaum zu. Das aber scheint mir der tiefere Sinn dieser Blätter, die so wenig nach Labor riechen, zu sein: das Lichtbild mit der Dimension des "Feinstofflichen", des Spirituellen auszustatten. Die ihm oft attestierte Kälte und Glätte zu verwandeln in einen Bezirk, wo Innerlichkeit möglich wird. So ähneln ihre "Spitzenmuster", "Schaumpaare", Wasserstürze", ja auch die älteren "Mandorlen" oder "Gluten" eigentlichen Psychogrammen, wie wir sie höchstens von den Experimenten der versuchten Aufzeichnung übersinnlicher Phänomene (Schrenck-Notzing) oder in einem entfernteren Sinn von den Pendelzeichnungen der Emma Kunz kennen.


Regula Amacher, glaube ich, ist eine Fotografin der auratischen Strahlungen und unsichtbaren Energieströme, ist eine fotografische Expertin der Zwischenreiche. Der Schaum-Gespinste. Hat die Gabe, den Dingen (und den Menschen) auf die innere Spur zu kommen. Den Reichtum der Wahrnehmungen und Empfindungen sichtbar zu machen. Uns die Tore zu öffnen auf das scheinbar Verborgene, das uns aber nicht nur immer umgibt, sondern im Innersten bestimmt und prägt. Sie hat das untrügliche Gespür für Anziehungskräfte und mit der Fotografie das wundersame Mittel ihrer Mitteilung gefunden.


Sie kann damit auch Vergangenheit evozieren wie Bilder und Zustände ihrer Kindheit, und sie kann (sogar) vom Tod berichten, wie mit den zauberhaften "letzten Wörtern" ihres Vaters. Aufzeichnungen aus dem "letzten Zwischenreich" - oder ihren Rosenteppichen. Mit der ausserordentlichen Zartheit und Empfänglichkeit ihrer Wahrnehmung und Empfindung geht ein adäquater Sinn für Komposition und Rhythmisierung einher, der die Zeit in die Muster der Formate und Bildsequenzen einwebt. Was vorerst wie als Tapete erscheint, ist eben gestaltete, dem Schicksal abgewonnene Membran der lebendigen Erinnerung oder durchwirkten Anschauung.


Sollte man etwas Seele fotografieren können, zeigt uns diese Künstlerin, wie sie ungefähr aussieht.


Text: Guido Magnaguagno, Degen im Lugnez, August 2004


Ausstellungsdauer: 27.8. - 9.10.2004
Oeffnungszeiten: Di-Fr 14 - 18 Uhr, Sa 13 - 17 Uhr
und nach Vereinbarung


semina rerum
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