The John Institute zeigt seine Gründungs-Ausstellung

Role Model

David Blandy
, Dani Gal, Simone Gilges, Nicolas Guagnini & Jeff Preiss, Pascal Häusermann, Walter Pfeiffer, Julika Rudelius, Ed YoungSilvie Zürcher


Die Gründung des John Institutes

In der zeitgenössischen Kunst ist die Auseinandersetzung mit männlichen Rollenmodellen bis auf wenige Ausnahmen kaum in thematischen Gruppenausstellungen zu finden, obwohl männliche Positionen und die Darstellung von Männlichkeiten dominant vertreten sind. Grundsätzlich fehlt eine breite Diskussion darüber, welche Möglichkeiten sich für männliche Rollenbilder heute überhaupt eröffnen. Anders verhält es sich bei weiblichen Rollenmodellen, die etwa unter dem Aspekt des Feminismus auch in jüngster Zeit in der zeitgenössischen Kunst mit zahlreichen Ausstellungen thematisiert wurden. In Ausstellungen und Veranstaltungen möchte das Institut die Auseinandersetzung mit männlichen Rollenbildern fördern.


Die Arbeit des John Institute
Das Institut setzt sich in drei Arbeitsschwerpunkten mit dem Thema Männlichkeiten auseinander, für die jeweils eine Ausstellung den Rahmen bildet: In der Gründungssaustellung "Role Model" sind dies Lebensentwürfe durch gesellschaftlich fixierte Rollenmodelle oder Vorbildcharaktere. Die zweite Ausstellung thematisiert die theatrale Vorführung und Performance einzelner männlicher Akteure. Sie findet im Herbst 2007 statt. In der dritten Ausstellung sind der Umgang mit Männlichkeit im alltäglichen Leben und deren dokumentarische Aufzeichnungen das zentrale Anliegen. Sie ist auf 2008 geplant.


Zu den Ausstellungen organisiert das John Institute die Veranstaltungsreihe "One Night Stand". In dieser Veranstaltungsreihe können Künstlerinnen und Künstler ihre Arbeit im Bezug zum Themenschwerpunkt vorstellen oder Videos und Performances gezeigt und diskutiert werden. Ausserdem werden in einer Materialsammlung weitere Informationen zusammen getragen und dem Publikum zugänglich gemacht. Das Institut hat seine Adresse im Kunsthaus Perla Mode, das kuratorische Team setzt sich aus Jean-Claude Freymond-Guth, Michael Hiltbrunner und Burkhard Meltzer zusammen.


Die Ausstellung "Role Model"
Die Gründungausstellung  zeigt die Auseinandersetzung mit verschiedenen künstlerischen Positionen, die sich mit männlichen Rollenmodellen und männlichen Vorbildern auseinandersetzen. Diese werden zum einen vorgeführt, teilweise gefestigt, teilweise in Frage gestellt, demontiert oder verändert. Das können "machoide" Stereotypen wie der "Rapper" sein, der "Superheld", der "Erfolgstyp", der "männliche Mann" oder der "Nerd", der eher neutral konnotierte "sanfte Mann", der "weibliche Mann" oder die Idee des "gebärenden Mannes" und der damit verbundenen Postulierung der Auflösung natürlicher Überlegenheit des Mannes über die Frau.


Beteiligte Künstler-/innen
David Blandy
(* 1976, lebt in London) problematisiert in seinen Videos seine Beziehung zur populären Kultur und seine eigene Position darin. Humorvoll fragt er danach, wie sehr das Selbst durch die Massenmedien von Filmen, Musik und Fernsehen geformt wird. Blandy spielt dabei Rollen nach, agiert zusammen mit Filmfiguren oder legt sich deren Worte in den Mund. Sich selber und die Welt durch kulturelle Artefakte zu verstehen und diesen einen entsprechend hohen Stellenwert einzuräumen, macht ihn zu einem Pilger, als der er in seiner unabgeschlossenen Reihe "The Barefoot Lone Pilgrim" immer neue Orte der Identifikation aufsucht.


Die Video Arbeiten von Dani Gal (*1975, in Jerusalem, lebt in Berlin) gehen dem Einsatz von Sprache und Bild und deren politischen, sozio-kulturellen und historischen Prägung nach. Zentrale Themen sind dabei politischer Protest, Rapkultur oder Feminismus. Gals Werke zeigen durch ihre präzise Inszenierung wie Inhalte, Zugehörigkeiten und Wahrheit kodiert, relativ und manipulierbar sind. Durch visuelle Gegenüberstellungen und Arrangements von unterschiedlichen historischen Ton- und Filmelementen mit eigenem Material werden neue und erweiterte Bedeutungen deren ersichtlich und mitunter auch auf ihre Subjektivität untersucht.


Simone Gilges (*1973, lebt in Berlin) inszeniert in ihren Fotografien bekannte, symbolisch belegte Figuren neu. In den Arbeiten der Künstlergruppe "Honey-Suckle Company", von der sie ein Teil ist, werden die Symbole in teilweise raumgreifenden Installationen zu einer Auseinandersetzung mit Empfindsamkeit eingesetzt. Simone Gilges engagiert sich auch als Herausgeberin des Magazins "freier", ein vierteiliges "Magazin für Befindlichkeit".


Nicolàs Guagnini (*1966 in Buenos Aires, lebt in New York) & Jeff Preiss (*1956, lebt in New York) sind Teil eines internationalen Künstler-/Kunsttheoretiker und Filmerkollektivs, welches in der New Yorker Lower East Side die Galerie Orchard betreibt. Der Schwerpunkt ihrer Aktivitäten bildet die Produktion von Werken, die sich mit klar definierten Positionen der Kunsttheorie unter Einflüssen von politischer Philosophie und den Cultural Studies auseinandersetzen. Dabei werden unvollständige Werke der späten 60er und 70er Jahre zu Ende geführt, als zeitgenössische Reaktion darauf erweitert oder re-inszeniert. Der 16mm Film "Discharge" von Guagnini und Preiss dokumentiert eine Therapie des Psychoanalytikers und Sexualwissenschaftlers Wilhelm Reich, der mit seinen körperpsychotherapeutischen Methoden versuchte, das männliche Trauma des "nicht-Gebären-Könnens" zu überwinden.


Pascal Häusermann (*1973, lebt in Zürich) arbeitet mit Materialien und Techniken, die gemeinhin mit einem männlichen Künstlerbild in Verbindung gebracht werden: Stein, Schrift, Gravur, Skulptur. Dabei unterläuft er die martialischen Klischees männlich konnotierter Materialien und Statements mit der ironischen Aneignung von Werbemantras ("We are designed to be different") oder bekannter Marketing-Motive. In Collagen und skulpturalen Arbeiten setzt er sich mit Ikonen männlichen Selbstbewusstseins auseinander: vom Geschäftsmann bis zum Sciencefiction-Helden.


Walter Pfeiffer (*1946, lebt in Zürich) fotografiert Menschen und Stillleben und inszeniert sie zwischen trivialem Alltag und Glamour. Charakteristisch sind dabei Fotografien mehrerer Generationen junger Männer, von denen eine melancholisch-verführerische Atmosphäre ausgeht. Walter Pfeiffers Werk ist somit auch als Beobachtung der männlichen Adoleszenz über die Jahrzehnte zu lesen, deren jugendliche Protagonisten, meist Amateur Modelle, mit ihrer Wirkung auf den Beobachter kokettieren. Sie inszenieren sich vor seinem Auge und werden gleichzeitig zu seinem Objekt. Pfeiffer dokumentiert diesen kostbaren, kurzen Lebensabschnitt eines Mannes und ist dabei zu dessen Chronisten geworden.


Julika Rudelius (*1968, lebt in New York und Amsterdam) legt in ihrer mehrkanaligen Videoinstallation die Funktionsweise gesellschaftlicher Strukturen von Status, Selbstdefinition und materiellen Werten offen und erzählt über deren Stellenwert für das persönliche Gefühl von Erfolg und Glück. Die kulissenhafte Darstellung durch Sprache, Kleidung und Ort wird zur Projektionsfläche für die gesellschaftlichen Wünsche und Pläne der Protagonisten. Die Frage, was hier tatsächlich stattfindet und was als szenische Handlung zu betrachten ist, lässt Rudelius mit Ihrer Gratwanderung zwischen Dokument und Inszenierung bewusst offen.


Ed Young (*1978 in Welkom, Süd Afrika, lebt in Kapstadt) arbeitet medial vielseitig und kontextbezogen, wobei sein Interesse dem spielerischen Umgang mit gesellschaftlichen Konventionen und deren medialen Repräsentation gilt. Ed Young benutzt und manipuliert dazu Footage Material aus Film und Musik, aber auch Printmedien oder die direkte Konfrontation mit dem Publikum. Seine Video- und Textarbeiten, Installationen und Performances gehen Fragen der Rollen- und Werteverteilung innerhalb der Kunstwelt aus der Sicht des jungen, aufstrebenden Künstlers nach, darüber hinaus aber vor allem der konfliktreichen Identität des weissen, heterosexuellen Mannes zwischen rebellischer Jungenhaftigkeit und traditionellem Männerbild im Post- Apartheid Süd Afrika.


In unterschiedlichen Rollen spielt Silvie Zürcher (*1977, lebt in Zürich) männliche Charaktere. Mal mimt sie auf collagierten, überlebensgrossen Plakaten einen Cowboy oder mischt sich als "Skater-Boy" in einer scheinbar dokumentarischen Foto-Story unter ihre coolen Skater-Freunde. An manchen Stellen ist man versucht, an das Portfolio eines besonders wandlungsfähigen Schauspielers zu denken. Einer, der sich für alle möglichen Rollen bewirbt und doch immer schon ein Scheitern voraussieht. Die Künstlerin versucht, meist nur durch Posen und Gesten sich eine imaginäre männliche Identität zuzulegen - und knüpft dabei an popokulturelle "Männlichkeitsmaschinen" wie Musikvideos, Western oder pornographische Darstellungen an.


Ausstellungsdauer 3. - 23.3.2007

Öffnungszeiten Mi-Sa 14 - 18 Uhr


The John Institute
PERLA MODE
Langstrasse 84
8004 Zürich
Telefon +41 76 320 92 89 Jean-Claude Freymond-Guth
Email johninstitute@gmail.com

www.likeyou.com/ph73 Pascal Häusermann


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